Verordnung
über den Hochwasserschutz und die Wasserbaupolizei
(vom 14.Oktober 1992) FN1

I. Öffentliche Oberflächengewässer

Bezeichnung
§ 1. Die Baudirektion bezeichnet die öffentlichen Oberflächengewässer. Sie führt darüber gemeindeweise ein Verzeichnis und einen Übersichtsplan, welche von jedermann eingesehen werden können. Den Gemeinden werden die Unterlagen zur Verfügung gestellt.

Vermessungstechnische und grundbuchliche Behandlung
§ 2. Öffentliche Oberflächengewässer werden in der Regel als eigene Parzellen ausgeschieden. Auf die Ausscheidung einer Gewässerparzelle kann verzichtet werden, wenn sie bezüglich Wasserführung oder in ökologischer oder landschaftlicher Hinsicht unbedeutend sind (Servitutsgewässer).

Öffentliche Oberflächengewässer, an welchen Hochwasserschutz- oder Wiederbelebungsmassnahmen vorgenommen worden oder geplant sind, werden in der Regel vermarkt. Dabei werden insbesondere die Bedürfnisse der Zugänglichkeit für den Unterhalt berücksichtigt.

Gesamtkonzept
§ 3. Im Gesamtkonzept werden die zur Erreichung der Schutzziele erforderlichen Hochwasserschutz- und Sanierungsmassnahmen räumlich und nach Dringlichkeit dargestellt.

Fachgerechte Projekte
§ 4. Projekte für bauliche Veränderungen von öffentlichen Oberflächengewässern, die bezüglich Wasserführung, in ökologischer oder landschaftlicher Hinsicht bedeutend sind, werden von Fachleuten der im Einzelfall berührten Sachbereiche ausgearbeitet und begleitet.

II. Wasserbaupolizei

Wasserbaupolizeiliche Bewilligung
§ 5. Eine wasserbaupolizeiliche Bewilligung ist für bauliche Veränderungen von Oberflächengewässern und im Abstandsbereich öffentlicher Oberflächengewässer erforderlich, wie für:

a) bauliche Massnahmen für den Gewässerunterhalt;

b) Gewässerausbauten und Wiederbelebungsmassnahmen;

c) Ein- und Ausdolungen;

d) Meteorwasser-Einleitungen;

e) Gewässerverlegungen;

f) Bauten und Anlagen;

g) Geländeveränderungen.

Für Bauten und Anlagen, die nicht dem Wasserbau oder der Entwässerung dienen, ist eine Ausnahmebewilligung erforderlich. Die Konzession oder die wasserbaupolizeiliche Bewilligung schliesst die Ausnahmebewilligung ein.

Keiner wasserbaupolizeilichen Bewilligung oder Konzession bedürfen:

a) ordentliche Unterhaltsmassnahmen, wie Durchforsten des Ufergehölzes, Mähen von Böschungen, Entkrautungen, Erneuerung von Ufer- und Sohlensicherungen, Entnahme von Ablagerungen;

b) kleine und unbedeutende bauliche Sanierungen des Gewässers;

c) Meteorwasser-Einleitungsrohre bis 200 mm Durchmesser;

d) Geländeveränderungen, die nicht im Zusammenhang mit anderen bewilligungspflichtigen Bauten und Anlagen stehen, die die Ufervegetation nicht tangieren und die überdies 1,0 m Höhe und 100 m2 Fläche nicht überschreiten;

e) Leitungen mit einem Durchmesser bis 200 mm, die das Gewässer auf einer Länge von weniger als 10 m unterirdisch kreuzen;

f) Leitungen, die an Brücken befestigt werden, sofern sie das Durchflussprofil nicht verkleinern;

g) Freileitungen, die in einer Höhe von wenigstens 5 m über das Gewässer führen.

Die Befreiung von der Bewilligungspflicht entbindet nicht von der Pflicht, die materiellen Wasserwirtschafts-Vorschriften einzuhalten und die Zustimmung des Grundeigentümers einzuholen. Bauliche Massnahmen im Gewässer, welche keiner wasserbaupolizeilichen Bewilligung bedürfen, sind im Einvernehmen mit der Finanzdirektion durchzuführen.

Projektgenehmigung
§ 6. Projekte des Staates für den Ausbau, die Verlegung oder andere bauliche Veränderungen von Oberflächengewässern werden entsprechend der Kompetenzen für die Verwendung rechtskräftig bewilligter Kredite durch den Regierungsrat oder die Baudirektion genehmigt.

Projekte der Gemeinden bedürfen der Genehmigung durch die Baudirektion.

Anmerkungen
§ 7. Wasserbaupolizeiliche Bewilligungen mit längerer zeitlicher Wirkung werden samt Nebenbestimmungen im Grundbuch angemerkt. Die Anmerkung kann auch für Eigentumsbeschränkungen angeordnet werden, deren Umfang und Tragweite sich unmittelbar aus den gesetzlichen Vorschriften ergeben.

