Vollziehungsverordnung
zum Gesetz über die Viehversicherung
und über die Leistungen des Staates
an die Bekämpfung von Tierseuchen
vom 2. Dezember 1973
(Kantonale Viehversicherungsverordnung)
(vom 19. Dezember 1973) FN1

Der Regierungsrat,

in Ausführung von § 53 des Gesetzes über die Viehversicherung und über die Leistungen des Staates an die Bekämpfung von Tierseuchen vom 2. Dezember 1973 FN5,

verordnet:

I. Organisation der Viehversicherung

Vollzugsorgane
§ 1. Der Vollzug des Gesetzes über die Viehversicherung sowie die Leistungen des Staates an die Bekämpfung von Tierseuchen FN5 ist Sache

1. des Regierungsrates;

2. der Volkswirtschaftsdirektion;

3. des kantonalen Veterinäramtes (Veterinäramt);

4. der Bezirksräte;

5. der Viehversicherungskassen.

Regierungsrat
§ 2. Dem Regierungsrat obliegt

1. die Oberaufsicht über den Vollzug;

2. die Festsetzung der für die einzelnen Tierkategorien geltenden Zuschläge oder Abzüge zur Grundprämie (§ 34 Abs. 1 des Gesetzes) FN5;

3. der Entscheid über die Verwendung der Mittel des Tierseuchenund Viehversicherungsfonds gemäss § 35 Abs. 1 lit. b des Gesetzes FN5.

Volkswirtschaftsdirektion
§ 3. Der Volkswirtschaftsdirektion obliegt

1. die Aufsicht über den Vollzug;

2. der Erlass von Musterstatuten;

3. die Genehmigung der Statuten der Kassen (§ 7 Abs. 2 des Gesetzes) FN5;

4. die Festsetzung der bei der Schätzung der Tiere zu beachtenden Höchstbeträge (§ 19 Abs. 3 des Gesetzes) FN5;

5. der Entscheid über Rekurse gegen Schätzungsentscheide des Vorstandes einer Kasse (§ 37 Abs. 3 des Gesetzes) FN5.

Veterinäramt
§ 4. Dem Veterinäramt obliegt, soweit nichts anderes bestimmt ist, die Leitung des Vollzuges des Gesetzes FN5 und der Verordnung, insbesondere

1. die rechnerische und formelle Prüfung der Jahresrechnungen der Kassen;

2. die Ausrichtung der Staats- und Bundesbeiträge.

Bezirksrat
§ 5. Der Bezirksrat hat bei seinen Schirmlade-Visitationen zu prüfen, ob die Rechnungsrevisoren die Kassenstürze vorgenommen haben, die ausgewiesenen Werttitel oder Depotbestätigungen vorhanden sind und die zwei letzten Jahresrechnungen im Gemeindearchiv aufbewahrt werden. Er bestimmt die Höhe der Amtskaution des Kassiers.

Viehversicherungskassen
§ 6. Den Kassen obliegt der Vollzug der Vorschriften über die Viehversicherung in ihrem Versicherungskreis.

§ 7.

Statuten
§ 8. Die bestehenden Viehversicherungskassen haben ihre Statuten dem Gesetz vom 2. Dezember 1973 FN5 anzupassen und dem Veterinäramt in drei Exemplaren bis 31. Dezember 1974 zur Genehmigung einzureichen.

Statutenänderungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung der Volkswirtschaftsdirektion.

Mitgliederersammlung
§ 9. Die Einladungen zu Mitgliederversammlungen sind im amtlichen Publikationsorgan derjenigen Gemeinde, auf deren Gebiet die Kasse tätig ist, zu veröffentlichen oder jedem einzelnen Mitglied schriftlich zuzustellen.

Die zu behandelnden Gegenstände sind in der Einladung aufzuführen.

Die Einladungen haben, unter Vorbehalt dringlicher Fälle, spätestens acht Tage vor der Mitgliederversammlung zu erfolgen.

Amtsdauer
§ 10. Die Amtsdauer des Vorstandes, der Schätzer und der Rechnungsrevisoren beträgt vier Jahre und fällt zusammen mit derjenigen der Gemeindebehörden.

Betriebsjahre
§ 11. Das Betriebsjahr der Viehversicherungskassen entspricht dem Kalenderjahr.

Rechnungs-führung; Amtsbürgschaft
§ 12. Die Kassen haben nach den Weisungen des Veterinäramtes ein Verzeichnis der versicherten Tiere, ein Kassen- und ein Protokollbuch zu führen sowie die Jahresrechnung zu erstellen.

