Verordnung
über die reformierte Spitalseelsorge
(vom 27.November 1991) FN1

I. Grundlagen

Geltungsbereich
§ 1. Diese Verordnung regelt im Rahmen der staatlichen Gesetzgebung (Kirchengesetz § 45 FN2/Verordnung über die kantonalen Krankenhäuser §§ 25 bis 27 FN4) die kirchlichen Belange der reformierten Spitalseelsorge an kantonalen Krankenhäusern.

In anderen öffentlichen und in privaten Krankenhäusern ist der Seelsorgedienst durch die örtliche Kirchgemeinde oder gemeinsam durch Kirchgemeinden des Einzugsgebietes (Vereinbarung oder Zweckverband gemäss KG § 14 FN2/KO Art. 42 FN3) sicherzustellen. Hierbei sind Organisation, Aufgaben und Aufsicht im einzelnen von den jeweils zuständigen kirchlichen Behörden unter Berücksichtigung von Kirchengesetz (§ 14, §§ 39 ff.) FN2 und Kirchenordnung (Art. 42, 67, 157 und 197) FN3 zu regeln. Vorbehalten bleibt das allgemeine Aufsichtsrecht des Kirchenrates (§ 34 Abs. 2 KG) FN2.

II. Die Spitalseelsorge

Aufgabe
§ 2. Die Spitalseelsorge bietet Patienten und Patientinnen reformierter Konfession namentlich folgende Dienste an:

a) Einzelseelsorge am Krankenbett oder in einem anderen dafür geeigneten Raum.

b) Andachten für die Patienten und Patientinnen einzelner Krankenzimmer oder Abteilungen bei Bedarf.

c) Spitalgottesdienste und Mitwirkung an besonderen Feiern im Krankenhaus.

d) Austeilung des Abendmahls im Rahmen von Gottesdiensten, auf Abteilungen und am Krankenbett.

e) In dringenden Fällen die Vornahme anderer kirchlicher Handlungen. Abdankungen sind grundsätzlich Sache der zuständigen Gemeindepfarrämter.

f) Bei Bedarf Erteilen von kirchlichem Unterricht in Kinderabteilungen an einzelne Jugendliche im Rahmen jeweiliger Möglichkeiten.

g) Unterricht an Krankenpflegeschulen und Mitwirkung in der spitalinternen Aus- und Fortbildung auf Einladung der zuständigen Organe.

Krankenbesuche und Gottesdienste haben regelmässig stattzufinden.

Auf Wunsch stehen die Spitalpfarrer und -pfarrerinnen auch dem gesamten Spitalpersonal in Fragen des Glaubens und der Seelsorge zur Verfügung.

Zur Gewährleistung ihres Dienstes benötigen die Spitalseelsorger und -seelsorgerinnen geeignete Räumlichkeiten für Gottesdienste, vertrauliche Gespräche und für die notwendigen administrativen Arbeiten. Entsprechende Wünsche an die staatlichen Stellen, insbesondere bei Um- und Neubauten, sind durch die Spitalpfarrämter nach mündlicher Rücksprache mit den spitalintern Verantwortlichen an den Kirchenrat zu richten. Dieser leitet sie mit seinem Antrag an die zuständige Instanz weiter.

Dienstbereich
§ 3. Es ist auf die besondere Situation von Patienten und Patientinnen Rücksicht zu nehmen. Zu diesem Zweck sollen die Seelsorger und Seelsorgerinnen nach Bedarf persönlich das Gespräch mit dem zuständigen Spitalpersonal oder in hiefür vorgesehenen Rapporten pflegen. Sie enthalten sich der Einmischung in medizinische Belange.

Schweigepflicht
§ 4. Der Wahrung der beruflichen Schweigepflicht im Interesse der Patienten und Patientinnen und ihrer Angehörigen ist besonderes Gewicht beizumessen. Allfällige Hilfspersonen im Sinne von Art. 122 der Kirchenordnung FN2 sind auf die Pflicht zur Verschwiegenheit ausdrücklich hinzuweisen.

Religiöser Friede
§ 5. Die Spitalseelsorger und -seelsorgerinnen stehen allen Patienten und Patientinnen zur Verfügung, die das Gespräch suchen. Indessen sind sie angewiesen, deren Willen zu achten und sich jeder Aufdringlichkeit zu enthalten. Bei schwerwiegenden Klagen über Störungen des religiösen Friedens sind die Ursachen vom Spitalpfarrkonvent in Verbindung mit der Kommission zu überprüfen und nötigenfalls dem Kirchenrat zu melden.

