Übereinkunft
zwischen den Kantonen Zürich, Schwyz, Glarus und St. Gallen über die Fischerei im Zürichsee, Linthkanal und Walensee
(vom 27.Dezember 1944) FN1

Für die Fischerei im Zürichsee, Linthkanal und Walensee werden, unter Vorbehalt bundesrechtlicher Bestimmungen, die folgenden Vorschriften aufgestellt FN6:

I. Aufsicht über die Fischerei

§ 1. Der Vollzug der Vorschriften dieser Übereinkunft und der Ausführungsbestimmungen FN2 sowie der bundesrechtlichen Vorschriften über die Fischerei im Vertragsgebiet ist der Fischereikommission für den Zürichsee und Walensee übertragen.

Die Fischereikommission besteht aus fünf Mitgliedern, von denen dem Kanton Zürich zwei, den Kantonen Schwyz, Glarus und St. Gallen je eines angehören. Die Wahl erfolgt auf eine Amtsdauer von drei Jahren durch die Regierungen der Vertragskantone.

§ 2. Die Fischereikommission wählt für die ganze Amtsdauer den Vorsitzenden und dessen Stellvertreter sowie einen Sekretär, der mit dem Vollzug der Beschlüsse der Fischereikommission betraut ist und das Rechnungswesen besorgt. Der Sekretär hat beratende Stimme.

Von ihrer Konstituierung und den getroffenen Wahlen macht die Kommission den Vertragskantonen Mitteilung.

Die Kommission ist berechtigt, zu ihren Beratungen Sachverständige beizuziehen; sie kann einzelne ihrer Obliegenheiten an Delegierte oder Subkommissionen übertragen.

Die Kommission tritt auf Einladung ihres Präsidenten zusammen, so oft es die Geschäfte erfordern, jedoch jährlich mindestens zweimal.

§ 3. Der Fischereikommission für den Zürich- und Walensee kommen ausser den bereits angeführten noch folgende Obliegenheiten zu:

a) Oberaufsicht über die Fischerei im Zürichsee, Linthkanal und Walensee und deren Förderung durch Vermehrung und Veredlung des Fischbestandes;

b) Bestimmung der in diesen Gewässern zum Fischfang zulässigen Geräte nach Art und Anzahl, unter Vorbehalt bestehender Privatrechte, Festsetzung der Bedingungen und Erteilung der Bewilligungen für den Laichfischfang, Aufstellung der Vorschriften für die Durchführung der Statistik über die Fangergebnisse;

c) Abgrenzung der Schonreviere an Fluss- und Kanalmündungen;

d) Mitwirkung beim Vollzug der bundesrechtlichen Vorschriften über die Reinhaltung der Gewässer, Massnahmen gegen Fischfeinde in der Tierwelt, Wahrung der Fischereiinteressen bei der Projektierung, beim Bau und Betrieb von Wasserwerken, Bewässerungs- und Entwässerungsanlagen, Seeregulierungen, Flusskorrektionen usw.;

e) Errichtung und Betrieb von Fischzuchtanlagen und Beaufsichtigung privater Anlagen, denen von der Fischereikommission Fischeier zur Erbrütung und Aufzucht übergeben wurden; Beschlussfassung über die Verwendung der erbrüteten Jungfische;

f) Festsetzung der Gebühren des Angelsportpatentes im Linthkanal für Einwohner der Vertragskantone und für übrige Bewerber;

g) Wahl und Beaufsichtigung der Fischereiaufseher, Festsetzung ihrer Besoldung und Pflichten;

h) jährliche Berichterstattung an die Regierungen der Vertragskantone über die Tätigkeit der Kommission und der Fischereiaufseher, insbesondere über die Massnahmen zur Hebung der Fischerei und über das Rechnungswesen;

i) Verkehr mit den Bundesbehörden über den Vollzug der Fischereigesetze.

