Verordnung
über die erkennungsdienstliche Behandlung von
Personen
(vom 22.Dezember 1960) FN1

Der Regierungsrat,

gestützt auf § 23 Abs. 1 der Strafprozessordnung FN2,

verordnet:
Grundsatz
§ 1. Die Kriminalpolizei des Kantons und der Gemeinden ist im Rahmen der nachfolgenden Vorschriften zur Anordnung und Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung von Personen berechtigt.

Begriff der erkennungsdienstlichen Behandlung
§ 2. Die erkennungsdienstliche Behandlung von Personen umfasst folgende Massnahmen:

a) Erstellen von Lichtbildern;

b) Aufnahme des Signalementes;

c) Abnahme daktyloskopischer Abdrücke;

d) Abnahme von Schriftproben (unter Vorbehalt von § 117 StPO) FN2;

e) Feststellung und Sicherung anderweitiger Spuren oder Befunde am Körper oder an Kleidern, soweit dies nicht Sache des Arztes ist.

Welche dieser Massnahmen im Einzelfall erforderlich sind, bestimmt die Polizei nach pflichtgemässem Ermessen, sofern ihr nicht ein Untersuchungsbeamter oder Richter bestimmte Weisungen erteilt.

Erfasster Personenkreis
§ 3. Unter Vorbehalt der in den §§ 4-7 genannten Einschränkungen sind erkennungsdienstlich zu behandeln:

a) Personen, die in einem Strafverfahren beschuldigt und verhaftet worden sind, sowie administrativ festgenommene Personen, welche mit einem Arrestationsrapport der zuständigen Amtsstelle zugeführt werden;

b) nichtverhaftete, in einem Strafverfahren beschuldigte Personen, soweit dies im Einzelfall zur Erforschung strafbarer Handlungen nötig ist;

c) andere Personen zur Tatbestandsabklärung in einem Strafverfahren, sofern sie die erkennungsdienstliche Behandlung nicht ablehnen;

d) alle gerichtlich oder administrativ aus dem Gebiet der Schweiz aus anderen als armenrechtlichen Gründen ausgewiesenen und die mit Einreisesperre belegten Personen;

e) tote Personen zur Identifizierung oder sofern wegen eines aussergewöhnlichen Todesfalles eine Untersuchung durchzuführen ist;

f) auf eigenes Begehren Personen, die Unterlagen für die Beschaffung von Ausweispapieren usw. benötigen oder sich vorsorglich der erkennungsdienstlichen Behandlung unterziehen wollen.

Kinder, Jugendliche, Personen über 75 Jahre
§ 4. Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren sowie Personen über 75 Jahren dürfen nur erkennungsdienstlich behandelt werden, wenn die Erforschung strafbarer Handlungen es dringend erfordert.

Personen, die zur heimatlichen Versorgung kommen
§ 5. Personen, deren heimatliche Versorgung angeordnet ist und die zur polizeilichen Ausschaffung oder Heimschaffung kommen, dürfen nur erkennungsdienstlich behandelt werden, wenn sie mindestens wegen einer schweren Übertretung vorbestraft sind.

Kranke, verunfallte oder gebrechliche Personen
§ 6. Gegenüber kranken, verunfallten oder gebrechlichen Personen ist bei der Anordnung und Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung auf den Gesundheitszustand Rücksicht zu nehmen.

Härtefälle
§ 7. Würde die Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung in einem offensichtlichen Missverhältnis zu dem zu erreichenden Zwecke stehen oder eine besondere Härte bedeuten, ist darauf zu verzichten.

Vernichtung des erkennungsdienstlichen Materials
§ 8. Ergibt sich nachträglich, dass die rechtlichen Voraussetzungen zur erkennungsdienstlichen Behandlung fehlen oder dass kein hinlänglicher Grund für die Registrierung des erkennungsdienstlichen Materials vorliegt, so ist auf Begehren der betroffenen Personen das erkennungsdienstliche Material zu vernichten; Registraturhinweise sind zu entfernen.

Inkrafttreten
§ 9. Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1961 in Kraft. Das Reglement der Polizeidirektion über den polizeilichen Erkennungsdienst vom 1. September 1924 wird auf den gleichen Zeitpunkt aufgehoben.

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FN1 OS 40, 1435 und GS IV, 94.
FN2 321.