Gesetz
über die Ausbildung von Lehrern für die Vorschulstufe und die Volksschule
(Lehrerbildungsgesetz)
(vom 24.September 1978) FN1

I. Allgemeine Bestimmungen

§ 1. Der Kanton führt Seminare zur beruflichen Ausbildung von Lehrern für die Vorschulstufe und die Volksschule.

Der Kantonsrat beschliesst über die Errichtung neuer Seminare.

§ 2. Die für das Bildungswesen zuständige Direktion FN6 übt in Verbindung mit dem Erziehungsrat die Aufsicht über sämtliche Seminare aus.

Die unmittelbare Aufsicht über die staatlichen Seminare üben vom Regierungsrat gewählte Aufsichtskommissionen aus. Jede Aufsichtskommission wird entweder vom für das Bildungswesen zuständigen Direktionsvorsteher FN6 oder einem andern Mitglied des Erziehungsrates präsidiert.

Der Direktor des Seminars, sein Stellvertreter und ein Vertreter der Lehrerschaft nehmen mit beratender Stimme an den Sitzungen der Aufsichtskommission teil.

Rechte und Pflichten der Aufsichtskommission werden durch Verordnung geregelt.

§ 3. Der Erziehungsrat erlässt für die Seminare Studienordnungen, Lehrpläne, Prüfungsreglemente und Schulordnungen.

§ 4. Die Lehrerbildung vermittelt die fachlichen, berufspraktischen und erzieherischen Kenntnisse und Fähigkeiten und fördert das Gemeinschaftsverhalten in Gesellschaft und Demokratie. Sie erweitert und vertieft die Allgemeinbildung.

Die pädagogische, psychologische und methodisch-didaktische Ausbildung erfolgt in Verbindung von Wissenschaft und Praxis.

§ 5. Den Seminaren sind Übungsschulen angegliedert. Als solche können Klassen von Gemeindeschulen herangezogen oder Klassen in den Seminaren geführt werden.

Der Regierungsrat regelt auf Antrag des Erziehungsrates die Organisation der Übungsschulen und ihr Verhältnis zu den Schulen und den Schulbehörden der Gemeinden.

§ 6. Die Einführung der Studenten in die Lehrpraxis erfolgt zudem an weiteren Schulabteilungen der Gemeinden; die Zustimmung der örtlichen Schulpflege ist einzuholen.

§ 7. Die Ausbildung schliesst mit einer theoretischen und einer praktischen Prüfung ab. Nach bestandener Schlussprüfung erhalten die Absolventen ein Fähigkeitszeugnis, das als Ausweis zum Eintritt in den zürcherischen Schuldienst als Verweser oder Vikar auf der entsprechenden Stufe dient.

§ 8. Schweizer Bürger erhalten zwei Jahre nach Bestehen der zürcherischen Fähigkeitsprüfung das Zeugnis der Wählbarkeit als Lehrer der entsprechenden Stufe der staatlichen Volksschule, sofern sie sich während einer vom Erziehungsrat festzusetzenden Dauer im Schuldienst bewährt haben. Der Erziehungsrat erlässt nähere Bestimmungen für die Erteilung des Wählbarkeitszeugnisses.

Der Erziehungsrat kann das Wählbarkeitszeugnis verweigern oder erst in einem späteren Zeitpunkt erteilen, wenn sich der Bewerber in seiner Berufstätigkeit nicht bewährt hat, wenn die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Schuldienst fehlen oder wenn die Vertrauenswürdigkeit des Bewerbers, insbesondere wegen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe infolge eines Verbrechens oder Vergehens, nicht vorhanden ist.

Der Erziehungsrat kann einem Lehrer wegen wiederholter schwerer Verletzung seiner Berufspflichten, wegen einer sittlichen Verfehlung an Minderjährigen, wegen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe infolge eines Verbrechens oder Vergehens oder wegen schwerer Verletzung der Treuepflicht das Wählbarkeitszeugnis vorübergehend oder dauernd entziehen.

Die einstweilige Nichterteilung des Wählbarkeitszeugnisses kann mit Rekurs beim Regierungsrat, die Verweigerung und der Entzug beim Verwaltungsgericht angefochten werden.