Publikation
§ 8. Wasserbaupolizeiliche Bewilligungen und Projektgenehmigungen werden durch das Amt für Gewässerschutz und Wasserbau im kantonalen Amtsblatt in Kurzform und mit Rechtsmittelbelehrung veröffentlicht.

Gefahrenbereiche
§ 9. Die Gemeinden beschränken in Gefahrenbereichen die Gefährdung von Bauten und Anlagen durch häufige oder stark schädigende Hochwasser, vor allem mit planungsrechtlichen Festlegungen, wie Um- oder Auszonungen, Gewässerabstandslinien, Gestaltungsplänen und Niveaulinien. Sie ordnen im Einzelfall zur Vermeidung von Schäden an Bauten und Anlagen die erforderlichen Beschränkungen der baulichen Nutzung und bauliche Massnahmen an.

Massnahmen nach Abs. 1 werden aufgehoben, wenn die Hochwassersicherheit im Sinne von § 12 des Gesetzes hergestellt ist.

Staat und Gemeinden fördern, insbesondere durch Beratung, weitergehende freiwillige Massnahmen privater Eigentümer von Bauten und Anlagen.

III. Kostentragung

Grundsatz
§ 10. Kostenträger einer Hochwasserschutzmassnahme im Sinne von § 13 Abs. 2 des Gesetzes ist grundsätzlich die Gemeinde, auf deren Gebiet die Anlage oder Teile derselben sich befinden. Wenn besondere Verhältnisse es rechtfertigen, können unter Gemeinden abweichende Vereinbarungen getroffen werden.

Rückgriff
§ 11. Kostenpflichtige Gemeinden können auf jene Gemeinden Rückgriff nehmen, die wegen der Hochwasserschutzmassnahmen Kosten für eigene Anlagen einsparen.

Der Rückgriffsbetrag wird nach den anhand vergleichender Studien ermittelten Kosten festgelegt, die die begünstigte Gemeinde für eigene Schutzmassnahmen aufzuwenden hätte, sowie nach dem Schutzinteresse.

Beiträge Dritter
§ 12. Die Gemeinden sind berechtigt, die ihr nach Abzug von Staats- und allfälligen Bundesbeiträgen verbleibenden Kosten bis höchstens 3/5 auf interessierte Grundeigentümer, Wasserwerksbesitzer und andere Beteiligte zu verlegen.

Kostenbeiträge Dritter
§ 13. Verlegt die Gemeinde einen Teil ihrer Kosten auf interessierte Grundeigentümer und Wasserwerksbesitzer, stellt sie hierfür einen Verteilplan auf.

Auf Grundstücke des staatlichen Verwaltungsvermögens können keine Beiträge verlegt werden, sofern an die Wasserbaumassnahmen Staatsbeiträge ausgerichtet werden.

IV. Staatsbeiträge

Beitragsansätze
§ 14. Nach Abzug allfälliger Rückgriffsbeträge werden die Kostenanteile an die verbleibenden Kosten der Massnahmen für den Hochwasserschutz einschliesslich Ausdolungen sowie für die Wiederbelebung von Gewässern wie folgt ermittelt:


Finanzkraftindex: Kostenanteil in %:
bis 103 50
104-105 35
106-107 25
108-109 15
110 und mehr 10

Bei besonders kostspieligen Aufgaben der Gemeinde im Bereich des Hochwasserschutzes kann zusätzlich eine Subvention gewährt werden.

Gewässerabstand
§ 15. Für die Festlegung des Abstandes von ober- und unterirdischen Bauten und Anlagen gegenüber öffentlichen Gewässern ist die Gewässerdefinition nach § 3 des Gesetzes massgebend.

Die Gemeinden legen das Gewässergebiet nach den Richtlinien der Baudirektion im Einzelfall oder gebietsweise fest.

Gesuche für Bauten und Anlagen auf Grundstücken, welche an Gewässer anstossen, sind vor der Erteilung der baurechtlichen Bewilligung dem Amt für Gewässerschutz und Wasserbau zu melden.

V. Schlussbestimmung

Inkrafttreten
§ 16. Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1993 in Kraft.

Auf den gleichen Zeitpunkt werden die Verordnung über die Verlegung der Kosten der Korrektion und des Unterhalts von Gewässern auf Staat, Gemeinden und übrige Beteiligte (Kostenverleger-Verordnung) vom 18. Januar 1971 und die Verordnung über den Nachrichtendienst und die Hilfeleistung bei eintretendem Hochwasser (Wasserwehrverordnung) vom 8. Mai 1907 aufgehoben.

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FN1 OS 52, 260.