Verordnung
über die Gemeindearchive
(vom 21.April 1960) FN1 I. Allgemeine Bestimmungen

§ 1. Die Gemeindearchive stehen nach § 69 des Gesetzes über das Gemeindewesen vom 6. Juni 1926 FN2 unter der Oberaufsicht des Regierungsrates. Die Durchführung der Aufsicht über die Gemeindearchive wird dem Staatsarchiv übertragen.

Die Aufsichtsbefugnisse der Bezirksräte gemäss § 143 des Gemeindegesetzes FN2 bleiben vorbehalten.

§ 2. Als Gemeindearchiv gelten die Archive der politischen Gemeinden, der Schulgemeinden, der Armenpflegen, der staatlich anerkannten Kirchgemeinden und ihrer Pfarrämter, der Zivilgemeinden sowie der Zweckverbände im Sinne von § 7 des Gemeindegesetzes FN2.

§ 3. Das Staatsarchiv überwacht die Einrichtung und die Ordnung der Archive durch periodische Inspektionen. Es erstattet über seine Inspektionsbefunde Bericht an die Direktion des Innern, welche die notwendigen Verfügungen erlässt.

§ 4. Das Staatsarchiv erteilt den Gemeindebehörden über alle das Archivwesen betreffenden Fragen Rat und Auskunft.

Es stellt den Gemeindebehörden folgende Wegleitungen unentgeltlich zur Verfügung:

Merkblatt für das Archiv,

Arbeitsplan für das Neuordnen eines Gemeindearchivs,

Registraturpläne für die Einteilung der neueren Akten,

Musterbeispiele für Archivverzeichnisse,

Normalien für Archivräume, Archivgestelle und Verpackungsmaterial.

Das Staatsarchiv liefert den Gemeindebehörden zum Selbstkostenpreis Formulare für Archivverzeichnisse, Empfangsscheine und Ausleihekontrollen.

II. Organisation der Gemeindearchive

§ 5. Für die ordnungsgemässe Erhaltung und Nachführung des Gemeindearchivs ist die Gemeindevorsteherschaft verantwortlich.

Das Gemeindearchiv wird in der Regel vom Schreiber der Gemeindevorsteherschaft verwaltet. Die Gemeindevorsteherschaft kann die Verwaltung des Archivs einer anderen Person übertragen.

Wo sich mehrere Gemeindearchive in einem gemeinsamen Archivraum befinden, können sie nach Vereinbarung unter den beteiligten Gemeindevorsteherschaften gesamthaft verwaltet werden. Die einzelnen Gemeindevorsteherschaften bleiben für die Erhaltung und Nachführung ihrer Archive verantwortlich.

§ 6. Bei einem Wechsel des Archivverwalters ist bei der Amtsübergabe das Archiv an Hand des Verzeichnisses gründlich zu überprüfen.

§ 7. Werden Gemeinden vereinigt, so sind die Archive der bisherigen Gemeinden in sich geordnet in das Archiv der neuen Gemeinde überzuführen. Die Archivverzeichnisse der bisherigen Gemeinden sind von der neuen Gemeinde dauernd aufzubewahren. Für die neue Gemeinde ist in der Regel ein neues Archiv mit eigenem Verzeichnis anzulegen.

Bei Gemeindetrennungen wird für die abgetrennte Gemeinde ein neues Archiv mit eigenem Verzeichnis angelegt.

III. Verwaltung der Gemeindearchive

§ 8. Die Archive sind in trockenen, gut lüftbaren und feuersicheren Lokalen unterzubringen, die keinen anderen Zwecken dienen.

Kleine Archive können in trockenen, gut lüftbaren und feuersicheren Räumen, die auch anderweitig benützt werden, untergebracht werden, wenn die Archivalien in abgeschlossenen Schränken aufbewahrt werden. Solche Schränke müssen so konstruiert sein, dass die Luft ungehindert zirkulieren kann.

In jedem Archivraum ist das Merkblatt für das Archiv gut sichtbar anzuschlagen.