Tritt der Kassier der zürcherischen Amtsbürgschaftsgenossenschaft bei, so ist die Prämie von der Kasse zu bezahlen. Die Stammeinlage an diese Genossenschaft und allfällige Barkautionen sind angemessen zu verzinsen.

Tierärztliche Zeugnisse
§ 13. Für die tierärztlichen Gutachten betreffend die Aufnahme eines Tieres in die Viehversicherung, die Abschlachtung und die Fleischschau sind besondere Formulare zu verwenden.

Der Vorstand einer Kasse kann über ein Aufnahme- oder Abschlachtungszeugnis beim kantonalen Veterinäramt unter Leistung eines angemessenen Kostenvorschusses die Durchführung einer Expertise verlangen. Für Rekurse gegen Entscheide des Fleischschauers gelten die Vorschriften über die Fleischschau FN3.

II. Aufnahme in die Viehversicherung

Zuständige Viehversicherung
§ 14. Die Tiere müssen an ihrem Standort in die Viehversicherung aufgenommen werden, auch wenn dieser nicht mit dem Wohnort des Tierhalters zusammenfällt. Ausgenommen davon sind die Fälle, welche gemäss § 6 Abs. 2 des Gesetzes FN5 geregelt werden.

Tierärztliche Untersuchung
§ 15. Die tierärztliche Untersuchung der zur Aufnahme bestimm-ten Tiere hat den Grundsätzen der klinischen Allgemeinuntersuchung zu entsprechen. Sie ist nötigenfalls durch Laboratoriumsuntersuchungen zu ergänzen. Nicht eindeutig gekennzeichnete Tiere im Alter von über sechs Monaten sind auf Kosten des Versicherungsnehmers auf Tuberkulose und Brucellose zu untersuchen. Beim Fehlen schriftlicher Unterlagen ist zur Altersbestimmung auf den Zahnwechsel abzustellen. Zweimal geschaufelte Tiere gelten als zweijährig.

Schätzung
§ 16. Die Versicherungsnehmer können zur Vornahme einer Selbsttaxation nach den Weisungen des Vorstandes verpflichtet werden.

Die Schätzer haben dem Versicherungsnehmer ihren Schätzungsentscheid mitzuteilen.

Pauschalversicherung
§ 17. Die Viehversicherungskassen können bei der Aufnahme von pauschal versichertem Mastvieh auf eine tierärztliche Untersuchung und eine Einschätzung verzichten. Sie können Pauschalprämien festsetzen, die sich auf einen durchschnittlichen Schätzungswert stützen.

Werden Mastkälber in Gruppen gehalten, so kann bei einer erheblichen Infektionsgefahr mit dem Einsetzen von Ohrmarken bis nach dem Absaugen zugewartet werden.

Die Versicherungsnehmer von pauschal versicherten Tieren sind verpflichtet, der Kasse unverzüglich zu melden, wenn die vereinbarte Stückzahl überschritten wird.

Massgebend für die Leistung einer Schadenvergütung für ein pauschal versichertes Stück Mastvieh ist die Schätzung im Schadenfall.

III. Leistungen der Kassen

Vorgehen bei Schadenfällen
§ 18. Ist ein versichertes Tier ernstlich erkrankt oder verunfallt, so hat der Versicherungsnehmer einen patentierten Tierarzt beizuziehen.

Der Vorstand bestimmt, gestützt auf das Abschlachtungszeugnis des Tierarztes, ob das Tier zu schlachten sei.

In dringlichen Fällen kann der Versicherungsnehmer die Schlachtung selber veranlassen, um dem Verenden des Tieres zuvorzukommen.

Umgestandene versicherte Tiere sind durch einen Tierarzt untersuchen zu lassen. Dieser hat über das Sektionsergebnis zuhanden des Viehversicherungsvorstandes einen Fleischschaubericht auszustellen.

Höhe der Schadenvergütung bei Schlachtvieh
§ 19. Wird ein freiwillig zur Schlachtung verkauftes, versichertes Tier nachträglich von der Viehversicherung gemäss § 23 Abs. 2 des Gesetzes FN5 übernommen, so dürfen die Schadenvergütung und der Verwertungserlös zusammen den für Bankwürdigkeit geltenden Schlachtpreis nicht übersteigen.

Werden vom Fleischschauer lediglich innere Organe beanstandet, so ist keine Schadenvergütung zu leisten.

