Einführungsverordnung zum Gleichstellungsgesetz

(vom 11. September 1996) FN1

I. Schlichtungsstelle

Zuständigkeit
§ 1. Als Schlichtungsstelle im Sinne von Art. 11 des Gleichstellungsgesetzes FN5 wird die Paritätische Schlichtungsstelle für Streitigkeiten über Diskriminierungen im Erwerbsleben eingesetzt.

Die Schlichtungsstelle ist zuständig für Diskriminierungsstreitigkeiten aus

a) privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen, wenn im Kanton ein Gerichtsstand gegeben ist;

b) öffentlichrechtlichen Arbeitsverhältnissen der staatlichen Zentral- und Bezirksverwaltung.

Obergericht, Verwaltungsgericht, Kassationsgericht und Sozialversicherungsgericht, die kirchliche Zentralverwaltung sowie die Gemeinden können ihrem Personal die Anrufung der Schlichtungsstelle ermöglichen.

Aufgaben
§ 2. Die Schlichtungsstelle berät die Parteien und versucht, eine Einigung herbeizuführen.

II. Organisation

Zusammensetzung, Amtsdauer
§ 3. Die Schlichtungsstelle setzt sich zusammen aus der oder dem Vorsitzenden, der Stellvertretung und weiteren 16 Mitgliedern, und zwar gleich vielen Vertreterinnen und Vertretern der privaten oder öffentlichen Arbeitgeber und der Organisationen, die die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wahren.

Der oder dem Vorsitzenden obliegt die Geschäftsführung der Schlichtungsstelle.

Der Regierungsrat wählt die Mitglieder der Schlichtungsstelle auf Amtsdauer. Die privaten und öffentlichen Arbeitgeber sowie die Organisationen unterbreiten dem Regierungsrat Wahlvorschläge. Sie achten dabei auf eine gleichmässige Vertretung von Frauen und Männern.

Aufsicht
§ 4. Die Schlichtungsstelle untersteht der administrativen Aufsicht der vom Regierungsrat bezeichneten zuständigen Direktion FN6. Die Schlichtungsstelle erstattet ihr jährlich Bericht über ihre Tätigkeit.

Personal
§ 5. Die zuständige Direktion FN6 stellt der Schlichtungsstelle das nötige Personal zur Verfügung.

Besetzung
§ 6. Die Schlichtungsstelle wird für jede Verhandlung mit der oder dem Vorsitzenden oder der Stellvertretung sowie je einem Mitglied aus Kreisen der Arbeitgeber und der Organisationen, die die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wahren, besetzt. Beide Geschlechter sind vertreten. Bei der Besetzung ist der rechtlichen Natur des Arbeitsverhältnisses Rechnung zu tragen.

Entschädigung
§ 7. Die Mitglieder der Schlichtungsstelle haben Anspruch auf Sitzungsgeld.

Für die Vorsitzende oder den Vorsitzenden und für die Stellvertretung gelten die Ansätze für Ersatzmitglieder der Bezirksgerichte FN3. Für die Beanspruchung ausserhalb von Sitzungen werden nach Massgabe der geleisteten Arbeit zusätzlich ganze oder halbe Taggelder ausgerichtet.

Für die weiteren Mitglieder gelten die Ansätze für Arbeitsrichterinnen und Arbeitsrichter FN3.

III. Verfahren

Freiwilligkeit
§ 8. Das Schlichtungsverfahren ist für die Parteien freiwillig.

Einleitung
§ 9. Das Begehren um Durchführung des Schlichtungsverfahrens kann bei der Schlichtungsstelle mündlich oder schriftlich angebracht werden.

Bei öffentlichrechtlichen Arbeitsverhältnissen ist das Begehren spätestens innerhalb der Rechtsmittelfrist gegen die erstinstanzliche Verfügung anzubringen. Die Anrufung der Schlichtungsstelle unterbricht die Rechtsmittelfrist nicht. Zur Wahrung der Rechtsmittelfrist ist das Rechtsmittel bei der zuständigen Behörde anzumelden, welche bei Nichteinigung im Schlichtungsverfahren Frist ansetzt, um die Rechtsmittelanträge zu stellen und diese zu begründen.