§ 9. Stehen nicht genügend Lehrer mit zürcherischem Fähigkeitszeugnis zur Verfügung, kann der Erziehungsrat zur Gewinnung tüchtiger Lehrkräfte ausserkantonale Fähigkeitszeugnisse ganz oder teilweise anerkennen und das Wählbarkeitszeugnis verleihen, sofern sich ein Lehrer über eine mehrjährige erfolgreiche Unterrichtspraxis ausweist und sich während eines Jahres im zürcherischen Schuldienst bewährt hat.

§ 10. Der Erziehungsrat beschliesst über die Anerkennung nichtstaatlicher zürcherischer Seminare. Deren Absolventen erhalten nach bestandener Schlussprüfung das kantonale Fähigkeitszeugnis.

§ 11. Der Regierungsrat wählt auf Antrag des Erziehungsrates für jedes Seminar einen Direktor. Der Leiter der Sekundar- und Fachlehrerausbildung an der Universität nimmt im Sinne dieses Gesetzes die Stellung eines Direktors eines Seminars ein.

Der Regierungsrat legt auf Antrag des Erziehungsrates die Pflichten und Rechte der Schulleitung, der Lehrerschaft, des Lehrerkonventes und der Studenten fest.

§ 12. Der Regierungsrat beschliesst auf Antrag des Erziehungsrates über die Errichtung von Lehrstellen und deren Besetzung. Im übrigen erteilt der Erziehungsrat die erforderlichen Lehraufträge.

§ 13. Der Regierungsrat regelt die Dienst- und Besoldungsverhältnisse des Lehrerpersonals der Seminare. Die Verordnung bedarf der Genehmigung des Kantonsrates.

§ 14. Der Unterricht an den staatlichen Seminaren ist für Kantonseinwohner unentgeltlich.

Ausserhalb des Kantons wohnhafte Studenten entrichten ein Schulgeld, das der Regierungsrat festsetzt. Dieser kann den Begriff des Wohnsitzes näher bestimmen und weitere Vollziehungsbestimmungen erlassen. Die für das Bildungswesen zuständige Direktion FN6 kann in besondern Fällen den Erlass des Schulgeldes bewilligen. Über die Aufnahme ausserkantonaler Studenten entscheidet der Erziehungsrat.

Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die Universität.

§ 15. Der Regierungsrat entscheidet über Zulassungsbeschränkungen für zürcherische und ausserkantonale Studenten. Eine solche Massnahme ist zu befristen und nur zulässig, wenn die vorhandenen Räumlichkeiten und die personellen Kapazitäten nicht ausreichen. Nach Ablauf der Frist hat der Regierungsrat über die Fortführung der Zulassungsbeschränkungen zu entscheiden.

Der Regierungsrat kann mit andern Kantonen Vereinbarungen über die Ausbildung ihrer Studenten an zürcherischen Seminaren treffen.

II. Ausbildung der Primarlehrer und der Oberstufenlehrer

1. Gemeinsame Bestimmungen

§ 16. Die berufliche Ausbildung der Primar- und der Oberstufenlehrer ist in zwei Teile gegliedert. Sie umfasst eine gemeinsame Grundausbildung und eine stufenspezifische Ausbildung.

§ 17. Die Grundausbildung erfolgt am Seminar für Pädagogische Grundausbildung in der Regel vor der stufenspezifischen Ausbildung. Sie dauert zwei Semester und schliesst mit einer Prüfung ab.

§ 18. Voraussetzungen für die Grundausbildung sind eine abgeschlossene Mittelschulbildung mit eidgenössisch anerkannter oder kantonalzürcherischer Maturität sowie ein Ausweis über die gesundheitliche Eignung für den Lehrerberuf.

Der Erziehungsrat entscheidet über die Anerkennung nichtzürcherischer kantonaler Maturitätsausweise und über die Zulassung allfälliger weiterer Bewerber.