Liegt der Erlös aus den verwertbaren Teilen über dem Schätzungswert, so ist der Mehrerlös dem Versicherungsnehmer auszuzahlen.

Verlassen des Viehversicherungskreises
§ 20. Ereignet sich bei veräusserten Tieren, die den Versicherungskreis verlassen oder an einen Händler verkauft werden, innert neun Tagen nach dem Ausscheiden aus dem Bestand ein versicherter Schaden, für den der Veräusserer haftet, so ist seine Versicherung entschädigungspflichtig.

Wechseln ganze Bestände den Versicherungskreis, so haftet die bisherige Kasse bis zum Monatsende. Tritt innerhalb dieser Frist ein versicherter Schaden ein, so erledigt die Kasse des neuen Standortes den Schadenfall für die Kasse des Herkunftsortes, der die Versicherungsprämien bezahlt wurden.

Abzüge
§ 21. Die Kasse kann von der Entschädigung ihre sämtlichen fälligen Prämienansprüche und übrigen Forderungen gegenüber dem Versicherungsnehmer in Abzug bringen, soweit dadurch die Rechte von Pfandgläubigern nicht verletzt werden.

Verpfändete Tiere
§ 22. Erlös und Schadenvergütung für verpfändete Tiere stehen bis zum Betrage der Pfändungssumme dem Pfandgläubiger zu.

Übernahmepflicht
§ 23. Eine Pflicht zur Übernahme versicherter Tiere durch die Kassen besteht insbesondere:

a) bei allen schnell verlaufenden inneren Krankheiten, die zum Tode des Tieres geführt haben oder solchen, die innert kurzer Frist den tödlichen Ausgang bewirken und zur Notschlachtung Anlass geben (zum Beispiel Lungenentzündung, Blähsucht, Blutvergiftung, Geburtshindernisse, schwere Krankheiten im Anschluss an das Abkalben, schwere Verdauungskrankheiten);

b) bei allen langsam verlaufenden inneren Krankheiten, die sich als unheilbar erweisen und bei denen eine zunehmende Verschlechterung des körperlichen Zustandes festzustellen und ein tödlicher Ausgang vorauszusehen ist (zum Beispiel Leber-, Nieren- und Blasenkrankheiten, hartnäckiger Durchfall, chronische Bauchfellentzündung oder Strahlenpilz);

c) bei allen Fällen äusserer und innerer unheilbarer Verletzungen nach Unfall;

d) bei langsam verlaufenden äusseren Krankheiten, die sich als unheilbar erweisen und eine zunehmende Verschlechterung des Ernährungszustandes bewirken, bei denen schliesslich ein tödlicher Ausgang möglich wäre (zum Beispiel chronische Gelenkkrankheiten oder schwere unheilbare Klauenleiden).

Ablehnungsgründe
§ 24. Bei Krankheiten und Verletzungen, die eine blosse Wertverminderung bewirken, jedoch keine Schlachtung des Tieres erfordern, darf die Kasse keine Entschädigung leisten. Als solche Fälle gelten insbesondere:

a) Euterkrankheiten, sofern nicht wegen der Gefahr einer Allgemeininfektion das Leben des Tieres bedroht ist;

b) Zuchtunfähigkeit, Kryptorchiden («Chibeber») sowie alle Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane, die nur Unfruchtbarkeit ohne schwere Erkrankung zur Folge haben wie Stiersucht, chronischer Scheiden- und Gebärmutterkatarrh oder chronischer Scheidenvorfall;

c) alle äusseren und inneren Krankheiten, die das Leben nicht gefährden und den Nährzustand nicht nachteilig beeinflussen (zum Beispiel Hornbrüche, Knochenauftreibungen, gutartige Geschwülste, leichtere Klauenleiden, Rachitis, Erblindung, Verwerfen ohne Störungen des Allgemeinbefindens, Steinfrüchte).

Finnenschäden und die Kosten
§ 25. Die Versicherungskassen übernehmen die Kosten des Einfrierens des Fleisches zum Abtöten von Rinderfinnen und leisten an den entstehenden Minderwert einen Beitrag von 80 Prozent.

Lebensrettende Operationen
§ 26. Die Viehversicherungskassen können Beiträge von höchstens 50 Prozent an die Kosten von Fremdkörper- und Kaiserschnittoperationen sowie der Totalembryotomie, nicht aber an diejenigen der Nachbehandlung, ausrichten.

IV. Finanzielles

Höhe der Prämien
§ 27. Die Prämie für Kühe hat zwischen 120 bis 150 Prozent der Grundprämie zu betragen. Für Rinder, die vor dem 1. Juli des Versicherungsjahres kalben, ist der ganze Jahresbeitrag für Kühe zu entrichten.

