Gesetz
über das Notariatswesen
(Notariatsgesetz)
(vom 9.Juni 1985) FN1

I. Amt, Aufgaben und Zuständigkeit

Amt, Aufgaben
§ 1. Dem Notariat obliegen:

a) die notariellen Aufgaben, wie


b) die Aufgaben des Grundbuchamtes, insbesondere die Anlegung und die Führung des Grundbuchs, der kantonalen übergangsrechtlichen Grundbucheinrichtungen und des Verzeichnisses über die Korporationsteilrechte sowie die Durchführung des Sühneverfahrens in Streitigkeiten, die sich bei der Anlegung des Grundbuchs über dingliche Rechte ergeben;

c) die Aufgaben des Konkursamtes;

d) weitere Aufgaben, die das Gesetz oder eine vom Gesetz ermächtigte Behörde den Notariaten überträgt.

Aufgaben, welche die Gesetzgebung dem Notar, Grundbuchverwalter oder Konkursbeamten zuweist, obliegen dem Notariat.

Notariatskreise
§ 2. Der Kanton wird in Notariatskreise eingeteilt.

Ein Notariatskreis umfasst in der Regel mehrere, nach Möglichkeit im gleichen Bezirk liegende Gemeinden.

Für die Städte Zürich und Winterthur können mehrere Notariatskreise gebildet werden. Die Einteilung erfolgt nach Stadtquartieren. Diesen Kreisen können auch andere Gemeinden zugewiesen werden.

Stellvertretung
§ 3. Das Obergericht bezeichnet für jedes Notariat ein benachbartes Notariat als stellvertretendes Amt.

Das Obergericht kann die Stellvertretung anders ordnen, insbesondere bei längerdauernder Verhinderung oder bei Tod eines Notars sowie bei vorübergehender Überlastung eines Notariats.

Örtliche Zuständigkeit
§ 4. Die örtliche Zuständigkeit der Notariate richtet sich nach den für die Erfüllung der betreffenden Aufgabe massgebenden Bestimmungen.

Der Kantonsrat regelt die Zuständigkeit, wenn sie nicht nach Abs. 1 bestimmt ist.

Besondere Zuständigkeit
§ 5. Durch eidgenössisches oder kantonales Recht können besondere Aufgaben bestimmten Notariaten zugewiesen werden.

II. Der Notar und seine Mitarbeiter

1. Ausbildung und Wahlfähigkeit

Ausbildung
§ 6. Die Ausbildung zum Notar erfolgt über eine Lehre oder Mittelschule oder über ein Studium.

Die Ausbildung über Lehre oder Mittelschule umfasst:

a) eine erfolgreich abgeschlossene kaufmännische Lehre oder Mittelschule;

b) eine mehrjährige praktische Tätigkeit nach Lehr- oder Mittelschulabschluss auf einem zürcherischen Notariat;

c) ein auf die Prüfungsfächer bezogenes Teilstudium an einer schweizerischen Hochschule.

Die Ausbildung über ein Studium umfasst:

a) ein erfolgreich abgeschlossenes Studium der Rechtswissenschaft an einer schweizerischen Hochschule;

b) eine praktische Tätigkeit auf einem zürcherischen Notariat, deren Dauer jener gemäss Abs. 2 lit. b entspricht.

Fähigkeitsprüfung; Ausweis für Notar-Stellvertreter
§ 7. Nach der Ausbildung werden handlungsfähige, vertrauenswürdige Schweizer Bürger auf Gesuch zur Fähigkeitsprüfung zugelassen.

Die Fähigkeitsprüfung wird unter Aufsicht des Obergerichtes durch eine von ihm gewählte Prüfungskommission abgenommen. Sie erstreckt sich auf die zur Erfüllung der Aufgaben des Notars erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten.

Nach bestandener Prüfung erhält der Bewerber einen Fähigkeitsausweis, der ihn berechtigt, für eine bestimmte Zeit auf einem zürcherischen Notariat als Notar-Stellvertreter tätig zu sein.

Wahlfähigkeitszeugnis
§ 8. Dem Bewerber, der sich während zwei Jahren als NotarStellvertreter auf einem zürcherischen Notariat bewährt hat, wird vom Obergericht das Wahlfähigkeitszeugnis als Notar erteilt.

