Submissionsverordnung
(vom 18. Juni 1997) FN1

Der Regierungsrat,

gestützt auf die §§ 2 und 7 des Gesetzes über den Beitritt des Kantons Zürich zur Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen FN2,

beschliesst:

I. Anwendungsbereich

Allgemein
§ 1. Die Bestimmungen des Gesetzes über den Beitritt des Kantons Zürich zur Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen [IVöB] FN3 (Beitrittsgesetz) FN2 und die vorliegende Verordnung sind unter Vorbehalt der Abs. 2 und 3 anwendbar für die Vergabe von Aufträgen

a) kantonaler Auftraggeberinnen und Auftraggeber im Sinne von Art. 8 Abs. 1 lit. a IVöB;
b) durch Organisationen und Unternehmen im Sinne von Art. 8 Abs. 1 lit. c und d IVöB;
c) für subventionierte Objekte und Leistungen im Sinne von Art. 8 Abs. 2 IVöB.
Unterhalb der Schwellenwerte gemäss Art. 7 IVöB, für Ausnahmen gemäss Art. 10 IVöB und für Bauaufträge im Rahmen der Bagatellklausel gemäss § 7 gelten die Bestimmungen des Beitrittsgesetzes und dieser Verordnung für kantonale und durch den Kanton mehrheitlich beherrschte oder subventionierte Auftraggeberinnen und Auftraggeber analog, soweit nachfolgend nichts Abweichendes geregelt wird; die Bestimmungen über den Rechtsschutz gelten im Rahmen der Anforderungen des Bundesgesetzes über den Binnenmarkt.

Soweit es durch das Bundesgesetz über den Binnenmarkt verlangt wird, gelten die Bestimmungen des Beitrittsgesetzes und der vorliegenden Verordnung auch für die öffentlichen Beschaffungen der Gemeinden und anderer Träger kommunaler Aufgaben, sofern sie für ihren Zuständigkeitsbereich keine eigene genügende Regelung getroffen haben.

Auftraggeberinnen und Auftraggeber
§ 2. Die Baudirektion veröffentlicht periodisch ein Verzeichnis der öffentlichen und privaten Unternehmen, die unter das Beitrittsgesetz fallen.

Die Kantonalbank ist dem Beitrittsgesetz nicht unterstellt.

Anbieterinnen und Anbieter
§ 3. Bei Verfahren gemäss § 1 Abs. 2 und 3 werden Anbieterinnen und Anbieter aus Staaten, die kein Gegenrecht gewähren, gleich behandelt wie solche aus dem Kanton Zürich im betreffenden Staat.

Auftragsarten
§ 4. Bei Bauaufträgen sind die Leistungen gemäss Anhang 1, bei Dienstleistungsaufträgen diejenigen gemäss Anhang 2 einbezogen.

Für öffentliche Aufträge, die in der IVöB oder in den Anhängen zu dieser Verordnung nicht erwähnt werden, gilt § 1 Abs. 2 und 3.

Auftragswert
§ 5. Ein Auftrag darf nicht in der Absicht aufgeteilt werden, die Anwendung der Vergabebestimmungen zu umgehen.

Bei der Berechnung wird jede Art der Vergütung berücksichtigt. Die Mehrwertsteuer wird nicht berücksichtigt.

Besondere Berechnungsmethoden
§ 6. Werden mehrere gleichartige Liefer- oder Dienstleistungsaufträge vergeben oder wird ein Liefer- oder Dienstleistungsauftrag in mehrere gleichartige Einzelaufträge (Lose) unterteilt, berechnet sich der Auftragswert wie folgt:

a) entweder der tatsächliche Gesamtwert der während der letzten zwölf Monate vergebenen wiederkehrenden Aufträge;
b) oder der geschätzte Wert von wiederkehrenden Aufträgen im Geschäftsjahr oder in den zwölf Monaten, die dem Erstauftrag folgen.
Enthält ein Auftrag die Option auf Folgeaufträge, so ist der Gesamtwert massgebend.

Für Liefer- und Dienstleistungsaufträge in der Form von Leasing, Miete oder Miete-Kauf sowie für Aufträge, die nicht ausdrücklich einen Gesamtpreis vorsehen, wird der Auftragswert wie folgt berechnet:

a) bei Verträgen mit bestimmter Dauer der geschätzte Gesamtwert für die Laufzeit des Vertrages, soweit diese bis zu zwölf Monaten beträgt oder der Gesamtwert einschliesslich des geschätzten Restwertes, wenn die Laufzeit länger als zwölf Monate dauert;
b) bei Verträgen mit unbestimmter Laufzeit die monatliche Rate multipliziert mit 48.

