Verordnung
betreffend die landeskirchliche Vermittlungskommission bei Minderheitenfragen

(vom 14. Juli 1999)

Erlassen vom Kirchenrat gemäss Art. 40 a der Kirchenordnung

I. Grundsätzliches

Gegenstand und Geltungsbereich
§ 1. Diese Verordnung regelt Aufgaben und Zusammensetzung der landeskirchlichen Vermittlungskommission bei Minderheitenfragen (LVK) gemäss Artikel 40 a der Kirchenordnung.

Gegenstand eines Vermittlungsverfahrens können Anliegen sein, die von einer Minderheit von Kirchenmitgliedern unter Berufung auf Glaubensgründe geltend gemacht werden, solange sie nicht eine zwingende Bestimmung der Kirchengesetzgebung oder der Kirchenordnung verletzen. Dem Vermittlungsverfahren kann nicht unterstellt werden, was bereits durch Verfügung bzw. Urteil einer kantonal letztinstanzlich zuständigen Behörde bzw. Rekursinstanz rechtskräftig entschieden ist.

Allgemeine Voraussetzungen
§ 2. Die LVK prüft jedes eingereichte Vermittlungsbegehren. Umfasst eine Minderheit mindestens 40 Gemeindeglieder, bei Kirchgemeinden mit weniger als 400 Stimmberechtigten mindestens einen Zehntel, so muss die LVK auf das Gesuch eintreten. Andernfalls kann sie Nichteintreten beschliessen und die Gesuchsteller auf den Weg des ordentlichen Verwaltungsverfahrens oder auf andere Beratungswege verweisen, auch wenn die Eintretensvoraussetzungen gemäss § 1 Absatz 2 im Übrigen gegeben sind.

Der Beginn einer formellen Vermittlungstätigkeit setzt einen von allen Beteiligten unterzeichneten Vertrag voraus. Darin sind Gegenstand, Ziel und Verfahrensbedingungen wie Kosten, Rahmenfristen und Schritte festzuhalten, auf die sich die Beteiligten untereinander und mit der LVK geeinigt haben.

Sobald ein Vermittlungsvertrag unterzeichnet ist, orientiert die LVK Bezirkskirchenpflege und Kirchenrat mit dem Ersuchen, anhängig gemachte Verfahren vorübergehend zu sistieren. Soweit es nicht um Beseitigung oder Verhinderung offensichtlicher Rechtswidrigkeiten geht, sollen die zuständigen kirchlichen Behörden dem Gesuch entsprechen. Ein Sistierungsbeschluss ist mindestens alle zwei Jahre zu überprüfen.


II. Zusammensetzung und Wahl der Vermittlungskommission

Zusammensetzung
§ 3. Die LVK besteht in der Regel aus fünf Mitgliedern. Stehen gleichzeitig mehr als zwei Vermittlungsverfahren an, so kann der Kirchenrat die LVK durch zusätzliche Mitglieder erweitern. Die LVK führt die einzelnen Vermittlungsverfahren jeweils in der Besetzung von drei Mitgliedern durch. Die allgemeinen Ausstandsgründe des Gemeindegesetzes kommen zur Anwendung.

Als Mitglieder der LVK sind Persönlichkeiten wählbar, die über integrative Kraft und weite kirchlich-theologische Erfahrung verfügen. In der Regel sollen sie der evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürich angehören. Bei der Bestellung der LVK ist darauf zu achten, dass die Mitglieder insgesamt sowohl ekklesiologisch-theologisches wie juristisch-institutionelles Fachwissen und Erfahrung in Konfliktberatung einbringen. Beide Geschlechter und verschiedene theologische Richtungen sollen ausgewogen vertreten sein.

Die Mitgliedschaft in dieser Kommission ist mit der Mitgliedschaft in einer Kirchenpflege, Bezirkskirchenpflege oder im Kirchenrat sowie einem von diesen Behörden begründeten Dienstverhältnis unvereinbar.

Wahl
§ 4. Der Kirchenrat wählt die Mitglieder jeweils auf vier Jahre entsprechend seiner eigenen Amtsdauer.


III. Konstituierung, Aufgabe und Arbeitsweise

Konstituierung
§ 5. Die LVK konstituiert sich selbst. Bei Konstituierungsbeschlüssen sowie Entscheiden über Eintreten oder Nichteintreten auf Vermittlungsgesuche muss die Mehrheit aller Mitglieder zustimmen. Die Bezeichnung der Dreierdelegation sowie deren Sprecher bzw. Sprecherin für den einzelnen Vermittlungsfall kann auf Antrag des Präsidiums auf dem Zirkularweg erfolgen und wird rechtskräftig, sobald die Mehrheit aller Mitglieder zugestimmt hat.

Das präsidierende Mitglied trägt die Verantwortung für die notwendigen Kontakte zu den kirchlichen Behörden und sorgt für die administrative Koordination. Es kann für die administrativen Belange beim Kirchenrat eine Hilfe beantragen.

Aufgabe
§ 6. Die LVK berät landeskirchliche Organe, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Angehörige kirchlicher Gruppierungen bei Minderheitenfragen und orientiert sie über Möglichkeiten und Bedingungen eines Vermittlungsverfahrens. Auf Gesuch einer Gruppierung gemäss § 2 Abs. 1, einer Kirchenpflege oder einer Bezirkskirchenpflege unterbreitet sie den Beteiligten ihren Vorschlag für ein Vermittlungsverfahren mit einer approximativen Kostenschätzung.