Entzug
§ 9. Das Obergericht entzieht dem Inhaber den Fähigkeitsausweis oder das Wahlfähigkeitszeugnis vorübergehend oder dauernd, wenn er die Handlungsfähigkeit oder die Vertrauenswürdigkeit verliert.

2. Notar

Wahl
§ 10. Der Notar wird von den Stimmberechtigten des Notariatskreises aus den Bewerbern gewählt, die das Wahlfähigkeitszeugnis besitzen.

Aufgaben
§ 11. Der Notar leitet das Notariat.

Er nimmt die Amtshandlungen vor, soweit er sie nicht einem Mitarbeiter überträgt.

Der Notar ist für eine zweckmässige Arbeitsorganisation besorgt, beaufsichtigt seine Mitarbeiter und erteilt ihnen die für eine geordnete Amtsführung erforderlichen Anweisungen. Er vertritt das Notariat gegenüber den vorgesetzten Behörden und nach aussen.

3. Mitarbeiter

Notar-Stellvertreter
§ 12. Das Obergericht bewilligt den Notariaten die erforderlichen Notar-Stellvertreter.

Als Notar-Stellvertreter kann gewählt oder angestellt werden, wer das Wahlfähigkeitszeugnis besitzt oder einen Fähigkeitsausweis, der ihn zur Ausübung dieser Funktion berechtigt.

Der Notar-Stellvertreter ist befugt, alle einem Notar obliegenden Amtshandlungen vorzunehmen. Seine Verfügungen sind solchen des Notars gleichgestellt.

Beamte und Angestellte mit erweiterten Befugnissen
a) im Beurkundungswesen
§ 13. Das Obergericht kann Beamte oder Angestellte ermächtigen

a) zur Au fnahme von Wechselprotesten;

b) zur Beurkundung von Rechtsgeschäften über dingliche und vormerkbare Rechte an Grundstücken;

c) zu Beglaubigungen.

b) im Grundbuchwesen
§ 14. Das Obergericht kann Beamte oder Angestellte zur Anlegung und Führung des Grundbuchs sowie der kantonalen übergangsrechtlichen Grundbucheinrichtungen und des Verzeichnisses über die Korporationsteilrechte ermächtigen.

Die Abweisung von Grundbuchanmeldungen und die Unterzeichnung von Schuldbriefen sind den Notaren und den Notar-Stellvertretern vorbehalten.

c) im Konkurswesen
§ 15. Das Obergericht kann Beamte oder Angestellte ermächtigen, Konkursinventare aufzunehmen und Zwangsversteigerungen durchzuführen.

Die Zwangsversteigerung von Grundstücken bleibt den Notaren und Notar-Stellvertretern vorbehalten.

d) Anforderungen
§ 16. Die Erteilung erweiterter Befugnisse setzt ausreichende Ausbildung und Erfahrung voraus. Sie kann vom erfolgreichen Besuch von Fachkursen oder vom Bestehen einer Fachprüfung abhängig gemacht werden.

Lehrlinge
§ 17. Die Notariate bilden Lehrlinge zu kaufmännischen Angestellten mit entsprechender Fachausbildung aus.

4. Personalrecht

Anwendbares Recht
§ 18. Die Notare und ihre Mitarbeiter unterstehen dem kantonalen Personalrecht.

Wahlbehörde; Amtsdauer
§ 19. Die Wahl oder Anstellung der Notar-Stellvertreter und der übrigen Mitarbeiter erfolgt auf Antrag des Notars durch das Obergericht.

Die Amtsdauer beträgt für die gewählten Notar-Stellvertreter sechs Jahre, für die übrigen Beamten vier Jahre.

Ausstand
§ 20. Der Notar darf keine Amtshandlung vornehmen, wenn von der Sache betroffen sind:

a) er selbst;

b) Ehegatte, Verlobte, bis zum dritten Grad Verwandte und Verschwägerte;

c) mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebende Personen;

d) eine von ihm vertretene Person;

e) eine Personenverbindung ohne Rechtspersönlichkeit, an welcher er beteiligt ist;

f) eine juristische Person, sofern er einem ihrer Organe angehört oder an ihr finanziell massgeblich beteiligt ist.

Die gleichen Ausstandsgründe gelten für seine Mitarbeiter.