Bagatellklausel für Bauaufträge
§ 7. Bauaufträge, die je einzeln den Wert von 2 Millionen Franken nicht erreichen und zusammengerechnet 20% des Wertes des gesamten Bauwerks nicht überschreiten, fallen nicht unter den Anwendungsbereich der IVöB.

II. Verfahrensarten und besondere Anbieterinnen und Anbieter

Grundsatz
§ 8. Aufträge werden wahlweise im offenen oder selektiven Verfahren vergeben. In besonderen Fällen gemäss § 11 können sie freihändig vergeben werden.

Bei der Vergabe von Aufträgen gemäss § 1 Abs. 2 und 3 gelten zusätzlich folgende Verfahren:

a) Das freihändige Verfahren ist allgemein zulässig für Liefer- und Dienstleistungsaufträge unter Fr. 50 000 sowie für Bauaufträge unter Fr. 100 000;
b) das Einladungsverfahren gemäss § 9 ist zulässig für Liefer- und Dienstleistungsaufträge unter Fr. 248 950 sowie für Bauaufträge unter Fr. 500 000.
Der Regierungsrat veröffentlicht Anpassungen der Schwellenwerte, die sich aus dem übergeordneten Recht ergeben; er kann dabei die Schwellenwerte dieser Verordnung entsprechend anpassen.

Einladungsverfahren
§ 9. Beim Einladungsverfahren bestimmt die Auftraggeberin oder der Auftraggeber, welche Anbieterinnen oder Anbieter sie oder er ohne Veröffentlichung direkt zur Angebotsabgabe innert angemessener Frist einladen will.

Es werden wenn möglich mindestens drei Angebote eingeholt.

Selektives Verfahren
§ 10. Nach Erhalt der Teilnahmeanträge bestimmt die Auftraggeberin oder der Auftraggeber unter den qualifizierten Anbieterinnen und Anbietern jene, die ein Angebot unterbreiten können. Als qualifiziert gelten namentlich jene Anbieterinnen und Anbieter, die in einer ständigen Liste gemäss § 23 eingetragen sind.

Nicht eingetragene Anbieterinnen und Anbieter können ein Gesuch um Teilnahme einreichen unter dem Vorbehalt, dass ein Qualifikationsverfahren durchgeführt werden kann. Anträge zur Teilnahme am selektiven Verfahren können auch durch Telex, Telegramm oder Fax übermittelt werden.

Die Anzahl der zur Angebotseinreichung einzuladenden Anbieterinnen und Anbieter kann beschränkt werden, wenn die rationelle Durchführung des Vergabeverfahrens es erfordert. Sie darf, wenn es genügend geeignete Anbieterinnen und Anbieter gibt, nicht kleiner als drei sein.

Freihändiges Verfahren
§ 11. Ein Auftrag kann unter folgenden Voraussetzungen direkt und ohne vorherige Veröffentlichung vergeben werden:

a) Es gehen im offenen oder selektiven Verfahren keine Angebote ein, oder es erfüllt keine Anbieterin und kein Anbieter die Eignungskriterien.
b) Es werden im offenen oder selektiven Verfahren ausschliesslich Angebote eingereicht, die aufeinander abgestimmt sind oder die nicht den wesentlichen Anforderungen der Ausschreibung entsprechen.
c) Aufgrund der technischen oder künstlerischen Besonderheiten des Auftrages oder aus Gründen des Schutzes geistigen Eigentums kommt nur ein Anbieter oder eine Anbieterin in Frage und es gibt keine angemessene Alternative.
d) Aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse wird die Beschaffung so dringlich, dass kein offenes oder selektives Verfahren durchgeführt werden kann.
e) Aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse werden zur Ausführung oder Abrundung eines zuvor im Wettbewerb vergebenen Bauauftrages zusätzliche Bauleistungen notwendig, deren Trennung vom ursprünglichen Auftrag aus technischen und wirtschaftlichen Gründen für die Auftraggeberin oder den Auftraggeber mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden wäre. Der Wert der zusätzlichen Bauleistung darf höchstens die Hälfte des Wertes des ursprünglichen Auftrages ausmachen.
f) Leistungen zur Ersetzung, Ergänzung oder Erweiterung bereits erbrachter Leistungen müssen der ursprünglichen Anbieterin oder dem ursprünglichen Anbieter vergeben werden, weil einzig dadurch die Austauschbarkeit mit schon vorhandenem Material oder Dienstleistungen gewährleistet ist.
g) Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber beschafft Erstanfertigungen von Gütern (Prototypen) oder neuartige Dienstleistungen, die auf ihr Ersuchen im Rahmen eines Forschungs-, Versuchs-, Studien- oder Neuentwicklungsauftrages hergestellt oder entwickelt werden.
h) Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber vergibt einen neuen gleichartigen Bauauftrag, der sich auf einen Grundauftrag bezieht, der im offenen oder selektiven Verfahren vergeben wurde. Sie oder er hat in der Ausschreibung für das Grundobjekt darauf hingewiesen, dass für solche Bauaufträge das freihändige Vergabeverfahren angewendet werden kann.
i) Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber beschafft Güter an Warenbörsen.
j) Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber kann Güter im Rahmen einer günstigen, zeitlich befristeten Gelegenheit zu einem Preis beschaffen, der erheblich unter den üblichen Preisen liegt, insbesondere bei Liquidationsverkäufen.
k) Es soll aufgrund eines Planungs- oder Gesamtleistungswettbewerbs der Vertrag mit dem Gewinner geschlossen werden, vorausgesetzt, dass die Organisation des Wettbewerbs den Grundsätzen des Beitrittsgesetzes und dieser Verordnung entspricht. Dies gilt insbesondere mit Bezug auf die Veröffentlichung einer Einladung an angemessen qualifizierte Anbieterinnen und Anbieter zur Teilnahme. Zur Beurteilung ist eine unabhängige Jury einzusetzen.

Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber erstellt über jeden gemäss Abs. 1 freihändig vergebenen Auftrag einen Bericht. Dieser enthält:

a) den Namen der Auftraggeberin oder des Auftraggebers;
b) Wert und Art der beschafften Leistung;
c) das Ursprungsland der Leistung;
d) die Bestimmung von Abs. 1, nach welcher der Auftrag freihändig vergeben wurde.

Bei der Vergabe von Aufträgen gemäss § 1 Abs. 2 und 3 entfällt die Erstellung eines Berichts. Das freihändige Verfahren kann in den Fällen gemäss § 11 Abs. 1 lit. e und h auch für Liefer- und Dienstleistungsaufträge angewendet werden.

Arbeitsgemeinschaft
§ 12. Wird die Bildung von Arbeitsgemeinschaften in den Vergabebedingungen nicht ausdrücklich ausgeschlossen oder eingeschränkt, können mehrere Anbieterinnen und Anbieter ein gemeinsames Angebot einreichen.

Beizug von Subunternehmern; Generaloder Totalunternehmer
§ 13. Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber kann Angaben über die Art und den Umfang der Arbeiten, die untervergeben werden sollen, sowie die Bekanntgabe von Namen und Sitz der an der Ausführung des Auftrages beteiligten Unternehmer verlangen.

Vergibt die Auftraggeberin oder der Auftraggeber an einen General- oder Totalunternehmer oder einen Unternehmer, der Subunternehmer beizieht, stellt sie oder er vertraglich sicher, dass alle an der Ausführung des Auftrages beteiligten Unternehmer die Grundsätze von Art. 11 a, e, f und g IVöB befolgen.

III. Ausschreibung

Form
§ 14. Aufträge, die für einen bestimmten Zeitraum geplant sind, können gesamthaft in einer einzigen Publikation veröffentlicht werden. Sie enthält mindestens die Informationen gemäss § 16 sowie die Aufforderung, dass die Anbieterinnen und Anbieter ihr Interesse mitteilen sollen, und die Bezeichnung der Stelle, wo zusätzlich Informationen eingeholt werden können.

Die Veröffentlichung von Aufträgen kann auch zusammen mit der Bekanntmachung eines Prüfungsverfahrens gemäss § 23 erfolgen.

Sprache
§ 15. Die Veröffentlichung erfolgt in deutscher Sprache, sie kann auch in weiteren Sprachen erfolgen.

Wird ein geplanter Auftrag nicht in französischer Sprache veröffentlicht, muss zusätzlich eine Zusammenfassung in französischer Sprache beigefügt werden.

Die Zusammenfassung enthält folgende Angaben:

a) die geforderte Leistung;
b) die Frist für den Antrag auf Teilnahme am Verfahren oder für die Angebotsabgabe;
c) die Adresse, wo die Ausschreibungsunterlagen verlangt werden können.