Im Einzelnen kommen der Vermittlungskommission, wenn alle Beteiligten ihre guten Dienste annehmen, folgende Aufgaben zu: Sie klärt den Sachverhalt ab, hört alle Beteiligten an, legt einen Verfahrensplan vor und begleitet die von den Beteiligten unternommenen Bemühungen. Sie begutachtet die von den Organen der Minderheit und der Kirchgemeinde vorgesehenen Schritte, unterstützt die Bemühungen um Verständigung, legt Termine fest und erstellt einen Schlussbericht über die Ergebnisse.

Rahmenbedingungen für das Verfahren
§ 7. Die für das einzelne Verfahren bestimmten Mitglieder der LVK sprechen untereinander die Verfahrensschritte und die personellen Zuständigkeiten ab. Für Verfahrensanordnungen sowie für die Verabschiedung von Zwischenberichten bzw. des Schlussberichts ist die Mitwirkung aller drei Mitglieder erforderlich. Dabei sind Beschlüsse auf dem Zirkularweg möglich.

Das Verfahren gilt im Sinne von Art. 40 a der Kirchenordnung als gültig eröffnet, sobald dem Kirchenrat der Vertrag über das Vermittlungsverfahren sowie Namen und Adressen der dafür verantwortlichen Mitglieder eingereicht sind und über die allfällige Sistierung sonstiger Verfahren in der gleichen Sache entschieden ist.

Wo ein Vermittlungsverfahren durchgeführt wird, kann ein zuständiges Aufsichts- oder Rekursorgan erst auf die Sache eintreten, wenn es auf Grund eines Berichtes der LVK die Aussichtslosigkeit weiterer Vermittlungsbemühungen formell festgestellt hat. Vorbehalten bleiben aufsichtsrechtliche Anordnungen zur Verhinderung oder Beseitigung eines rechtswidrigen Zustandes.


IV. Kostenfolge

Grundsatz
§ 8. Für Sitzungen der LVK sowie für den Zeitaufwand der an Vermittlungsverfahren beteiligten Mitglieder werden Sitzungsgelder und Spesen gemäss landeskirchlichem Entschädigungsreglement ausgerichtet, soweit sie das Mass einer zumutbaren ehrenamtlichen Tätigkeit übersteigen. Die Kosten für je eine Begegnung mit jeder Partei und eine Zusammenkunft mit allen Beteiligten gehen zu Lasten der landeskirchlichen Zentralkasse. Weitere Kosten werden gemäss Vereinbarung den Parteien belastet. Jede Partei haftet solidarisch für den gesamten anrechenbaren Aufwand. Zur Vermeidung von Härtefällen kann der Kirchenrat auf Gesuch hin eine von dieser Regel abweichende Kostenbeteiligung beschliessen.

Abrechnung
§ 9. Die Abrechnung erfolgt über das Finanzwesen beim Kirchenrat nach dessen Anordnungen. In der Regel haben die nach Vereinbarung zur Kostenübernahme Verpflichteten einen Vorschuss zu leisten. Dessen Höhe wird auf Grund einer Empfehlung der LVK vom Kirchenrat festgelegt und soll einen Fünftel bis höchstens die Hälfte der veranschlagten Gesamtkosten betragen.


V. Berichterstattung, Akten

Berichterstattung, Schweigepflicht
§ 10. Die LVK orientiert Kirchenrat und zuständige Bezirkskirchenpflege durch eine Kopie über den Vermittlungsvertrag und durch einen Schlussbericht über das Ergebnis der Vermittlungsbemühungen und über allenfalls abgegebene Empfehlungen. Auf Verlangen hat sie einen Zwischenbericht über getätigte sowie vorgesehene weitere Schritte mit einem Hinweis auf anzunehmende Aussichten auf Einigung einzureichen. Lässt der Verlauf des Verfahrens nach zwei Jahren noch keinen Schlussbericht zu, so ist ein Zwischenbericht unaufgefordert einzureichen. Der Kirchenrat kann in diesem Fall die Bestätigung des Vermittlungsvertrages durch alle Beteiligten verlangen.

Alle inhaltlichen Einzelheiten unterliegen im Übrigen der Schweigepflicht, soweit nicht durch schriftliche Absprache unter allen Beteiligten etwas anderes festgelegt wird. Stellt der Kirchenrat auf Gesuch hin für die administrativen Belange eine Hilfe zur Verfügung, so unterstehen die damit betrauten Personen gegenüber dem Kirchenrat ebenfalls unter Schweigepflicht. Im Übrigen bleiben die während eines Vermittlungsverfahrens angelegten Akten intern.

Schlussbericht und Archivierung von Akten
§ 11. Die LVK schliesst das Verfahren mit einem zusammenfassenden Schlussbericht ab. Dieser gibt über den Anlass, die Verfahrensschritte, allfällige Vermittlungsvereinbarungen, Kosten und weitere Folgerungen Auskunft. Er wird allen Beteiligten sowie dem Kirchenrat und der zuständigen Bezirkskirchenpflege in einem Exemplar zur Verfügung gestellt.

Der Vermittlungsvertrag, der Schlussbericht sowie allfällige Zwischenberichte sind dem Kirchenrat zur Archivierung zu übergeben. Im Übrigen sind ausser anonymisierten statistischen Angaben Akten nach Abschluss eines Vermittlungsverfahrens, jedenfalls spätestens zehn Jahre nach dessen Beendigung, zu vernichten, soweit die Parteien und die Vermittlungskommission nicht in allseitiger Übereinstimmung etwas anderes schriftlich festgelegt haben.


VI. Schlussbestimmung

Inkrafttreten
§ 12. Diese Verordnung tritt gleichzeitig mit dem revidierten Art. 40 und dem neuen Art. 40 a der Kirchenordnung auf den 1. Oktober 1999 in Kraft.

Zürich, 14. Juli 1999

Im Namen des Kirchenrates

Ruedi Reich Hans Stamm
Kirchenratspräsident Kirchenratsschreiber