Stipendienverordnung
für die Berufsbildung
(vom 10.Mai 1989) FN1

Der Regierungsrat,

gestützt auf § 33 des EG zum Berufsbildungsgesetz vom 21. Juni 1987 FN3,

beschliesst:

I. Beitragsvoraussetzungen

Zu Beiträgen berechtigende Bildungsgänge
§ 1. Ausbildungsbeiträge werden ausgerichtet

a) in Berufen, die dem Berufsbildungsgesetz FN5 unterstehen;

b) in Berufen, die dem Berufsbildungsgesetz FN5 nicht unterstehen, sofern sie einen systematischen Bildungsgang voraussetzen;

c) für Berufsschullehrer in Ergänzung zu den Leistungen gemäss Berufsschullehrerverordnung FN2.

Private Ausbildungsstätten
§ 2. Beiträge für die Berufsbildung an einer privaten Ausbildungsstätte werden in der Regel nur ausgerichtet, wenn weder eine öffentliche Ausbildungsstätte noch eine entsprechende Lehre besteht.

Ausser-
kantonale und ausländische Ausbildungs-
stätten
§ 3. Beiträge für die Berufsbildung an ausserkantonalen und ausländischen Ausbildungsstätten werden nur bei Vorliegen besonderer Umstände ausgerichtet.

Für Ausbildungen im Ausland hat der Bewerber in der Regel zudem den Nachweis einer entsprechenden, in der Schweiz abgeschlossenen Grundausbildung zu erbringen.

Beitragsberechtigte Personen
§ 4. Beiträge werden an Personen ausgerichtet, die für die vorgesehene Berufsbildung befähigt sind, sofern sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen:

a) Besitz des Schweizer Bürgerrechts, der Niederlassungsbewilligung für Ausländer oder der Niederlassungs- oder Aufenthaltsbewilligung für in der Schweiz anerkannte Flüchtlinge;

b) stipendienrechtlicher Wohnsitz im Kanton Zürich oder Besitz des Kantonsbürgerrechts in Ausnahmefällen;

c) Nachweis, dass die finanziellen Verhältnisse des Bewerbers und seiner nächsten Angehörigen die Ausrichtung von Beiträgen rechtfertigen. Als nächste Angehörige gelten insbesondere Eltern und Ehegatten.

Stipendienrechtlicher Wohnsitz
§ 5. Der stipendienrechtliche Wohnsitz von unmündigen und mündigen Bewerbern aller Bildungswege befindet sich in der Regel

a) am zivilrechtlichen Wohnsitz der Eltern, des letzten Inhabers der elterlichen Gewalt oder am Sitz der zuletzt zuständigen Vormundschaftsbehörde;

b) im Heimatkanton von Schweizer Bürgern, deren Eltern nicht in der Schweiz Wohnsitz haben oder die elternlos im Ausland wohnen.

Mündige Bewerber des zweiten Bildungsweges begründen in der Regel erst dann stipendienrechtlichen Wohnsitz im Kanton Zürich, wenn sie

a) nach Abschluss einer ersten Ausbildung während zwei Jahren ununterbrochen im Kanton wohnhaft und

b) vor Beginn der Ausbildung, für die sie Beiträge beanspruchen, aufgrund eigener Erwerbstätigkeit während zwei Jahren finanziell unabhängig gewesen sind.

Beitragsverweigerung
§ 6. Beiträge können aufgrund des Alters oder des Ausbildungsstandes eines Bewerbers verweigert werden.

II. Beitragsbestimmung

Art und Zweck der Beiträge
§ 7. Die Ausbildungsbeiträge werden grundsätzlich als Stipendien ausgerichtet.

Stipendien sind einmalige oder wiederkehrende Leistungen ohne Rückzahlungspflicht, mit dem Zweck, dem Empfänger die Aufnahme, die Fortsetzung oder den Abschluss einer Ausbildung zu ermöglichen.