Bei der Vergabe von Aufträgen gemäss § 1 Abs. 2 und 3 entfällt eine Zusammenfassung.

Angaben
§ 16. Beim offenen und selektiven Verfahren erfolgt die Veröffentlichung von Aufträgen mindestens im kantonalen Amtsblatt.

Im Einladungsverfahren und bei der freihändigen Vergabe erfolgt die Einladung durch direkte Mitteilung.

Die Veröffentlichung oder die direkte Mitteilung enthält mindestens folgende Angaben:

a) Name und Anschrift der Auftraggeberin oder des Auftraggebers;
b) Verfahrensart;
c) Gegenstand und Umfang des Auftrags, Information über Varianten und Daueraufträge, Zeitpunkt der Ausschreibung von Nebenarbeiten;
d) Ausführungs- und Liefertermin;
e) Sprache des Vergabeverfahrens;
f) wirtschaftliche und technische Anforderungen sowie verlangte finanzielle Garantien und Angaben;
g) Bezugsquelle und Preis der Unterlagen;
h) Ort und Zeitpunkt der Einreichung der Angebote;
i) Hinweis, ob der Auftrag dem GATT-Übereinkommen unterstellt ist.

Ausschreibungsunterlagen
§ 17. Die Ausschreibungsunterlagen enthalten mindestens:

a) Name und Anschrift der Auftraggeberin oder des Auftraggebers;
b) Gegenstand und Umfang des Auftrags;
c) Stelle, wo zusätzliche Auskünfte verlangt werden können;
d) Sprache der Angebote und Unterlagen;
e) Ort und Zeitpunkt für die Einreichung eines Angebotes;
f) Dauer der Verbindlichkeit des Angebotes;
g) wirtschaftliche und technische Anforderungen sowie verlangte finanzielle Garantien und Angaben;
h) besondere Bedingungen betreffend Varianten, Teilangebote und Bildung von Losen;
i) Zuschlagskriterien;
j) Zahlungsbedingungen.

Die Ausschreibungsunterlagen enthalten den Hinweis, dass das Kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit über die am Ort der Ausführung geltenden Arbeitsschutzbestimmungen sowie die Arbeitsbedingungen der Gesamtarbeitsverträge, der Normalarbeitsverträge oder bei deren Fehlen die branchenüblichen Vorschriften Auskunft erteilt.

Technische Spezifikationen
§ 18. Die technischen Spezifikationen werden:

a) eher in bezug auf die Leistung als in bezug auf die Konstruktion umschrieben;
b) auf der Grundlage von internationalen Normen oder, wenn solche fehlen, von den in der Schweiz verwendeten technischen Normen definiert.
Anforderungen oder Hinweise in bezug auf besondere Handelsmarken oder Handelsnamen, Patente, Muster oder Typen sowie auf einen bestimmten Ursprung oder Produzenten sind nicht zulässig, es sei denn, dass es keine hinreichend genaue oder verständliche Art und Weise der Beschreibung des Beschaffungsbedarfs gibt, und sofern in die Vergabeunterlagen die Worte «oder gleichwertig» einbezogen werden.

Weicht eine Anbieterin oder ein Anbieter von diesen Normen ab, so hat sie oder er die Gleichwertigkeit dieser technischen Spezifikationen zu beweisen.

Die Auftraggeberinnen und Auftraggeber dürfen nicht auf eine den Wettbewerb ausschaltende Art und Weise von einer Firma, die ein geschäftliches Interesse an der Beschaffung haben könnte, Hinweise einholen oder annehmen, welche bei der Ausarbeitung der Spezifikationen für eine bestimmte Beschaffung verwendet werden können.

Auskünfte
§ 19. Die Auftraggeberinnen und Auftraggeber beantworten innert kurzer Frist Anfragen zu den Ausschreibungsunterlagen, soweit die Zusatzinformation den Anbieterinnen oder Anbietern nicht unzulässige Vorteile im weiteren Verfahren gewährt.

Wichtige Auskünfte an eine Anbieterin oder einen Anbieter müssen gleichzeitig auch allen anderen mitgeteilt werden.