Die Fischereikommission ist im Einverständnis mit den Kantonsregierungen befugt, zur Hebung des Bestandes einzelner Fischarten oder bei Eintritt ausserordentlicher Verhältnisse von sich aus Massnahmen von zeitlich beschränkter Dauer zu treffen, die über die Bestimmungen dieser Übereinkunft hinausgehen.

§ 4. Die Kantone geben vor einer Durchführung von neuen Fischereimassnahmen, die die Interessen des Vertragsgebietes berühren, der Fischereikommission Gelegenheit zur Stellungnahme.

§ 5. Die Fischereiaufseher werden für eine Amtsdauer von drei Jahren gewählt; die Kommission setzt ihre Pflichtordnung und Besoldung fest; sie haben in den Sitzungen der Kommission beratende Stimme.

§ 6. Die Fischereiaufseher sind berechtigt, im Vertragsgebiet ohne Rücksicht auf die Kantonsgrenzen die Einhaltung der Vorschriften über die Fischerei zu überwachen. Sie haben Übertretungen der Vorschriften bei der Fischereikommission zuhanden der zuständigen kantonalen Behörden zur Anzeige zu bringen.

Bei der Vornahme von Inspektionen, namentlich zur Nachtzeit, sowie bei der Kontrolle der Fanggeräte können die Fischereiaufseher die Polizeiorgane des betreffenden Kantons beiziehen.

§ 7. Die Polizeiorgane der Vertragskantone haben beim Vollzug dieser Übereinkunft und ihrer Ausführungsbestimmungen mitzuwirken. Sie leisten sich gegenseitige Hilfe zur Abklärung von Fischereiübertretungen sowie zur Ermittlung der Ursachen von Verunreinigungen und anderen Fischereischädigungen in den Konkordatsgewässern und ihren Zuflüssen.

Die Polizeiorgane sind berechtigt, von den Fischern die Vorweisung ihrer Gerätschaften und Fischereibewilligungen zu verlangen, die Schiffe zu besteigen und diese auf das Vorhandensein unerlaubter Gerätschaften oder verbotenerweise gefangener Fische zu untersuchen.

§ 8. Die Regierungen der Vertragskantone machen der Fischereikommission über die Erteilung von Fischereibewilligungen sowie über Beschlüsse betreffend die Reinhaltung der Gewässer und weitere Massnahmen zum Schutze der Fischerei Mitteilung.

II. Fischereiberechtigung

§ 9. Im Zürichsee und im Walensee darf jedermann den Fischfang mit der Angelrute mit einer fliegenden Schnur und einer einzigen einfachen Angel vom Ufer aus ohne Patent betreiben. Die Verwendung von natürlichen (lebenden oder toten) oder künstlichen Lockfischen sowie von Löffeln und Spinnern jeder Art oder der boule d'eau ist verboten. Das Betreten und Befischen von Fachanlagen und Schilfgebieten ist untersagt.

§ 10. Die Bewilligung zum Fischfang im Zürichsee und Walensee wird durch die zuständige Behörde desjenigen Kantons erteilt, in welchem der Bewerber die Fischerei betreiben will. Die Bewilligung gilt nur für das Gebiet des Ausgabekantons. Privatrechte und Staatsverträge bleiben vorbehalten.

Die Kantone bestimmen selbständig die Art der Patente und Pachten nach Massgabe der für den Fischfang erlaubten Geräte sowie die Höhe der Patent- und Pachtgebühren.

§ 11. Im Linthkanal ist für die Fischerei mit der Angelrute ein besonderes Patent der Fischereikommission erforderlich. Das Patent gilt für das ganze Gebiet des Linthkanals. Die Patentgebühren werden von der Fischereikommission festgesetzt; sie fallen nach Abzug der Kosten für die Patentausgabe und für die Förderung der Fischerei in diesem Gewässer den betreffenden Kantonen im Verhältnis zur Länge ihrer im Linthkanal liegenden Grenzen zu (Schwyz 7,3%, Glarus 27,4% und St. Gallen 65,3%).