In allen Fällen, in denen der Notar im Ausstand ist, dürfen auch seine Mitarbeiter nicht tätig sein.

Unerlaubte Tätigkeiten
§ 21. Dem Notar und seinen Mitarbeitern sind der Handel mit Grundstücken und Schuldbriefen sowie die Vermittlung von Grundstücken verboten.

Disziplinarmassnahmen
§ 22. Der Notar und seine Mitarbeiter sind disziplinarisch verantwortlich.

Als Disziplinarfehler gilt jede schuldhafte Verletzung der Dienstpflichten, die geeignet ist, den ordnungsgemässen Gang, das Ansehen oder die Vertrauenswürdigkeit der amtlichen Tätigkeit zu beeinträchtigen.

Disziplinarmassnahmen sind:

a) Verweis;

b) Busse bis zu 3000 Franken;

c) Einstellung im Amt oder Dienst bis auf sechs Monate;

d) Versetzung in das provisorische Dienstverhältnis;

e) vorzeitige Entlassung.

Die Disziplinarmassnahmen gemäss lit. c-e können nur durch das Obergericht angeordnet werden.

Im übrigen sind die Bestimmungen des Gesetzes betreffend die Ordnungsstrafen FN7 anwendbar.

III. Haftung

§ 23. FN11

IV. Gebühren

Grundsatz
§ 24. Die Notariate erheben für ihre Amtshandlungen Gebühren.

Die Gebühren fallen in die Staatskasse.

Handänderungen und Pfandrechte
§ 25. Bei Eigentumsänderungen und Errichtung oder Erhöhung von Grundpfandrechten werden für die Beurkundung eine Gebühr von 1%. und für den Grundbucheintrag eine Gebühr von 21/2%. des Verkehrswerts oder der Pfandsumme erhoben.

Der Kantonsrat setzt Mindestansätze fest.

Für Errichtung und Erhöhung von Grundpfandrechten bei gleichzeitiger Löschung oder Teillöschung solcher Rechte zu Lasten des gleichen Pfandes setzt der Kantonsrat ermässigte Gebühren fest.

Für die Eintragung der Erbfolge wird eine Kanzleigebühr erhoben.

Gesellschaftsrecht
§ 26. Für die öffentliche Beurkundung der Gründung einer Handelsgesellschaft oder der Erhöhung ihres Kapitals sowie der Abtretung von Anteilsrechten an einer solchen Gesellschaft wird eine Gebühr von 1%. des Kapitals, des Erhöhungs- oder des abgetretenen Anteilsbetrages erhoben. Ist bei Abtretungen die Gegenleistung höher, wird die Gebühr darauf berechnet.

Der Kantonsrat setzt Mindest- und Höchstansätze fest.

Übrige Amtshandlungen
§ 27. Für die übrigen Amtshandlungen setzt der Kantonsrat die Gebühren durch Verordnung FN5 fest. Sie sollen dem Zeitaufwand und der Bedeutung des Geschäftes angepasst sein. Für Beurkundungen und Grundbucheinträge können sie, vorbehältlich höherer Mindestansätze, bis zu 1%. des betroffenen Kapitals oder des Werts des betreffenden Rechts betragen.

Verfahren, Gebührenfreiheit und Erlass
§ 28. Der Kantonsrat regelt durch Verordnung FN5 das Verfahren der Gebührenerhebung, die Gebührenfreiheit und den Gebührenerlass.

Gebührenschuldner
§ 29. Die Gebühren werden von der Person geschuldet, welche die Amtshandlung verlangt hat. Bei Eigentumsänderungen werden sie von beiden Parteien zu gleichen Teilen geschuldet.

Geht das Begehren von mehreren Personen aus, haften sie solidarisch. Bei Eigentumsänderungen an Grundstücken und Errichtung oder Erhöhung von Grundpfandrechten gilt die Solidarhaftung auch für Grundstückerwerber und Pfandrechtsgläubiger.

Unter den Parteien bleiben Rückgriffsansprüche und abweichende Vereinbarungen vorbehalten.

Überwachung der Gebührenerhebung
§ 30. Die Finanzdirektion lässt die Gebührenerhebung durch das Notariatsinspektorat überwachen.

