Einführungsgesetz
zum Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung
(vom 28.September 1947) FN1

A. Alters- und Hinterlassenenversicherung

I. Die kantonale Ausgleichskasse

Selbständige öffentliche Anstalt
§ 1. Die Ausgleichskasse des Kantons Zürich für die Alters- und Hinterlassenenversicherung ist eine selbständige öffentliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit.

Hauptsitz und Zweigstellen
§ 2. Die Ausgleichskasse besteht aus einem Hauptsitz in Zürich und Zweigstellen in den Gemeinden. Mit Zustimmung des Regierungsrates können zwei oder mehrere Gemeinden eine gemeinsame Zweigstelle unterhalten.

Für die im Dienste des Kantons stehenden Beamten, Angestellten und Arbeiter kann der Regierungsrat eine besondere Personalzweigstelle errichten. Die Errichtung weiterer Personalzweigstellen für das Personal grosser Gemeinden bleibt vorbehalten.

Die Organe
§ 3. Die Organe der Ausgleichskasse sind:

a) der Aufsichtsrat,

b) der Vorsteher,

c) die Zweigstellen,

d) die Revisionsstelle.

Der Aufsichtsrat
§ 4. Der Aufsichtsrat besteht aus sieben Mitgliedern, wovon fünf durch den Kantonsrat und zwei durch den Regierungsrat jeweils auf die Dauer von vier Jahren gewählt werden.

Der Aufsichtsrat ist das oberste Organ und für die Führung der Ausgleichskasse verantwortlich. Er erlässt das Reglement für die Ausgleichskasse, wählt die Revisionsstelle, den Vorsteher sowie die übrigen Beamten und Angestellten der Kasse. Der Aufsichtsrat kann diese Wahlbefugnis für untere Angestellte an den Vorsteher delegieren. Er setzt die Ansätze für die Verwaltungskostenbeiträge fest. Er schliesst mit den Gemeinden Verträge gemäss §§ 7 und 8 ab.

Der Aufsichtsrat unterbreitet seinen Geschäftsbericht an den Bundesrat dem Regierungsrat für sich und zuhanden des Kantonsrates zur Kenntnisnahme; er beauftragt ausserdem die Revisionsstelle, ihren Revisionsbericht dem Regierungsrat zuzustellen.

Die Verwaltungskosten
§ 5. Die Ausgleichskasse erhebt von den ihr angeschlossenen Arbeitgebern, Selbständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen nach Massgabe ihrer Leistungsfähigkeit sowie ihrer Beanspruchung der Kasse abgestufte Verwaltungskostenbeiträge, die so zu bemessen sind, dass sie zusammen mit den Verwaltungskostenzuschüssen gemäss Art. 69 Abs. 2 AHVG FN3 auf die Dauer zur Deckung der Kosten des Kassenhauptsitzes sowie der Vergütungen gemäss §§ 6 und 7 ausreichen.

Der Kanton ist nicht verpflichtet, allfällige Verwaltungskostendefizite zu decken; er haftet unter Vorbehalt von Art. 70 AHVG FN3 auch nicht für die Verbindlichkeiten der Ausgleichskasse.

Die Gemeindezweigstellen
§ 6. Die Gemeinden errichten Gemeindezweigstellen. Ihre Aufga-ben und Befugnisse werden durch Beschluss des Aufsichtsrates festgesetzt. Solche Beschlüsse unterliegen der Genehmigung des Regierungsrates.

An die Kosten der Errichtung und Führung von Gemeindezweigstellen richtet die Ausgleichskasse den Gemeinden Vergütungen aus.Diese bestehen aus einem verhältnismässigen Anteil an den Verwaltungskostenbeiträgen, die von den gemäss Art. 69 AHVG FN3 beitragspflichtigen Arbeitgebern, Selbständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen der Gemeinden aufgebracht werden. Der Aufsichtsrat setzt den verhältnismässigen Anteil sowie die Vergütung an jede Gemeinde fest. Diese Beschlüsse unterliegen der Genehmigung des Regierungsrates.

Besondere Verhältnisse bei Gemeindezweigstellen
§ 7. Durch Vertrag zwischen der Ausgleichskasse und den Gemeinden können einzelnen Gemeindezweigstellen Aufgaben übertragen werden, welche über den Bereich der den Gemeindezweigstellen gemäss § 6 zugewiesenen allgemeinen Funktionen hinausgehen. Hiefür werden den Gemeinden aus den Verwaltungskosteneinnahmen der Ausgleichskasse besondere Vergütungen ausgerichtet.

Die Ausgleichskasse kann auf Grund eines Vertrages mit der Stadt Zürich gegen Vergütung der Kosten Aufgaben übernehmen, die gemäss § 6 von der Gemeindezweigstelle zu erfüllen sind.

Solche Verträge unterliegen der Genehmigung des Regierungsrates.