Die Netzfischerei ist nur zur Laichgewinnung und zur Regulierung des Fischbestandes mit Bewilligung der Fischereikommission zulässig.

§ 12. Für die persönlichen Erfordernisse zur Erlangung eines Fischereipatentes gelten die Vorschriften des betreffenden Kantons. Die Fischereikommission legt die Erfordernisse zur Erlangung eines Angelfischerpatentes für den Linthkanal in den Ausführungsbestimmungen fest.

III. Massnahmen zur Förderung der Fischerei

§ 13. Die Schonzeiten werden im Rahmen des Bundesgesetzes über die Fischerei FN3 von der Fischereikommission in den Ausführungsbestimmungen festgesetzt.

§ 14. Für den Zürich- und Walensee besteht die allgemeine Frühjahresschonzeit vom 15. April bis 31. Mai gemäss den Vorschriften des Bundesgesetzes über die Fischerei. Während dieser Zeit ist der Gebrauch aller Netze und Garne sowie der Reusen (Beren) verboten. FN4

Der Gebrauch des Schwebnetzes ist während dieser Schonzeit zum Felchenfang erlaubt; es darf jedoch nur an tiefen Stellen und unter Vermeidung jeder Berührung der Halden, der Reiser und der gesamten Wasserflora gefischt werden. FN4

Im Linthkanal darf an hohen Feiertagen (Karfreitag, Ostersonntag, Pfingstsonntag, Fronleichnam, eidgenössischer Bettag, Allerheiligen und erster Weihnachtstag) kein Fischfang betrieben werden.

§ 15. Die Fischereikommission kann zuverlässigen und ortskundigen Berufsfischern die Bewilligung erteilen, während der Schonzeiten und an den hohen Feiertagen mit genau bezeichneten Geräten bestimmte Arten von Fischen zur Gewinnung von Brutmaterial für die künstliche Fischzucht und zur Regulierung des Fischbestandes zu fangen.

Bei Vorliegen besonderer Verhältnisse kann die Fischereikommission auch anderen zuverlässigen und ortskundigen Fischern den Laichfischfang gestatten.

Die während der Schonzeit mit Bewilligung gefangenen Forellen, Äschen und Rötel (Seesaiblinge) sind nach Entnahme der Fortpflanzungselemente durch die Fischereiaufseher mit einem Kontrollzeichen zu versehen, bevor sie zum Verkauf gebracht werden dürfen.

§ 16. Die Mindestmasse für den Fang der verschiedenen Fischarten werden auf Grund der biologischen Eigenschaften durch die Fischereikommission in den Ausführungsbestimmungen festgesetzt.

§ 17. Zur Vermehrung des Fischbestandes im Zürichsee, Linthkanal und Walensee sollen die erforderlichen Fischzuchtanlagen errichtet und betrieben werden. Sie dienen der Nachzucht wertvoller Fischarten, wie Forellen, Rötel (Seesaiblinge), Äschen, Felchen und Hechte.

Das gewonnene Brutmaterial wird durch die Fischereikommission an die geeigneten Zuchtanlagen zur Ausbrütung übergeben. Die erbrüteten Jungfische sind in der Regel im Gebiet des Kantons einzusetzen, in dem die Laichfische gefangen wurden.

Die Fischereikommission kann aus den Konkordatsgewässern gewonnene Fischeier auch an private Fischzuchtanlagen zur Ausbrütung und Aufzucht übergeben. Solche Anlagen können durch Verabreichung von Prämien unterstützt werden.

§ 18. Die Kantone treffen im Einvernehmen mit der Fischereikommission die nötigen Vorkehren zum Schutze der Schilf- und Binsenbestände gegen Rodung oder Auffüllung, der Fischlaich- und Fischfangplätze (Landgarnzüge) gegen Abbaggerung oder Verschüttung sowie zur Sicherung von Laich und Jungbrut vor Wasserverunreinigungen.