Fristen: Grundsatz
§ 20. Jede Frist wird einheitlich und so festgelegt, dass niemand diskriminiert wird. Bei der Bestimmung der Fristen werden Umstände wie Art und Komplexität des Auftrages, das Ausmass von Unteraufträgen, die übliche Ausarbeitungs- oder Produktionszeit sowie die Übermittlungs- oder Transportzeit berücksichtigt, soweit es sich mit den angemessenen Bedürfnissen der Auftraggeberinnen und Auftraggeber vereinbaren lässt.

Die Verlängerung einer Frist gilt für alle Anbieterinnen und Anbieter und ist diesen gleichzeitig und rechtzeitig bekanntzugeben.

Die Fristen dürfen nicht kürzer sein als:

a) 40 Tage seit der Veröffentlichung im offenen Verfahren für die Einreichung eines Angebotes;
b) 25 Tage seit der Veröffentlichung für ein Gesuch um Teilnahme beim selektiven Verfahren ohne ständige Listen. Die Frist zur Einreichung eines Angebotes darf nicht kürzer als 40 Tage sein, gerechnet vom Zeitpunkt, zu dem die Einladung zur Angebotsabgabe ergeht;
c) 40 Tage seit der erstmaligen Einladung zur Angebotsabgabe im selektiven Verfahren mit Verwendung von ständigen Listen für die Einreichung eines Angebotes.

Fristen: Ausnahmen
§ 21. Die Fristen gemäss § 20 können in folgenden Fällen verkürzt werden:

a) wenn eine besondere Anzeige innerhalb von 40 Tagen bis längstens 12 Monate im voraus erfolgt ist, welche die Angaben gemäss § 16 und den Hinweis enthält, dass sich interessierte Anbieterinnen und Anbieter bei der bezeichneten Stelle zu melden haben und zusätzliche Auskünfte verlangt werden können; in diesem Fall kann die Frist, unter der Voraussetzung, dass genügend Zeit zur Ausarbeitung eines Angebotes bleibt, auf in der Regel 24 Tage verkürzt werden, jedoch nicht auf weniger als 10 Tage;
b) wenn es sich um eine zweite oder eine weitere Ausschreibung von Aufträgen wiederkehrender Art handelt, bis auf 24 Tage;
c) in dringlichen Fällen, in denen die Fristen gemäss § 20 nicht eingehalten werden können, jedoch auf nicht weniger als 10 Tage;
d) bei selektiven Verfahren mit Verwendung von Listen von qualifizierten Anbieterinnen und Anbietern kann die Frist durch eine Vereinbarung festgelegt werden. Fehlt eine Vereinbarung, muss eine Frist festgelegt werden, welche die Einreichung eines Angebotes erlaubt. Die Frist darf nicht kürzer als 10 Tage sein.

IV. Eignung der Anbieterinnen und Anbieter

Eignungskriterien
§ 22. Die Auftraggeberinnen und Auftraggeber legen objektive Kriterien und die zu erbringenden Nachweise zur Beurteilung der Eignung der Anbieterinnen und Anbieter fest. Diese Eignungskriterien betreffen insbesondere die finanzielle, wirtschaftliche, fachliche und organisatorische Leistungsfähigkeit.

Ständige Listen
§ 23. Die Auftraggeberinnen und Auftraggeber können ständige Listen über qualifizierte Anbieterinnen und Anbieter führen. Sie anerkennen dann entsprechende Listen der übrigen Mitglieder der IVöB.

Auftraggeberinnen und Auftraggeber, die ständige Listen qualifizierter Anbieterinnen und Anbieter führen, veröffentlichen jedes Jahr mindestens im kantonalen Amtsblatt folgende Angaben:

a) Aufzählung der geführten Listen;
b) Aufnahmebedingungen und Prüfungsmethoden;
c) Dauer der Gültigkeit und Verfahren zur Erneuerung der Listen.
Sind die Listen für eine Periode von höchstens drei Jahren gültig, so genügt eine Veröffentlichung zu Beginn dieser Periode.

Ein Prüfungsverfahren muss jederzeit gewährleisten, dass die Eignung einer jeden Bewerberin oder eines jeden Bewerbers, die oder der ein Gesuch um Aufnahme in die Liste stellt, überprüft werden kann.

Die eingetragenen Anbieterinnen und Anbieter werden über die Aufhebung einer Liste informiert. Der Ausschluss aus der Liste richtet sich nach § 26 und muss schriftlich begründet werden.

V. Angebote

Einreichung
§ 24. Das Angebot muss schriftlich, direkt oder per Post, erfolgen und vollständig, innerhalb der Frist, bei der in der Ausschreibung genannten Stelle eintreffen. Es darf nach Ablauf der Frist, unter Vorbehalt von § 27, nicht mehr geändert werden.

