Verordnung
über die Zuständigkeit im Übertretungsstrafrecht des Bundes
(vom 12.Februar 1975) FN1

Der Regierungsrat,

gestützt auf § 94 a des Gerichtsverfassungsgesetzes FN6 sowie auf § 334 der Strafprozessordnung FN4,

beschliesst:

§ 1. Diese Verordnung bestimmt die Zuständigkeit zur Untersuchung und Beurteilung von Übertretungen, die im Bundesrecht oder in Konkordaten mit Strafe bedroht sind und deren Untersuchung und Beurteilung allgemein Sache der Kantone ist oder im einzelnen Fall gemäss Art. 18 des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege FN7 den kantonalen Behörden übertragen wird.

§ 2. Zur Untersuchung und Beurteilung sind ausschliesslich die Statthalterämter zuständig:

a) wenn dies ein Gesetz oder eine vom Kantonsrat genehmigte Verordnung für bestimmte Übertretungen ausdrücklich vorsieht,

b) wenn eine Übertretung mit einer Mindeststrafe bedroht ist, welche die Strafbefugnis des Gemeinderates von höchstens Fr. 200 übersteigt (§§ 333 und 334 der Strafprozessordnung) FN4.

§ 3. In den übrigen Fällen sind, unter Vorbehalt von § 5, zur Untersuchung und Beurteilung zuständig:

a) die Gemeinderäte im Rahmen ihrer Strafbefugnis von höchstens Fr. 200 für die Übertretung von

Fussgänger,
Reiter,
Führer oder Begleiter von Tieren oder Herden,
Führer von Tierfuhrwerken,
Führer von Handwagen,
b) ausschliesslich die Statthalterämter für alle übrigen Übertretungen.

§ 4. Die Statthalterämter können einfache Einzelfälle, für die sie nach § 3 lit. b ausschliesslich zuständig sind, dem Gemeinderat zur Untersuchung und Beurteilung überweisen.

§ 5. Für das Gebiet der Städte Zürich und Winterthur sind zur Untersuchung und Beurteilung zuständig:

a) ausschliesslich die Statthalterämter für die Übertretung von Vorschriften über


b) die Stadträte im Rahmen ihrer Strafbefugnisse von höchstens Fr. 200 für alle übrigen Übertretungen.

§ 6. Hinsichtlich der Zuständigkeit der Gemeinderäte (§ 3 lit. a) und der Stadträte (§ 5 lit. b) bleibt vorbehalten, die Übertragung der Strafbefugnis an einzelne oder mehrere Mitglieder der Gesamtbehörde, an besondere Kommissionen und an Beamte mit selbständigen Verwaltungsbefugnissen gemäss den Bestimmungen des Gemeindegesetzes FN2 (§§ 56, 57 und 115a) sowie des Gesundheitsgesetzes FN5 (§ 5).

§ 7. Hält die für die Untersuchung und Beurteilung einer Übertretung zuständige Gemeindebehörde eine höhere Busse als Fr. 200 oder eine Haftstrafe für angemessen, so überweist sie den Fall an das Statthalteramt.

§ 8. Gegenüber den §§ 2 bis 7 dieser Verordnung bleiben vorbehalten:

a) die besonderen Zuständigkeitsvorschriften für Kinder und Jugendliche (§ 94 des Gerichtsverfassungsgesetzes) FN3;

b) die Fälle, in denen die Bezirksanwaltschaften von Gesetzes wegen zur Untersuchung und Verfolgung von Übertretungen zuständig sind, namentlich Fälle, in denen jemand neben einem Verbrechen oder Vergehen einer damit im Zusammenhang stehenden Übertretung beschuldigt wird (§ 74 des Gerichtsverfassungsgesetzes) FN3, Fälle, in denen für eine Übertretung Haft als einzige Strafe oder Haft und Busse angedroht ist, Fälle, die das Statthalteramt der Bezirksanwaltschaft überweist, weil es eine Haftstrafe für angemessen hält oder weil die Verhängung einer Massnahme oder einer Nebenstrafe in Frage kommt (§ 335 der Strafprozessordnung) FN4;

c) FN10 Die Übertretung von Vorschriften des Bundesgesetzes über die Betäubungsmittel FN8, die Verfolgung von Übertretungen durch jugendliche Täter fällt in die Zuständigkeit der Jugendanwaltschaften.

d) FN9

§ 9. Treffen mehrere bundesrechtliche oder bundes- und kantonalrechtliche Übertretungen zusammen, so findet § 5 der Strafprozessordnung FN4 sinngemäss Anwendung.

§ 10. Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung werden aufgehoben:

a) die Verordnung über die Zuständigkeit im Übertretungsstrafrecht des Bundes vom 7. Juli 1960, b) alle übrigen ihr widersprechenden Zuständigkeitsvorschriften, die nicht in einem Gesetz oder einer vom Kantonsrat genehmigten Verordnung festgelegt sind.

§ 11. Diese Verordnung tritt nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt am 1. April 1975 in Kraft.

Die Zuständigkeit der Instanz, bei welcher ein Verfahren im Zeitpunkt des Inkrafttretens durch schriftliche Anzeige anhängig gemacht worden ist, beurteilt sich nach bisherigem Recht.

___________

FN1 OS 45, 329 und GS II, 661.
FN2 131.1.
FN3 211.1.
FN4 321.
FN5 810.1.
FN6 Heute § 74, 211.1.
FN7 SR 312.0.
FN8 SR 812.121.
FN9 Aufgehoben durch RRB vom 18. März 1992 (OS 52, 81).
FN10 Fassung gemäss RRB vom 18. März 1992 (OS 52, 81).