Die Prämie für Zuchtstiere entspricht bis zur Höchstschätzung von Kühen mit Zuchtwertzuschlag der Grundprämie. Für den darüberhinausgehenden Schätzungswert sind für die ersten Tausend Franken 4 Prozent, für die zweiten 5 Prozent und für die weiteren 6 Prozent an Prämien zu entrichten.

Die Kassen können die Prämie für pauschal versichertes Mastvieh im Alter bis zu 18 Monaten auf Dreiviertel der Grundprämie herabsetzen.

Die Prämienermässigung für schadenfreie Jahre darf 40 Prozent nicht übersteigen.

Für die Prämie massgebende Schätzung
§ 28. Bei jährlich dreimaliger Schätzung ist der Jahresbeitrag aufgrund des Durchschnitts der drei vorangehenden Schätzungen festzusetzen; werden jährlich weniger als drei Schätzungen vorgenommen, so ist das Ergebnis der letzten Schätzung massgebend.

Ersatz ausscheidender Tiere
§ 29. Scheiden einzelne Tiere ohne Beanspruchung der Versicherungskasse aus, so können sie im nämlichen Versicherungsjahr durch ebensoviele neue ersetzt werden. Für Ersatzstücke ist der Jahresbeitrag nur für einen allfälligen Mehrwert zu entrichten.

Teilprämien
§ 30. Wechselt ein ganzer Bestand den Versicherungskreis, so dürfen für die bis zum nächsten Monatsende dauernde Versicherung nur Teilprämien erhoben werden. Zuviel bezahlte Prämien sind zurückzuerstatten.

Jahresrechnung
§ 31. Die von der Mitgliederversammlung genehmigte Jahresrechnung ist dem Veterinäramt bis zum 1. April des folgenden Jahres im Doppel zur Prüfung einzureichen.

Stückbeiträge
§ 32. FN6 Die jährlichen Stückbeiträge des Staates betragen:

Fr. 2.30 für jede Kuh;

Fr. 1.20 für jedes weitere Tier der Rindergattung (Kalb, Rind, Stier, Ochs);

Fr. -.50 für jedes Stück Kleinvieh (Schwein, Ziege, Schaf).

Massgebend ist der Bestand an versicherten Tieren zu Beginn des Versicherungsjahres. Die zusätzlichen Stückbeiträge für die Versicherungsnehmer im Berggebiet gemäss eidgenössischem Viehwirtschaftskataster sind diesen weiterzuleiten oder an den Prämien abzuziehen.

Staatsbeiträge an die Schadenvergütungen
§ 33. Der Staat leistet den Kassen einen jährlichen Beitrag von 8% an die ausgerichteten Schadenvergütungen. FN7 Die Kassiere haben dem Veterinäramt je auf den 5. Januar, 5. April, 5. Juli und 5. Oktober einen Auszug aus der Verlustrechnung für jedes einzelne Tier zusammen mit dem Abschlachtungszeugnis und dem Fleischschaubericht einzusenden.

Staatsbeiträge
an Notschlachtlokale
§ 34. Die Gesuche um einen Staatsbeitrag an die Kosten der Erstellung, der Erweiterung oder des Umbaues von Notschlachtlokalen mit Kühlräumen sind vor Beginn der Bauarbeiten dem Veterinäramt einzureichen.

V. Schlussbestimmungen

Rechtsschutz und Beschwerden
§ 35. Soweit das Gesetz FN4 und die Verordnung keine Bestimmungen enthalten, gelten für Rechtsschutz und Beschwerdeverfahren die Vorschriften des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen vom 24. Mai 1959 FN2.

Inkrafttreten
§ 36. Diese Verordnung tritt nach der Veröffentlichung im Amtsblatt zusammen mit dem Gesetz über die Viehversicherung und über die Leistungen des Staates an die Bekämpfung von Tierseuchen vom 2. Dezember 1973 FN4 auf den 1. Januar 1974 in Kraft.

___________

FN1 OS 44, 990 und GS VII, 130.
FN2 175.2.
FN3 817.3.
FN4 910.20.
FN5 916.20.
FN6 Fassung gemäss RRB vom 10. März 1993 (OS 52, 408). In Kraft seit 1. Januar 1993.
FN7 Fassung gemäss RRB vom 1. Dezember 1993 (OS 52, 571). In Kraft seit 1. Januar 1995.