III. Die Seelsorger und Seelsorgerinnen

Spital- und Gemeindepfarramt
§ 6. Die Spitalseelsorge obliegt in erster Linie den vom Regierungsrat nach Anhören des Kirchenrates gewählten Spitalseelsorgern und-seelsorgerinnen sowie den ihnen vom Kirchenrat gemäss § 51 Abs. 2 KG FN2 und sonst teilzeitlich zur Unterstützung zugeteilten Pfarrern und Pfarrerinnen.

Alle Gemeindepfarrer und -pfarrerinnen sollen ihre Gemeindeglieder im Spital besuchen können.

Sie haben jedoch bei der Wahl des Zeitpunktes und in Ausübung ihrer Seelsorge auf den Spitalbetrieb einschliesslich der Tätigkeit der Spitalpfarrer und -pfarrerinnen Rücksicht zu nehmen.

Berufliche Gleichstellung, Funktion des ersten Pfarrers, der ersten Pfarrerin
§ 7. Für die administrative Stellung, vor allem auch für die Stellvertretung, gilt für alle vollamtlichen Spitalpfarrer und -pfarrerinnen die kantonale Beamtenverordnung. Die Stellvertretung ist demnach grundsätzlich kollegial zu regeln. Im Falle von Ferien, Krankheit, Militärdienst, Mutterschaft oder besonders bewilligtem Urlaub kann der Kirchenrat weitere Pfarrer oder Pfarrerinnen vertretungsweise einsetzen.

Im Universitätsspital Zürich und im Kantonsspital Winterthur bezeichnet die Wahlbehörde im Einvernehmen mit dem Kirchenrat einen ersten Pfarrer oder eine erste Pfarrerin. Ihm bzw. ihr kommt der Vorsitz im Spitalpfarrkonvent, dessen Vertretung im Verkehr mit den Behörden und die Verantwortung für die Koordination der Seelsorge innerhalb des Spitalbetriebs und im Verhältnis zwischen Spital- und Gemeindepfarramt zu. In den anderen Krankenhäusern erfolgen die Arbeitsverteilung und die Koordination der Dienste in kollegialer Absprache.

In der Ausübung ihrer Tätigkeit sind die Spitalpfarrer und-pfarrerinnen einander im übrigen gleichgestellt, soweit nicht der teilzeitliche Einsatz die Übernahme gewisser Aufgaben ausschliesst oder erschwert.

Ausbildung und Fortbildung
§ 8. Der Kirchenrat fördert in Zusammenarbeit mit den Spitalpfarrämtern die zusätzliche Ausbildung und die Fortbildung von Pfarrern und Pfarrerinnen für die Spitalseelsorge in Form von besonderen Kursangeboten und Tagungen.

Pfarrkonvent
§ 9. Die gewählten Spitalpfarrer und -pfarrerinnen eines Krankenhauses und die ihnen vom Kirchenrat Zugeteilten mit teilzeitlichem Auftrag bilden den Pfarrkonvent. Er tritt auf Einladung seines Präsidenten bzw. seiner Präsidentin regelmässig zusammen.

Vor Neuwahlen an freien vollamtlichen Spitalpfarrstellen hört der Kirchenrat die hauptamtlich tätigen Spitalseelsorger und -seelsorgerinnen an, bevor er der zuständigen Direktion zuhanden des Regierungsrates einen Vorschlag unterbreitet.

Patientenmeldung an Gemeindepfarrämter
§ 10. Der Spitalpfarrkonvent organisiert im Rahmen der Möglichkeiten und unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsschutzes die Meldung des Aufenthaltes reformierter Patienten und Patientinnen an die Gemeindepfarrer und -pfarrerinnen.

Zusammenarbeit
§ 11. Der Pfarrkonvent sorgt für eine förderliche Zusammenarbeit mit den Spitalseelsorgern und -seelsorgerinnen anderer Konfessionen sowie mit Ärzteschaft, Pflegepersonal und dem Sozialdienst.

IV. Kommissionen

Kirchenrätliche Kommission
§ 12. Der Kirchenrat bestellt eine Kommission für Spitalseelsorge. Den Vorsitz führt ein Mitglied des Kirchenrates. Bei der Zusammensetzung ist darauf zu achten, dass die an einer umfassenden Betreuung im Krankenhaus wesentlich beteiligten Berufsgruppen unter gleichzeitiger Berücksichtigung regionaler Gesichtspunkte in der Kommission angemessen vertreten sind.