Bei unrichtiger Festsetzung der Gebühren durch das Notariat kann das Notariatsinspektorat die Rückerstattung oder den Nachbezug anordnen. Das Nachforderungsrecht erlischt zwei Jahre nach der unrichtigen Rechnungstellung.

Rechtsmittel
§ 31. Gegen Verfügungen, die sich auf die Notariats- und Grundbuchgebühren beziehen, kann gemäss Verwaltungsrechtspflegegesetz FN2 bei der Finanzdirektion Rekurs erhoben werden.

Gegen Rekursentscheide der Finanzdirektion kann beim Verwaltungsgericht Beschwerde erhoben werden.

V. Notariatsverwaltung und Aufsicht

Notariatsverwaltung
§ 32. Die Notariatsverwaltung obliegt dem Obergericht.

Aufsicht
a) Bezirksgericht
§ 33. Untere Aufsichtsbehörde ist das Bezirksgericht. Vorbehalten bleibt § 218 Abs. 1 ZPO FN6.

Gegen Verfügungen der Notariate, die sich nicht auf die Notariatsund Grundbuchgebühren beziehen, sowie wegen Verweigerung oder Verzögerung einer Amtshandlung oder wegen anderen Verletzungen von Amtspflichten kann beim Bezirksgericht Beschwerde erhoben werden. §§ 108 und 109 GVG FN3 sind sinngemäss anwendbar.

b) Obergericht
§ 34. Obere Aufsichtsbehörde ist das Obergericht.

Gegen Beschwerdeentscheide gemäss § 33 Abs. 2 kann beim Obergericht Rekurs erhoben werden. § 110 GVG FN3 ist anwendbar.

Notariatsinspektorat
§ 35. Dem Obergericht ist das Notariatsinspektorat angegliedert.

Das Notariatsinspektorat übt die unmittelbare Aufsicht über die Amtsführung der Notariate aus, insbesondere durch regelmässige Besuche, und kontrolliert das Rechnungswesen.

Das Obergericht kann dem Notariatsinspektorat weitere Aufgaben übertragen.

Das Obergericht wählt die Notariatsinspektoren und ihre Adjunkte auf eine Amtsdauer von sechs Jahren. § 21 ist auch auf sie anwendbar.

VI. Schlussbestimmungen

Erlasse des Kantonsrates
§ 36. Der Kantonsrat erlässt eine Verordnung über die Notariatsund Grundbuchgebühren FN5.

Er beschliesst über die Einteilung des Kantons in Notariatskreise, deren Benennung und den Sitz der Notariate FN4.

Verordnungen des Obergerichtes
§ 37. Das Obergericht regelt durch Verordnung:

a) die Ausbildung und Wahlfähigkeit der Notare gemäss §§ 6 - 9 dieses Gesetzes;

b) die Voraussetzungen der Erteilung der erweiterten Befugnisse an Beamte sowie die Durchführung der Fachprüfung;

c) die Amtsführung der Notariate;

d) die Notariatsverwaltung.

Aufhebung bisherigen Rechts
§ 38. Die nachstehenden Gesetze werden aufgehoben:

a) das Gesetz betreffend die Einteilung des Kantons in Notariatskreise, die Amtsstellung der Notare und die Notariatsgebühren vom 14. Dezember 1873;

b) das Gesetz betreffend die Organisation der Notariatskanzleien vom 28. Juli 1907.

Änderung bisherigen Rechts
§ 39. Die nachstehenden Gesetze werden wie folgt geändert:

a) das Gerichtsverfassungsgesetz vom 13. Juni 1976: . . . FN8

b) das Einführungsgesetz zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch (EG zum ZGB) vom 2. April 1911: . . . FN8

c) das Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vom 27. Mai 1913: . . . FN9

Inkrafttreten
§ 40. Dieses Gesetz untersteht der Volksabstimmung.

Der Regierungsrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens FN10.

___________

FN1 OS 49, 423.
FN2 175.2.
FN3 211.1.
FN4 242.5.
FN5 243.
FN6 271.
FN7 312.
FN8 Text siehe OS 49, 430.
FN9 Text siehe OS 49, 431.
FN10 In Kraft seit 1. Januar 1989 (OS 50, 530).
FN11 Aufgehoben durch Haftungsgesetz (Änderung vom 2. Dezember 1990; OS 51, 355). In Kraft seit 1. Juli 1991 (OS 51, 358).