Das Angebot muss in der Sprache des Vergabeverfahrens abgefasst werden.

Die Ausarbeitung der Angebote erfolgt grundsätzlich ohne Vergütung.

Öffnung der Angebote
§ 25. Die fristgerecht eingereichten Angebote im offenen und selektiven Verfahren werden durch mindestens zwei Vertreter der Auftraggeberin oder des Auftraggebers geöffnet.

Über die Öffnung der Angebote wird ein Protokoll erstellt. Darin sind mindestens die Namen der anwesenden Personen, die Namen der Anbieterinnen und Anbieter, die Eingangsdaten und die Gesamtpreise der Angebote festzuhalten. Allen Anbieterinnen und Anbietern wird auf Verlangen Einsicht in dieses Protokoll gewährt.

Ausschlussgründe
§ 26. Eine Anbieterin oder ein Anbieter wird von der Teilnahme insbesondere ausgeschlossen, wenn sie oder er:

a) die geforderten Eignungskriterien nicht oder nicht mehr erfüllt;
b) der Auftraggeberin oder dem Auftraggeber falsche Auskünfte erteilt hat;
c) Steuern oder Sozialabgaben nicht bezahlt hat;
d) den Grundsätzen von Art. 11 a, e, f und g IVöB nicht nachkommt oder wesentliche Formvorschriften verletzt hat, insbesondere durch Nichteinhaltung der Eingabefrist, fehlende Unterschrift, Unvollständigkeit des Angebots oder Änderung des Angebotstextes;
e) Abreden getroffen hat, die den wirksamen Wettbewerb beseitigen oder erheblich beeinträchtigen;
f) sich bei der Produktion nicht an Vorschriften über den Umweltschutz hält, die mit denjenigen am Ort der Ausführung vergleichbar sind;
g) sich in einem Konkursverfahren befindet;
h) sich beruflich fehlverhalten hat und dies in einem gerichtlichen Verfahren festgestellt worden ist.

Bei der Vergabe von Aufträgen sind nur Angebote von Anbieterinnen und Anbietern zu berücksichtigen, welche die Arbeitsschutzbestimmungen sowie die Arbeitsbedingungen der Gesamtarbeitsverträge, der Normalarbeitsverträge oder bei deren Fehlen die branchenüblichen Vorschriften einhalten, die an den Orten gelten, wo die Arbeiten ausgeführt werden.

Prüfung der Angebote
§ 27. Die Angebote werden nach einheitlichen Kriterien fachlich und rechnerisch geprüft. Es können Dritte als Sachverständige eingesetzt werden.

Offensichtliche Fehler, wie Rechnungs- und Schreibfehler, werden berichtigt.

Danach wird eine objektive Vergleichstabelle über die Angebote erstellt.

Erläuterungen
§ 28. Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber kann von den Anbieterinnen und Anbietern schriftliche Erläuterungen bezüglich ihrer Eignung und ihres Angebotes verlangen.

Mündliche Erläuterungen werden von der Auftraggeberin oder vom Auftraggeber schriftlich festgehalten.

Verbot von Abgebotsrunden
§ 29. Verhandlungen zwischen der Auftraggeberin oder dem Auftraggeber und den Anbieterinnen und Anbietern über Preise, Preisnachlässe und Änderungen des Leistungsinhaltes in diesem Zusammenhang sind unzulässig.

Ungewöhnlich niedrige Angebote
§ 30. Erhält eine Auftraggeberin oder ein Auftraggeber ein Angebot, das ungewöhnlich niedriger ist als andere eingereichte Angebote, kann sie oder er bei der Anbieterin oder beim Anbieter Erkundigungen einziehen, um sich zu vergewissern, dass diese oder dieser die Teilnahmebedingungen einhalten und die Auftragsbedingungen erfüllen kann.

VI. Zuschlag des Auftrags

Zuschlagskriterien
§ 31. Der Zuschlag erfolgt auf das wirtschaftlich günstigste Angebot. Bei der Bewertung ist das Preis-Leistungs-Verhältnis zu beachten. Dabei können neben dem Preis insbesondere folgende Kriterien berücksichtigt werden: Qualität, Termine, Wirtschaftlichkeit, Betriebskosten, Kundendienst, Ökologie, Zweckmässigkeit, technischer Wert, Ästhetik, Kreativität, Lehrlingsausbildung, Infrastruktur.

