Verordnung über die Gerichtsauditoren
(vom 11.Dezember 1974) FN1

Das Obergericht des Kantons Zürich,

in Anwendung von § 141 des Gerichtsverfassungsgesetzes FN5,

verordnet:

§ 1. Personen, die für ihre Ausbildung bei einem Gericht zu arbeiten wünschen, können bei den Bezirksgerichten, ausnahmsweise auch beim Handelsgericht und Obergericht, als Auditoren zugelassen werden.

Die Bezirksgerichte können Studenten an der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich in höheren Semestern ohne Arbeitsverpflichtung und Besoldung Einblick in die Gerichtspraxis gewähren und ihnen gestatten, bei Beratungen anwesend zu sein.

Die Studenten sind ausdrücklich auf ihre Schweigepflicht hinzuweisen, unterstehen aber im übrigen nicht dieser Verordnung.

§ 2. Die Zulassung als Auditor setzt voraus:

a) Schweizer Bürgerrecht,

b) Handlungsfähigkeit,

c) guten Leumund,

d) abgeschlossenes juristisches Studium oder sonst ausreichende Rechtskenntnisse, die zur Arbeit als Kanzleibeamter befähigen.

Ausnahmsweise können Ausländer und Staatenlose zugelassen werden.

§ 3. Zulassungsgesuche sind schriftlich, unter Beilegung eines Leumundszeugnisses, der Prüfungsbescheinigungen oder des Testatbuches sowie allfälliger Arbeitsbescheinigungen dem Gerichtspräsidenten einzureichen. Dieser kann auch weitere Unterlagen, wie zum Beispiel Seminararbeiten, verlangen.

§ 4. Der Gerichtspräsident entscheidet nach seinem Ermessen über die Zulassung. Er kann das Gesuch jedoch dem Gericht, beziehungsweise seiner Kanzleikommission, zur Entscheidung vorlegen.

Vom Ein- und Austritt ist dem Obergerichtsschreiber Kenntnis zu geben.

Die Nichtzulassung bei einem Bezirksgericht ist auf Begehren des Bewerbers zu begründen.

§ 5. Die Zahl der Auditoren eines Gerichtes soll in der Regel diejenige der Kanzleibeamten nicht übersteigen. Ausnahmen sind dem Obergerichtsschreiber mitzuteilen.

§ 6. Der Gerichtsschreiber, beim Bezirksgericht Zürich der erste Gerichtsschreiber, weist dem Auditor das Tätigkeitsgebiet zu. Er achtet auf geeigneten Wechsel, damit der Auditor in möglichst viele Zweige der Rechtspflege eingeführt wird.

§ 7. Der Kanzleibeamte, dem der Auditor zugeteilt ist, weist diesem die Arbeit zu und leitet ihn unter Hinweis auf vorhandene Formularsammlungen, Muster und Präjudizien an. Er prüft die abgelieferten Arbeiten und veranlasst deren Bereinigung. Dem Gerichtsvorsitzenden oder dem Einzelrichter steht die Aufsicht zu.

§ 8. Die Einführung neu eintretender Auditoren in ihre praktische Tätigkeit kann einem dazu besonders geeigneten Kanzleibeamten übertragen werden.

§ 9. Der Auditor hat seine ganze Arbeitszeit dem Gerichte zu widmen. Er nimmt an den Sitzungen teil und wirkt an der Aufarbeitung der Geschäfte unter der Verantwortung des ihm vorgesetzten Kanzleibeamten mit.

Er hat weder Recht auf beratende Stimme noch Unterschriftsberechtigung. Im summarischen Verfahren, in Vergleichsverhandlungen und in Referentenaudienzen kann der Richter den Auditor zur Protokollführung unter seiner Verantwortung zuziehen.

Der Auditor ist zur Verschwiegenheit verpflichtet wie ein Kanzleibeamter.

§ 10. Die Auditorentätigkeit dauert in der Regel ein Jahr.

Die ersten drei Monate gelten als Einführungszeit.