Auf besonderen Antrag werden die Ausbildungsbeiträge ausnahmsweise als unverzinsliche Darlehen zur Ergänzung bereits gewährter oder zum Ersatz nicht gewährter Stipendien ausgerichtet.

Beitragsbemessung
§ 8. Das Reglement FN4 setzt die Grundsätze für die Beitragsbemessung fest.

Beiträge Dritter
§ 9. Ausbildungsbeiträge Dritter, einschliesslich Leistungen oder klagbare Ansprüche aus der Sozialversicherung, werden in der Regel an den kantonalen Ausbildungsbeitrag angerechnet.

Höchstgrenzen
§ 10. Für den ersten Bildungsweg beträgt das Stipendium je Ausbildungsjahr höchstens Fr. 12 000.

Der erste Bildungsweg gilt als abgeschlossen, wenn ein Bewerber

a) nach mindestens zweijähriger Ausbildung einen öffentlich anerkannten Berufsabschluss erreicht hat, oder

b) nach mindestens vierjähriger ununterbrochener finanzieller Unabhängigkeit zufolge eigener Erwerbstätigkeit als Volljähriger eine Berufsausbildung au fnimmt.

Für die übrigen Bildungswege, einschliesslich Ausbildungen im Anschluss an eine Matura oder an ein Diplom einer öffentlich anerkannten Diplommittelschule, beträgt das Stipendium jährlich höchstens Fr. 33 000.

Darlehensbeiträge können bis höchstens Fr. 20 000 je Ausbildung ausgerichtet werden.

Teuerungsanpassung
§ 11. Die zuständige Direktion ist ermächtigt, die Beitragsbemessung gemäss § 8 oder einzelne Bemessungskriterien der Teuerung anzupassen.

Beitragsdauer
§ 12. Beiträge werden während der ordentlichen Ausbildungsdauer ausgerichtet.

Verlängerungen der Ausbildungsdauer infolge wichtiger Gründe werden angemessen berücksichtigt.

III. Beitragsrückerstattung

Rückerstattung von Darlehen
§ 13. Darlehen sind in jährlichen Raten zurückzuerstatten, erstmals fällig ein Jahr nach Abschluss der Ausbildung.

Bei Tod oder Erwerbsunfähigkeit des Darlehensnehmers oder aus anderen wichtigen Gründen kann die Rückerstattung ganz oder teilweise erlassen oder aufgeschoben werden.

Das Reglement FN4 bestimmt Höhe oder Anzahl der Raten. Es kann die Verzinsung gestundeter Raten festlegen.

Abbruch der Ausbildung
§ 14. Bei Abbruch der Ausbildung im Laufe einer Beitragsperiode sind die für den entsprechenden Zeitraum bereits vorausbezahlten Beiträge zurückzuerstatten.

Bei Tod oder Erwerbsunfähigkeit des Beitragsbegünstigten oder aus andern wichtigen Gründen kann die Rückerstattung ganz oder teilweise erlassen oder aufgeschoben werden.

Revision der Beitragsverfügung
§ 15. Beiträge, die zu Unrecht zugesichert oder ausbezahlt worden sind, werden widerrufen oder zurückgefordert.

Unwahre
Angaben oder Missbrauch
§ 16. Wer Ausbildungsbeiträge unter schuldhafter Verletzung seiner Mitwirkungspflicht im Beitragsverfahren, insbesondere durch unrichtige oder unvollständige Angaben, erwirkt oder missbräuchlich verwendet, hat diese samt Zins von jährlich 5% seit der Auszahlung zurückzuerstatten.

Beitragsbegünstigte, die inzwischen volljährig geworden sind, haften mit dem ursprünglichen Antragsteller und Beitragsbezüger solidarisch, sofern sie sich in guten finanziellen Verhältnissen befinden.

Die Erhebung von Schadenersatz, die Verweigerung weiterer Studienbeiträge sowie die strafrechtliche Verfolgung bleiben vorbehalten.