Der Zuschlag für weitgehend standardisierte Güter kann auch ausschliesslich nach dem Kriterium des niedrigsten Preises erfolgen.

Aufteilung des Auftrags
§ 32. Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber kann den Auftrag nur dann und insoweit aufteilen und an verschiedene Anbieterinnen und Anbieter vergeben, wenn sie oder er dies in den Ausschreibungsunterlagen bekanntgemacht, oder vor der Vergabe das Einverständnis der voraussichtlich zu Beauftragenden eingeholt hat.

Bekanntmachung des Zuschlags
§ 33. Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber veröffentlicht spätestens 72 Tage nach dem Zuschlag eine Bekanntmachung, die mindestens im kantonalen Amtsblatt zu erscheinen hat. Diese Bekanntmachung enthält folgende Angaben:

a) Art des angewendeten Verfahrens;
b) Gegenstand und Umfang des Auftrags;
c) Name und Adresse der Auftraggeberin oder des Auftraggebers;
d) Datum des Zuschlags;
e) Name und Adresse der berücksichtigten Anbieterin oder des berücksichtigten Anbieters;
f) Preis des berücksichtigten Angebots oder die tiefsten und höchsten Preise der in das Vergabeverfahren einbezogenen Angebote.
Auf Gesuch hin eröffnet die Auftraggeberin oder der Auftraggeber den Anbieterinnen und Anbietern die wesentlichen Gründe für ihre Nichtberücksichtigung.

Bei der Vergabe von Aufträgen gemäss § 1 Abs. 2 und 3 erfolgt die Vergabebekanntmachung durch direkte Mitteilung an die Anbieterinnen und Anbieter.

Widerruf des Zuschlags
§ 34. Der Zuschlag kann unter den Voraussetzungen von § 26 widerrufen werden.

Abbruch, Wiederholung und Neuauflage des Verfahrens
§ 35. Die Auftraggeberin oder der Auftraggeber kann das Verfahren aus wichtigen Gründen abbrechen.

Das Verfahren kann wiederholt oder neu durchgeführt werden, namentlich wenn

a) kein Angebot eingereicht wurde, das die in der Ausschreibung und in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Kriterien und technischen Anforderungen erfüllt;
b) aufgrund veränderter Rahmen- oder Randbedingungen oder wegen wegfallender Wettbewerbsverzerrungen günstigere Angebote zu erwarten sind;
c) eine wesentliche Änderung des Projektes oder des Leistungsumfanges erforderlich wurde.
Den Anbieterinnen und Anbietern wird der Abbruch, die Wiederholung oder die Neuauflage des Verfahrens sofort schriftlich und begründet mitgeteilt.

VII. Überwachung

Statistik
§ 36. Jede Auftraggeberin und jeder Auftraggeber erstellt über die vergebenen Aufträge, die unter das GATT-Übereinkommen fallen, jährlich eine Statistik und teilt sie der Baudirektion mit. Diese übergibt eine Kopie dem Bund.

Die Statistiken enthalten folgende Angaben:

a) den geschätzten Wert der vergebenen Aufträge über den Schwellenwerten gesamthaft und nach Auftraggeber-Kategorien;
b) den geschätzten Wert der vergebenen Aufträge über den Schwellenwerten nach Auftraggeber-Kategorien und aufgeteilt nach Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen;
c) den Gesamtwert der über den Schwellenwerten freihändig vergebenen Aufträge;
d) den Gesamtwert der Aufträge, die aufgrund der Ausnahmeregelungen zum GATT-Übereinkommen nicht nach dessen Bestimmungen vergeben wurden.

Unter der Voraussetzung, dass solche Informationen erhältlich sind, veröffentlichen die Auftraggeberinnen und Auftraggeber Statistiken mit den Angaben, von welchen Anbieterinnen und Anbietern aus welchem Ursprungsland die Bau-, Liefer- und Dienstleistungen erbracht wurden.

Überwachung der Anbieterinnen und Anbieter
§ 37. Die Auftraggeberinnen und Auftraggeber können die Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen, der Arbeitsbedingungen und der Gleichbehandlung von Frau und Mann kontrollieren oder kontrollieren lassen, insbesondere durch paritätische Kommissionen und Gleichstellungsbüros. Auf Verlangen haben die Anbieterinnen und Anbieter die Einhaltung nachzuweisen.