Vor der Einrichtung neuer Archivlokale ist ein Gutachten des Staatsarchivs einzuholen.

§ 9. Die Archivalien werden wie folgt eingeteilt:

I. Urkunden

A. Urkunden auf Pergament

B. Verträge auf Papier

II. Akten, nach Materien geordnet

A. Vor 1798

B. Nach 1798

III. Rechnungen

A. Vor 1798

B. Nach 1798

IV. Bände (Protokolle usw.)

A. Vor 1798

B. Nach 1798

V. Pläne und Grundrisse

VI. Drucksachen

Für Pfarrarchive lautet die Einteilung:

I. Akten

II. Bände

III. Drucksachen

§ 10. Für das Archiv jeder Gemeinde ist ein besonderes Archivverzeichnis nach Formular des Staatsarchivs zu führen.

Neue Archivverzeichnisse sind dem Staatsarchiv im Entwurf zur Genehmigung einzureichen. Von jedem neuen Archivverzeichnis ist ein Doppel dem Staatsarchiv zuzustellen.

Das Archivverzeichnis ist in der Kanzlei oder in der Wohnung des Archivverwalters aufzubewahren; ein weiteres Exemplar soll im Archivraum aufliegen.

§ 11. Neue Archivalien, welche nicht dauernd benützt werden, sind periodisch, mindestens aber alle vier Jahre, im Archiv einzureihen.

Gleichzeitig ist das Archivverzeichnis nachzuführen.

Werden Archivalien aus dem Archiv ausgeschieden, so ist der Grund und das Datum der Ausscheidung im Archivverzeichnis anzumerken.

§ 12. Die Direktion des Innern erlässt Weisungen über die Aufbewahrungsdauer der Archivalien, soweit hierüber nicht besondere Bestimmungen bestehen.

Archivalien dürfen nur im Rahmen dieser Weisungen oder mit besonderer Bewilligung der Direktion des Innern veräussert oder vernichtet werden.

§ 13. Die Ersetzung von Archivalien durch Mikrofilmau fnahmen oder ähnliche Kopien ist nur mit Bewilligung der Direktion des Innern zulässig.

IV. Benützung der Gemeindearchive

§ 14. An Behörden, Behördemitglieder und Beamte werden Archivalien gegen Empfangsschein ausgeliehen. Über alle Ausleihen ist eine besondere Kontrolle zu führen. An die Stelle der ausgeliehenen Stücke werden Fehlblätter gelegt, die den Namen des Empfängers und das Datum der Ausleihe enthalten.

§ 15. Privatpersonen dürfen zu wissenschaftlichen Zwecken Einsicht in Archivalien nehmen, die vor mehr als 40 Jahren entstanden sind; ausgenommen ist die Einsicht in Zivilstandsakten.

Die Gemeindevorsteherschaft kann Privatpersonen auf begründetes Gesuch die Bewilligung erteilen, in neuere Archivalien Einsicht zu nehmen. Für die Einsichtnahme in Zivilstandsakten bleibt die Bewilligung der Direktion des Innern vorbehalten.

Archivalien werden Privatpersonen in den Amtsräumen der Gemeinden oder, unter Vermittlung des Staatsarchivs, im Lesesaal des Staatsarchivs zur Verfügung gestellt. Die Ausleihe von Archivalien an Privatpersonen darf nur ausnahmsweise und gegen Empfangsschein erfolgen.

V. Schlussbestimmung

§ 16. Diese Verordnung tritt mit ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft. Auf diesen Zeitpunkt werden alle damit in Widerspruch stehenden Bestimmungen aufgehoben, insbesondere das Reglement für die Gemeindearchive vom 7. Mai 1887.

Für die Archive der evangelischen Pfarrämter bleiben die Bestimmungen der Kirchenordnung für die Evangelische Landeskirche des Kantons Zürich FN3 vorbehalten.

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FN1 OS 40, 801 und GS I, 95.
FN2 131.1.
FN3 181.12.