Aufgaben
§ 13. Die Kommission sorgt für eine sinnvolle Koordination in der gesamten Spitalseelsorge. Insbesondere unterstützt sie die Spitalpfarrer und -pfarrerinnen in ihrem Dienst, fördert die Zusammenarbeit unter der Pfarrerschaft wie auch die der Pfarrerschaft mit Ärzteschaft, Pflegepersonal, Sozialdienst usw.; sie vermittelt bei Konflikten und berät über Möglichkeiten einer Patientenmitsprache; nötigenfalls setzt sie sich für entsprechende Ausbildungsmöglichkeiten, personellen Ausbau und Finanzen ein.

In diesem Sinne stehen ihr zu:

1. Begutachtung aller Kirchenratsgeschäfte betreffend Spitalseelsorge.

2. Vorbereitung von Anträgen an den Kirchenrat


3. Wahlvorschläge für kantonale Spitalpfarrer und -pfarrerinnen.

4. Unterstützung der kantonalen Spitalseelsorger und -seelsorgerinnen in ihrem Dienst.

5. Aufsicht über die kantonalen Spitalpfarrer und -pfarrerinnen.

6. Beratung allgemeiner Probleme reformierter Spitalseelsorge.

7. Entsprechende Verbindung zu den verantwortlichen Organen städtischer und regionaler reformierter Spitalseelsorge.

8. Fortbildung der Spitalseelsorger und -seelsorgerinnen in ihrem besonderen Fachgebiet, womöglich interkonfessionell und interdisziplinär.

9. Einberufung und Durchführung von Konferenzen aller reformierten Spitalpfarrer und -pfarrerinnen.

10. Wahlvorschläge für die reformierten Vertreter und Vertreterinnen in eine kantonale interkonfessionelle Spitalseelsorgekommission.

Arbeitsweise
§ 14. Die Kommission kann aus ihrer Mitte Referenten und Referentinnen für die reformierte Seelsorge an einzelnen kantonalen Krankenhäusern und Vertragskliniken sowie für Verbindungen zu städtischen und regionalen Spital- oder besonderen zürcherischen Heilstättenpfarrämtern bezeichnen. Sie kann im Einvernehmen mit dem Kirchenrat für bestimmte Fragen Sachverständige beiziehen, Ausschüsse bilden oder dem Kirchenrat Subkommissionen beantragen.

Eine Vertretung der Spitalseelsorger und -seelsorgerinnen nimmt an den Sitzungen mit beratender Stimme und Antragsrecht teil. Der Kirchenrat bezeichnet die entsprechenden Pfarrer und Pfarrerinnen auf Vorschlag der Spitalseelsorger und -seelsorgerinnen.

Beteiligung an gemischten Kommissionen
§ 15. Der Kirchenrat unterstützt die Bildung einer interkonfessionellen Kommission für Spitalseelsorge. Zusammensetzung und Aufgaben, z. B. Organisation von Spitalseelsorgertagungen, bleiben besondern Vereinbarungen vorbehalten.

Eine allfällige Vertretung reformierter Spitalseelsorger und-seelsorgerinnen in spitalinternen gemischten Kommissionen wird im Einvernehmen zwischen dem Spitalpfarrkonvent, der Kommission und der Spitalverwaltung bezeichnet.

V. Schlussbestimmungen

Rechtsweg
§ 16. Anregungen und Beschwerden organisatorischen Inhalts sind an die Spitalverwaltung bzw. an die Gesundheitsdirektion zu richten. Der Kirchenrat ist durch Kopie zu orientieren. Soweit es sich um Gegenstände kirchlicher Natur handelt, gehen sie an den Kirchenrat.

Gegen Entscheide des Kirchenrates steht der Rekurs an die landeskirchliche Rekurskommission offen, soweit nicht das Verwaltungsgericht zuständig ist (KG § 49) FN2.

Inkrafttreten
§ 17. Diese Verordnung ist vom Kirchenrat, gestützt auf Art. 193 der Kirchenordnung vom 2. Juli 1967 FN3, am 27. November 1991 erlassen. Sie tritt sofort in Kraft und ersetzt die Verordnung vom 2. Oktober 1974.

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FN1 OS 51, 894.
FN2 181.11.
FN3 181.12.
FN4 813.11.