Aufsichtsbehörde über die Auftraggeberinnen und Auftraggeber ist die jeweils für den Sachbereich zuständige Direktion. Die Oberaufsicht steht dem Regierungsrat zu.

VIII. Schlussbestimmungen

Kommission für das öffentliche Beschaffungswesen
§ 38. Der Regierungsrat wählt auf seine Amtsdauer eine verwaltungsinterne Kommission für das öffentliche Beschaffungswesen und ihr Präsidium. Diese unterstützt und begleitet den koordinierten Vollzug der Bestimmungen über das öffentliche Beschaffungswesen.

Die Kommission legt dem Regierungsrat ihr Pflichtenheft zur Genehmigung vor. Sie konstituiert sich selbst. Nach Bedarf kann sie Arbeitsgruppen bilden und dabei auch Dritte beiziehen.

Inkrafttreten
§ 39. Diese Verordnung tritt nach ihrer Genehmigung durch den Kantonsrat FN4 auf den vom Regierungsrat bestimmten Zeitpunkt in Kraft FN5.

Auf denselben Zeitpunkt wird die Verordnung über die Vergebung von Arbeiten und Lieferungen für den Staat (Submissionsverordnung) vom 19. Dezember 1968 aufgehoben.

________
FN1 OS 54, 298.
FN2 720.1.
FN3 SR 172.056.4
FN4 Vom Kantonsrat genehmigt am 22. September 1997.
FN5 In Kraft seit 1. November 1997 (OS 54, 321).
FN6 Ohne Schiedsgerichts- und Schlichtleistungen.


Anhang 1:
BauaufträgeZentrale Produkte-
klassifikation (CPC) Referenz-Nr
1.Vorbereitung des Baugeländes und der Baustellen511
2.Bauarbeiten für Hochbauten512
3.Bauarbeiten für Tiefbauten513
4.Montage und Bau von Fertigbauten514
5.Arbeiten spezialisierter Bauunternehmen515
6.Einrichtungsarbeiten von Installationen516
7.Ausbauarbeiten und Endfertigung von Bauten517
8.Miete oder Leasing von Bau- oder Abbruchausrüstungen, eingeschlossen Personalleistungen518

Anhang 2:
DienstleistungsaufträgeZentrale Produkte-
klassifikation (CPC) Referenz-Nr
1.Instandhaltung (Wartung, Inspektion, Instandsetzung)6112, 6122, 633, 886
2.Landverkehr, eingeschlossen Geldtransport und Kurierdienste, ohne Post- und Eisenbahnverkehr712
(ausser 71235)
7512, 87304
3.Fracht- und Personenbeförderung im Flugverkehr, ohne Postverkehr73
(ausser 7321)
4.Postbeförderung im Landverkehr sowie Luftpostbeförderung (ohne Eisenbahnverkehr)71235, 7321
5.Fernmeldewesen (ohne Fernsprechdienstleistungen, Telex, Mobiltelefondienst, Funkrufdienst und Satellitenkommunikation)752 (ausser 7524, 7525, 7526)
DienstleistungsaufträgeZentrale Produkte-
klassifikation (CPC) Referenz-Nr.
6.Versicherungs- und Bankdienstleistungen mit Ausnahme von finanziellen Dienstleistungen im Zusammenhang mit Ausgabe, Verkauf, Ankauf oder Übertragung von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten sowie Dienstleistungen der Zentralbanken11, 812, 814
7.Informatik und verbundene Tätigkeiten84
8.Buchführung, -haltung, -prüfung862
9.Markt- und Meinungsforschung864
10.Unternehmungsberatung und verbundene Tätigkeiten865, 8666
11.Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung867
12.Technische Beratung und Planung, integrierte technische Leistungen, zugehörige wissenschaftliche und technische Beratung, technische Versuche und Analysen bei Bauvorhaben867
13.Studienauftrag (Vergabe identischer Aufträge an mehrere Anbieterinnen und Anbieter zwecks Erarbeitung von Lösungsvorschlägen)867
14.Technische Beratung und Planung, integrierte technische Leistungen, zugehörige wissenschaftliche und technische Beratung, technische Versuche und Analysen, soweit nicht Bauvorhaben betreffend867
15.Werbung, Information und Public Relations871
16. Gebäudereinigung und Hausverwaltung874, 82201-82206
17. Verlegen und Drucken88442
18. Abfall- und Abwasserbeseitigung; sanitäre und ähnliche Dienstleistungen94