§ 19. Voraussetzung zur Erteilung des Fähigkeitszeugnisses ist ein ausserschulisches Praktikum von mindestens vier Monaten Dauer. Die näheren Bestimmungen werden vom Erziehungsrat erlassen. In Zeiten ausgeprägten Lehrermangels kann der Regierungsrat diese Bestimmungen vorübergehend ändern.

2. Primarlehrer

§ 20. Die stufenspezifische Ausbildung zum Primarlehrer erfolgt am Seminar für Primarlehrer.

Sie dauert im Anschluss an eine abgeschlossene Grundausbildung mindestens zwei Semester.

Der Kantonsrat beschliesst den Zeitpunkt des Überganges von der zweisemestrigen auf eine viersemestrige Ausbildung.

§ 21. Voraussetzung für die Zulassung zur stufenspezifischen Ausbildung zum Primarlehrer ist eine abgeschlossene zürcherische Grundausbildung oder eine entsprechende ausserkantonale Grundausbildung für Volksschullehrer.

3. Real- und Oberschullehrer

§ 22. Die stufenspezifische Ausbildung zum Real- und Oberschullehrer erfolgt am Seminar für Real- und Oberschullehrer.

Sie dauert im Anschluss an eine abgeschlossene Grundausbildung sechs Semester.

§ 23. Voraussetzung für die Zulassung zur stufenspezifischen Ausbildung zum Real- und Oberschullehrer ist:

a) eine abgeschlossene zürcherische Grundausbildung oder eine entsprechende ausserkantonale Grundausbildung für Volksschullehrer oder

b) ein vom Erziehungsrat anerkanntes ausserkantonales Fähigkeitszeugnis für Primarlehrer.

4. Sekundarlehrer

§ 24. Die stufenspezifische Ausbildung zum Sekundarlehrer und zum Fachlehrer auf der Sekundarschulstufe erfolgt an der Universität. Der Ausbildungsgang ist einem Seminar gemäss den allgemeinen Bestimmungen dieses Gesetzes gleichgestellt.

§ 25. Die stufenspezifische Ausbildung zum Sekundarlehrer dauert sechs Semester und erfolgt in der Regel erst im Anschluss an eine abgeschlossene Grundausbildung.

Der Erziehungsrat erlässt Vorschriften über die Ausbildung der Sekundarlehrer und der Fachlehrer auf der Sekundarschulstufe, wobei er vorgängig die Stellungnahme der zuständigen Organe der Universität einholt, soweit diese betroffen ist.

§ 26. Zur Erlangung eines Fähigkeitszeugnisses als zürcherischer Sekundarlehrer sind erforderlich:

a) ein Zeugnis über die abgeschlossene Grundausbildung am zürcherischen Seminar für Pädagogische Grundausbildung oder über eine entsprechende ausserkantonale Grundausbildung für Volksschullehrer oder ein vom Erziehungsrat anerkanntes ausserkantonales Fähigkeitszeugnis als Primarlehrer;

b) ein Ausweis über den Abschluss einer Ausbildung gemäss § 25.

III. Ausbildung zum Lehrer für Sonderklassen und Sonderschulen

§ 27. Die Ausbildung der Lehrer für Sonderklassen und Sonderschulen erfolgt an einem Heilpädagogischen Seminar.

Der Regierungsrat kann mit andern Kantonen Vereinbarungen über die gemeinsame Führung eines Heilpädagogischen Seminars treffen.

§ 28. Die Ausbildung der Sonderklassen- und Sonderschullehrer dauert zwei bis vier Semester. Der Regierungsrat regelt auf Antrag des Erziehungsrates durch Verordnung die Dauer der Ausbildung in diesem zeitlichen Rahmen.

§ 29. Voraussetzungen für die Aufnahme in das Seminar sind:

a) ein Fähigkeitszeugnis als Lehrer der Vorschulstufe, der Primarschule oder der Oberstufe;

b) eine in der Regel dreijährige erfolgreiche Unterrichtspraxis an Normalklassen. Der Erziehungsrat kann Ausnahmen bewilligen.

§ 30. Der Regierungsrat setzt in der Übergangsordnung FN2 die Bedingungen fest für die Erteilung des Fähigkeits- und des Wählbarkeitszeugnisses an Sonderklassenlehrer, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits gewählt sind.