Die Besitzer von Enten und Gänsen sind anzuweisen, diese Tiere während den Laichzeiten der Fische in Gehegen zu halten.

IV. Rechnungswesen

§ 19. Die Entschädigung der von den Kantonsregierungen gewählten Mitglieder der Fischereikommission ist Sache der betreffenden Kantone.

Die Entschädigung des Sekretärs und allfällig zugezogener Sachverständiger sowie die Besoldung der Fischereiaufseher werden von der Fischereikommission festgesetzt.

§ 20. Diese Entschädigungen und Besoldungen sowie alle übrigen durch die Ausführung dieser Übereinkunft erwachsenden Auslagen werden von den beteiligten Kantonen in folgendem Verhältnis getragen:

Zürich 55%
St. Gallen 25%
Schwyz 15%
Glarus 5%
§ 21. Die im Laufe eines Jahres erforderlichen Zahlungen werden vorschussweise von der Staatskasse desjenigen Kantons geleistet, dem der Präsident der Kommission angehört. Am Schlusse eines Kalenderjahres werden die Kosten nach Abzug der Bundessubventionen auf die beteiligten Kantone verteilt.

V. Strafbestimmungen

§ 22. Übertretungen der Vorschriften dieser Übereinkunft oder der von der Fischereikommission erlassenen Ausführungsbestimmungen FN2 werden mit Busse von Fr. 10 bis Fr. 400 bestraft, soweit nicht die Strafbestimmungen des Bundesgesetzes über die Fischerei FN3 in Betracht kommen.

§ 23. Die Verzeigungen wegen Übertretung der Fischereivorschriften im Vertragsgebiet haben bei der zuständigen Behörde des Tatortes zu geschehen.

Die Strafbehörden setzen die Fischereikommission von der Erledigung der Strafanzeigen in Kenntnis.

§ 24. Wenn der Verurteilte seinen Wohnsitz nicht im Kanton des Tatortes sondern in einem anderen Vertragskanton hat, wird das Urteil von dem letzteren vollzogen.

Bei einem Entzug der Fischereiberechtigung durch gerichtliches Urteil im einen Kanton ist in den anderen Kantonen die Erteilung einer Fischereibewilligung ebenfalls zu verweigern.

VI. Ausführungs- und Übergangsbestimmungen

§ 25. Die Fischereikommission erlässt die erforderlichen Ausführungsbestimmungen FN2 zu dieser Übereinkunft.

§ 26. Diese Übereinkunft tritt nach Annahme durch die beteiligten Kantone und Genehmigung durch den Bundesrat FN5 am 1. Januar 1945 auf die Dauer von drei Jahren in Kraft. Sie gilt jeweilen für weitere drei Jahre, sofern sie nicht ein Jahr vor Ablauf der Vertragsdauer durch einen Kanton gekündigt wird.

Die Übereinkunft zwischen den Kantonen Zürich, Schwyz, Glarus und St. Gallen betreffend die Fischerei im Zürichsee, Linthkanal und Walensee vom 19. Juni 1936 wird auf diesen Zeitpunkt aufgehoben.

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FN1 OS 37, 386 und GS VII, 304.
FN2 923.721.
FN3 SR 923.0.
FN4 Heute gegenstandslos, materiell aufgehoben durch BG über die Fischerei vom 14. Dezember 1973 (SR 923.0) / B der Fischereikommission vom 23. August 1977.
FN5 Vom Bundesrat genehmigt am 27. Dezember 1944.
FN6 Vom Regierungsrat des Kantons Schwyz am 1. März 1944, von der Lands- gemeinde des Kantons Glarus am 7. Mai 1944, vom Grossen Rat des Kantons St. Gallen am 8. Mai 1944, vom Kantonsrat des Kantons Zürich am 18. Septem- ber 1944 genehmigt.