Zur Anstellung für die weiteren neun Monate ist der Gerichtspräsident zuständig. Hievon ist dem Obergerichtsschreiber Kenntnis zu geben.

Das Anstellungsverhältnis kann vom Gerichtspräsidenten mit Zustimmung des Obergerichtspräsidenten über ein Jahr hinaus verlängert werden, wenn sich der Auditor als fähig erwiesen hat, zum Kanzleibeamten gewählt zu werden, wenn das Gericht seine Mitarbeit benötigt und wenn sich eine solche weitere Beschäftigung mit der Nachfrage nach Auditorenstellen vereinbaren lässt.

§ 11. Während der Einführungszeit kann das Anstellungsverhältnis beidseitig auf das Ende der folgenden Woche, während der weiteren neun Monate auf das Ende des folgenden Monats und bei überjähriger Dauer auf das Ende des zweiten folgenden Monats aufgelöst werden.

Zuständig zur sofortigen Auflösung des Anstellungsverhältnisses aus wichtigen Gründen ist das Gericht beziehungsweise seine Kanzleikommission. Die sofortige Entlassung des Auditors ist schriftlich zu begründen.

Der Auditor hat Protokolle, zu deren Führung er herangezogen wurde, auch nach Auflösung des Anstellungsverhältnisses fertigzustellen.

§ 12. Beim Austritt ist dem Auditor eine Bescheinigung über die Dauer seiner Tätigkeit auszustellen. Sie hat sich auf seinen Wunsch über Leistungen und Verhalten auszusprechen.

§ 13. Den Auditoren steht eine Besoldung zu, und zwar:

a) die Anfangsbesoldung während der Einführungszeit von drei Monaten,

b) die ordentliche Besoldung vom Beginn des vierten bis zum Ende des zwölften Monats, sofern die Leistungen des Auditors die Kanzleibeamten wesentlich entlasten,

c) die ausserordentliche Besoldung über ein Jahr hinaus, sofern die Voraussetzungen von § 10 Abs. 4 gegeben sind.

Die Verwaltungskommission des Obergerichtes kann aus wichtigen Gründen von diesen Regeln abweichen.

§ 14. Die Besoldungsansätze werden durch die Verwaltungskommission des Obergerichtes festgesetzt. In diesen Ansätzen sind die Fahrtkosten eingeschlossen. Für den Beitrag an die Verpflegungskosten gilt die Regelung über den Bezug von Lunch-Checks.

§ 15. FN6 Auf das Anstellungsverhältnis der Auditoren sind im übrigen entsprechend anwendbar die Vorschriften der Verordnung des Obergerichts über das Dienstverhältnis der Angestellten (Angestelltenverordnung, AVO) vom 26. Juni 1991 FN4 bzw. der Beamtenverordnung FN2 und deren Vollziehungsbestimmungen FN3 über

- Auflösung des Dienstverhältnisses,

- Annahme von Geschenken,

- Schweigepflicht,

- Arbeitszeit und Überzeit,

- Nebenbeschäftigung,

- öffentliche Ämter,

- Verbesserungsvorschläge,

- Besoldungsauszahlung,

- Ferienanspruch,

- Militär- und Zivilschutzdienst,

- Fürsorge bei Krankheit, Unfall und Invalidität.

§ 16. FN6 Je ein Exemplar dieser Verordnung, der Beamtenverordnung und deren Vollziehungsbestimmungen sowie der Angestelltenverordnung sind dem Auditor bei der Aufnahme seiner Tätigkeit zu übergeben.

§ 17. Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung wird die Verordnung über die Gerichtsauditoren vom 31. März 1947 mit den zugehörigen Kreisschreiben aufgehoben.

§ 18. Die Verordnung tritt mit Wirkung auch auf die bestehenden Auditorenverhältnisse am 1. Januar 1975 in Kraft.

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FN1 OS 45, 241 und GS II, 104.
FN2 177.11.
FN3 177.111.
FN4 211.22.
FN5 Heute § 127, 211.1.
FN6 Fassung gemäss V vom 26. Juni 1991 (OS 51, 617).