IV. Ausbildung der Lehrer für die Vorschulstufe

§ 31. Die berufliche Ausbildung der Lehrer für die Vorschulstufe erfolgt an einem Seminar.

§ 32. Die berufliche Ausbildung für Lehrer der Vorschulstufe dauert fünf Semester.

Voraussetzungen für die Aufnahme in das Seminar sind eine dreijährige Vorbildung an einer Diplommittelschule mit Abschluss, ein Praktikum von mindestens vier Monaten Dauer im Sinne von § 19, das Bestehen einer praktischen Aufnahmeprüfung sowie die gesundheitliche Eignung für den Lehrerberuf.

Für die Aufnahme weiterer Bewerber, insbesondere jener des zweiten Bildungsweges, setzt der Erziehungsrat die Bedingungen fest.

V. Ausbildung der Lehrer für den Handarbeits- und den Hauswirtschaftsunterricht

§ 33. Die berufliche Ausbildung der Lehrer für den Handarbeitsund den Hauswirtschaftsunterricht erfolgt an Seminaren.

§ 34. Die berufliche Ausbildung der Lehrer für Handarbeit und für Hauswirtschaft dauert am Seminar sechs Semester. Sie dient der allgemeinen, der fachlichen und der pädagogisch-didaktischen Ausbildung.

Voraussetzungen für die Aufnahme in die Seminare sind eine dreijährige Vorbildung an einer Diplommittelschule mit Abschluss, das Bestehen einer praktischen Aufnahmeprüfung sowie die gesundheitliche Eignung für den Lehrerberuf.

Für das Arbeitslehrerinnenseminar gilt die abgeschlossene Lehre als Damenschneiderin in Verbindung mit einer Berufsmittelschule als gleichwertige Vorbildung für die Aufnahme.

Für die Aufnahme weiterer Bewerber, insbesondere jener des zweiten Bildungsweges, setzt der Erziehungsrat die Bedingungen fest.

VI. Lehrerfortbildung

§ 35. FN5 Der Regierungsrat fördert in Verbindung mit dem Erziehungsrat die Fortbildung der im Dienste stehenden Lehrkräfte der Volksschule und der Vorschulstufe. Der Staat kann Subventionen bis zur vollen Höhe an die vom Erziehungsrat bewilligte Fortbildung dieser Lehrkräfte gewähren sowie Stellvertretungskosten gemäss Lehrerbesoldungsgesetz übernehmen.

Der Staat kann Subventionen bis zur vollen Höhe an die vom Erziehungsrat bewilligten Fortbildungskurse für nicht im Dienst stehende Lehrkräfte gewähren. Solche Kurse dienen der Vorbereitung auf die Wiederau fnahme der Lehrtätigkeit.

Der Erziehungsrat setzt die obligatorischen Fortbildungsveranstaltungen fest.

§ 36. Der Erziehungsrat kann den Seminaren und der Universität Aufgaben im Bereich der Fortbildung der im Amte stehenden Lehrer übertragen.

VII. Schluss- und Übergangsbestimmungen

§ 37. Der Regierungsrat erlässt die zum Vollzug dieses Gesetzes erforderliche Verordnung FN3.

§ 38. Durch dieses Gesetz werden nachstehende Gesetze aufgehoben: . . . FN4

§ 39. Dieses Gesetz tritt nach der amtlichen Veröffentlichung des Kantonsratsbeschlusses über die Erwahrung auf den vom Regierungsrat zu bestimmenden Zeitpunkt in Kraft.

Der Regierungsrat erlässt für dessen Einführung eine Übergangsordnung FN2.

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FN1 OS 46, 948 und GS III, 318.
FN2 414.410.
FN3 414.411.
FN4 Text siehe OS 46, 948.
FN5 Fassung gemäss Staatsbeitragsgesetz vom 1. April 1990 (OS 51, 77). In Kraft seit 1. Januar 1991 (OS 51, 350).
FN6 Fassung gemäss G vom 15. März 1998 (OS 54, 517). In Kraft seit 1. August 1998 (OS 54, 624).