Personalzweigstellen
§ 8. Die Aufgaben und Befugnisse der Personalzweigstelle des Staates werden durch Vertrag zwischen der kantonalen Ausgleichskasse und dem Regierungsrat festgesetzt.

Die Aufgaben und Befugnisse von Personalzweigstellen grosser Gemeinden werden durch Vertrag zwischen der kantonalen Ausgleichskasse und den beteiligten Gemeinden festgesetzt.

Rückgriffsrecht des Kantons
§ 9. Wird der Kanton vom Bunde für Schäden im Sinne von Art.70 AHVG FN3 haftbar gemacht, so steht ihm das Rückgriffsrecht zu, und zwar:

a) für Schäden, die von Kassenorganen oder einzelnen Funktionären verschuldet wurden, gegen diese Organe oder Funktionäre;

b) für Schäden, die von Gemeindefunktionären, welche mit der Führung von Zweigstellen betraut sind, verschuldet wurden oder die auf die Ernennung ungeeigneter Funktionäre oder auf eine von der Gemeinde im Rahmen ihrer Zuständigkeit getroffene mangelhafte Organisation der Zweigstelle zurückzuführen sind, gegen die in Frage stehende Gemeinde. Der in Anspruch genommenen Gemeinde steht das Rückgriffsrecht gegen die Gemeindefunktionäre zu, die den Schaden verschuldet haben.

Zur Deckung allfälliger Rückgriffsforderungen nach Abs. 1 hat das beim Kassenhauptsitz beschäftigte Personal auf seine Kosten genügende Sicherheit zu leisten.

II. Verschiedene Bestimmungen

Beitragserlass
§ 10. Der Gemeinderat der Wohnsitzgemeinde des Versicherten bezeichnet die Behörde, welche vor Erlass der Versicherungsbeiträge gemäss Art. 11 Abs. 2 AHVG FN3 anzuhören ist.

Die infolge Erlasses ausfallenden Versicherungsbeiträge sind durch die Wohnsitzgemeinde des Versicherten aufzubringen.

Rekurskommission
§ 11. Die zur erstinstanzlichen Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen der Ausgleichskassen zuständige kantonale Rekurskommission besteht aus fünf Mitgliedern und den nötigen Ersatzmitgliedern.

Die Kommissionsmitglieder sowie die Ersatzmitglieder werden vom Kantonsrat jeweils für eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt. Frauen sind wählbar.

Der Regierungsrat regelt das Rekursverfahren durch eine Verordnung FN2, die vom Kantonsrat zu genehmigen ist.

Mitwirkung des Staates und der Gemeinden
§ 12. Der Regierungsrat erlässt die erforderlichen Bestimmungen über die Mitwirkung von Organen des Staates und der Gemeinden beim Vollzug des Bundesgesetzes FN3.

III. Finanzierung

Grundsatz
§ 13. Der Beitrag des Kantons Zürich an die Alters- und Hinterlassenenversicherung gemäss Art. 103 ff. AHVG FN3 wird vom Staate getragen.

Kantonale Kostendeckung
§ 14.

B. Abänderung des Gesetzes über die Erbschafts- und

Schenkungssteuer

Änderungen
§ 15. Das Gesetz über die Erbschafts- und Schenkungssteuer vom 26. April 1936 wird in folgender Weise abgeändert: . . . FN5

Wirksamkeit
§ 16. Diese neuen Vorschriften finden Anwendung auf die nach dem 31. Dezember 1947 eintretenden Erbanfälle und die nach diesem Zeitpunkt vollzogenen Schenkungen.

Zusammenrechnen wiederholter Zuwendungen
§ 17. Der in § 9 Abs. 2 vorgesehenen Zusammenrechnung wiederholter Zuwendungen unterliegen alle seit dem 6. Mai 1936 vollzogenen Zuwendungen.

C. Schlussbestimmungen

Anpassung des Steuergesetzes
§ 18. Das Gesetz betreffend die direkten Steuern vom 25. November 1917 mit den seitherigen Abänderungen wird wie folgt ergänzt: . . . FN5

Inkrafttreten
§ 19. Abschnitt A Ziffern I und II dieses Gesetzes sowie die Erlasse im Sinne der Art. 61 und 85 AHVG FN3 unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Dieses Gesetz tritt nach Annahme durch die Stimmberechtigten und nach Genehmigung des Abschnittes A Ziffern I und II durch den Bundesrat FN4 am 1. Januar 1948 in Kraft. Die Bestimmungen organisatorischer Natur treten am Tage nach der amtlichen Veröffentlichung des kantonsrätlichen Erwahrungsbeschlusses in Kraft.

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FN1 OS 37, 805 und GS VI, 315.
FN2 831.11.
FN3 SR 831.10.
FN4 Abschnitt A Ziffern I und II vom Bundesrat genehmigt am 3.November 1947.
FN5 Text siehe OS 37, 812.