Verjährung
§ 17. Rückerstattungsansprüche verjähren mit Ablauf von fünf Jahren.

Die Verjährung beginnt in Fällen gemäss §§ 13 und 14 mit Eintritt der Fälligkeit, in Fällen gemäss §§ 15 und 16 mit Abschluss der Ausbildung.

IV. Beitragsverfahren

Gesuche
§ 18. Beitragsgesuche von Minderjährigen für den ersten Bildungsweg sind der zuständigen Berufsberatungsstelle einzureichen.

Die übrigen Gesuche sind dem Amt für Berufsbildung einzureichen.

Das Reglement FN4 regelt die Einzelheiten.

Fristen
§ 19. Stipendiengesuche sind vor Beginn oder innerhalb der ersten Hälfte des Ausbildungsjahres einzureichen, bei Ausbildungsdauer unter einem Jahr in der ersten Hälfte der Ausbildungszeit.

Auf begründetes Gesuch hin wird die Eingabefrist für ein Stipendiengesuch erstreckt.

Darlehensgesuche können jederzeit ohne Beachtung einer Eingabefrist gestellt werden.

Sachverhaltsermittlung
§ 20. Das Amt für Berufsbildung klärt ab, wenn nötig in Verbindung mit der zuständigen Berufsberatungsstelle, ob die Voraussetzungen zur Ausrichtung eines Ausbildungsbeitrages erfüllt sind.

Mitwirkungspflicht des Bewerbers
§ 21. Der Bewerber ist verpflichtet, bei der Ermittlung des Sachverhaltes mitzuwirken. Insbesondere hat er nachzuweisen, dass die im Zeitpunkt der Gesuchstellung bestehenden finanziellen Verhältnisse, einschliesslich derjenigen der nächsten Angehörigen, die Ausrichtung von Beiträgen rechtfertigen.

Der Ausbildungsbeitrag wird gekürzt oder verweigert, wenn der Bewerber die ihm obliegende Mitwirkungspflicht schuldhaft verletzt.

Säumige Bewerber werden unter Nachfristansetzung gemahnt und auf den drohenden Rechtsverlust hingewiesen.

Entscheid der Kommission
§ 22. Die Kommission für Berufsbildungsbeiträge entscheidet auf Antrag des Amtes für Berufsbildung über die Ausrichtung und die allfällige Rückerstattung von Beiträgen sowie über die Erstreckung und Wiederherstellung von Fristen.

Die Kommission besteht aus einem Vertreter der Direktion der Volkswirtschaft als Präsident, je einem Vertreter der Arbeitnehmer-

und der Arbeitgeberorganisationen, einem Vertreter der Berufsschulen und dem Leiter der Stipendienabteilung des Amtes für Berufsbildung.

Rekurs an die Direktion der Volkswirtschaft
§ 23. Entscheide der Kommission können innert 20 Tagen seit der Zustellung durch Rekurs an die Direktion der Volkswirtschaft weitergezogen werden. Das Rekursrecht steht auch dem Amt für Berufs-bildung zu.

V. Schlussbestimmungen

Vollzug
§ 24. Der Vollzug dieser Verordnung obliegt der Direktion der Volkswirtschaft. Sie erlässt das Reglement FN4.

Übergangsbestimmung
§ 25. Beiträge werden nach bisherigem Recht ausgerichtet, wenn die Ausbildung vor Inkrafttreten dieser Verordnung begonnen hat.

Inkrafttreten
§ 26. Diese Verordnung tritt am 1. August 1989 in Kraft.

Auf den gleichen Zeitpunkt wird die Verordnung über die Ausrichtung von Stipendien und Darlehen für die berufliche Vor-,

Aus- und Weiterbildung vom 6. Dezember 1971 aufgehoben.

___________
FN1 OS 51, 147.
FN2 413.105.
FN3 413.11.
FN4 416.11.
FN5 SR 412.10.