Verhandlung
a) Mündlichkeit
§ 10. Die Verhandlungen sind mündlich. Die Parteien haben dazu persönlich zu erscheinen, wobei ein Beistand zugezogen werden darf.

Zur Vorbereitung der Schlichtungsverhandlung kann ein Schriftenwechsel angeordnet werden.

b) Durchführung
§ 11. Die Parteien erhalten Gelegenheit, ihren Standpunkt zu begründen.

Sachverhaltsfeststellung, Beweismittel
§ 12. Die Schlichtungsstelle würdigt die eingereichten Urkunden und kann die Parteien und die von diesen bezeichneten Personen formlos befragen, schriftliche Auskünfte einholen und einen Augenschein durchführen. Weitere Beweismittel sind nicht zulässig.

Die Parteien sollen die für die Behandlung des Streitfalles notwendigen Unterlagen vorlegen.

d) Protokoll
§ 13. Über die Verhandlung wird ein Kurzprotokoll geführt, das mindestens über folgende Tatsachen Aufschluss gibt:

- Datum der Schlichtungsverhandlung

- Besetzung der Schlichtungsstelle

- Datum des Begehrens um Durchführung des Schlichtungsverfahrens

- Parteien

- Anträge der Parteien und deren Begründung

- Ergebnis der Verhandlung

Das Protokoll wird von der oder dem Vorsitzenden oder einer Hilfsperson gemäss § 142 Abs. 3 GVG FN2 geführt.

Abschluss des Verfahrens
a) Einigung
§ 14. Bei privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen gilt die Einigung als gerichtlicher Vergleich.

Bei öffentlichrechtlichen Arbeitsverhältnissen erlässt die Behörde, soweit notwendig, eine entsprechende Verfügung.

b) Nichteinigung
§ 15. Kommt keine Einigung zustande, stellt dies die Schlichtungsstelle fest.

Bei privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen kommt dem Rückzug des Begehrens um Durchführung des Schlichtungsverfahrens keine materielle Rechtskraft zu.

c) ohne Verhandlung
§ 16. Bleibt die klagende oder die beklagte Partei der Schlichtungsverhandlung ohne genügende Entschuldigung fern, stellt die Schlichtungsstelle die Nichteinigung fest.

d) Mitteilung
§ 17. Das Ergebnis der Verhandlung wird den Parteien und im Falle eines hängigen Rechtsmittelsverfahrens der Rechtsmittelinstanz unverzüglich schriftlich mitgeteilt. Es wird auf § 20, auf allfällige Verwirkungsfristen und Rechtsmittel hingewiesen.

Gerichtsferien
§ 18. In den Gerichtsferien können Verhandlungen stattfinden; Fristen stehen nicht still.

Rechtsmittel
§ 19. Das Bezirksgericht beurteilt Nichtigkeitsbeschwerden gegen Erledigungen des Schlichtungsverfahrens betreffend privatrechtliche Arbeitsverhältnisse.

Klageeinleitung
§ 20. Sofern bei privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen die Klage innerhalb von drei Monaten seit Abschluss des Schlichtungsverfahrens eingereicht wird, ersetzt das Schlichtungsverfahren das Sühnverfahren vor dem Friedensrichter.

Ergänzende Bestimmungen
§ 21. Im übrigen gelten für das Verfahren die Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes FN2 und der Zivilprozessordnung FN4 sinngemäss.

IV. Schlussbestimmungen

Inkrafttreten
§ 22. Diese Verordnung tritt rückwirkend auf den 1. Juli 1996 in Kraft. Sie fällt mit dem Inkrafttreten des Einführungsgesetzes zum Gleichstellungsgesetz dahin.

__________
FN1 OS 53, 415.
FN2 211.1.
FN3 211.21.
FN4 271.
FN5 SR 151.
FN6 Direktion der Justiz.