Gesetz
betreffend die Abtretung von Privatrechten
(vom 30. November 1879) FN1

I. Allgemeine Bestimmungen

§ 1. Jedermann ist verpflichtet, da wo das öffentliche Wohl es erheischt, sein Eigentum an beweglichen und unbeweglichen Sachen sowie andere auf unbewegliche Sachen bezügliche Rechte dauernd oder zeitweilig abzutreten (Art. 4 der Staatsverfassung) FN2.

Wo in diesem Gesetz der Ausdruck «Abtretung von Rechten» gebraucht wird, ist darunter auch das Einräumen von Rechten inbegriffen.

§ 2. Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung auf Zwangsenteignungen, welche nach den bestehenden Gesetzen von Privaten auf Grund zivilrechtlicher Verhältnisse verlangt werden können.

§ 3. Die Abtretung von Privatrechten kann begehrt werden:

a) für öffentliche Unternehmungen, welche die Genehmigung des Regierungsrates erlangt haben;
b) für Privatunternehmungen, welche im öffentlichen Interesse liegen, nach eingeholter Bewilligung des Kantonsrates.

§ 4. Wo Gefahr im Verzug liegt, wie z. B. bei Feuerausbrüchen oder Wassersnot, kann die sofortige Abtretung von Privatrechten durch Beamte oder Beauftragte von Kantonal-, Bezirks- und Gemeindebehörden verfügt werden.

§ 5. Mit Bezug auf Werke, welche im Interesse des öffentlichen Wohles liegen, ist der Regierungsrat oder die zuständige Gemeindebehörde befugt, vorbereitende Handlungen, wie Aufnahme von Plänen, Vornahme von Aussteckungen und dergleichen, anzuordnen oder zu gestatten.

Jedermann ist verpflichtet, solche Handlungen geschehen zu lassen, dagegen berechtigt, vollen Ersatz des hieraus erwachsenden Schadens und Kautionsbestellung für die Bezahlung dieser Entschädigung zu fordern.

Die Ausmittlung der zu leistenden Entschädigung erfolgt nach Massgabe der §§ 32ff. dieses Gesetzes. Anstände über die Kautionsbestellung entscheidet der Bezirksgerichtspräsident im summarischen Verfahren.

§ 6. Wer Signale, Pfähle oder andere Zeichen, die bei einer Vermessung oder Aussteckung angebracht werden, verändert, beschädigt oder beseitigt, wird nach §§ 13 des kantonalen Straf- und Vollzugsgesetzes bestraft.

II. Abtretung

§ 7. Soweit das gegenwärtige Gesetz nicht etwas anderes bestimmt, ist niemand verpflichtet, von seinem Eigentum mehr abzutreten, als zur Ausführung und zweckmässigen Benutzung des zu erstellenden Werkes erforderlich ist.

§ 8. Wenn von einem Gebäude oder einem Komplex von Liegenschaften, der zur Betreibung eines Gewerbes dient, nur ein Teil in Abtretung fällt, ohne welchen die bisherige Benutzung des Gebäudes oder die Betreibung des Gewerbes entweder gar nicht oder nur mit grossen Schwierigkeiten möglich ist, so kann der Abtretungspflichtige verlangen, dass ihm das ganze Gebäude oder der ganze Liegenschaftenkomplex abgenommen werde.

Dasselbe gilt, wenn von einem landwirtschaftlichen Grundstück oder einem Bauplatz dem Abtretungspflichtigen nur ein so kleiner Teil übrig bleibt, dass dessen Benutzung oder Verwertung gar nicht oder nur mit grossen Schwierigkeiten möglich ist.

§ 9. Müsste für die Abtretung eines Rechtes dem hiezu Verpflichteten wegen daheriger Verminderung des Wertes der ihm verbleibenden mit diesem Rechte zusammenhängenden Vermögensstücke mehr als ein Viertel des Wertes der letzteren als Entschädigung gegeben werden, so ist die Unternehmung berechtigt, die gänzliche Abtretung der betreffenden Vermögensstücke gegen volle Entschädigung zu verlangen.

§ 10. Ist die Abtretung bloss zu einem vorübergehenden Zweck erforderlich, z. B. zum Gehen, zum Fahren, zur Gewinnung oder Ablagerung von Baumaterialien, so ist der Eigentümer auch nur zu dieser zeitweiligen Überlassung, jedoch nicht für länger als drei Jahre und nur gegen volle Entschädigung, verpflichtet.

III. Entschädigung

§ 11. Die Abtretung von Privatrechten sowie die Eigentumsbeschränkung (Errichtung von Servituten) oder die vorübergehende Benutzung von Grundeigentum darf nur gegen vollen Ersatz aller Vermögensnachteile, welche hieraus für den Abtretenden ohne seine Schuld erwachsen, gefordert werden.

§ 12. Werterhöhungen und Vorteile, welche dem Abtretungspflichtigen für den ihm verbleibenden Teil seiner Liegenschaften infolge des Unternehmens erwachsen, sollen bei Bestimmung der Entschädigung in billige Berücksichtigung gezogen werden.

Dasselbe soll auch in den Fällen geschehen, in welchen der Abtretungspflichtige durch das Unternehmen von besonderen Lasten befreit wird.

§ 13. Bei Bestimmung der für das abzutretende Recht zu leistenden Entschädigung ist der Verkehrswert massgebend. Für die Unfreiwilligkeit kann ein Zuschlag von höchstens 20% dieses Wertes gemacht werden.

Bei Bestimmung des mittelbaren Schadens sind namentlich zu berücksichtigen und getrennt zu behandeln:

a) die Wertverminderung der dem Abtretungspflichtigen verbleibenden Vermögensstücke;
b) der Schaden, welcher dem Abtretungspflichtigen vorübergehend oder bleibend in seinem Erwerb erwächst;
c) die Wertverminderung der Bodenerzeugnisse;
d) allfällige Umzugskosten oder Entschädigungen, welche Nebenbeteiligten, z. B. einem Dienstbarkeitsberechtigten, einem Pächter oder Mieter, zu leisten sind.

§ 14. Ausser dem Eigentümer haben auch Inhaber von anderen dinglichen Rechten am Expropriationsobjekt sowie Mieter oder Pächter das Recht, ihre Einsprachen oder Forderungen selbständig zu vertreten.

§ 15. Für projektierte oder angefangene Neubauten, Anpflanzungen und Verbesserungen ist keine Entschädigung zu leisten, wenn sich ergibt, dass dieselben in der Absicht projektiert oder vorgenommen wurden, eine höhere Entschädigung zu erzielen. Diese Absicht ist insbesondere dann als vorhanden anzunehmen, wenn solche Vorkehrungen erst nach den in den §§ 3, 5 und 21 erwähnten einleitenden Schritten erfolgt sind und der

Abtretungspflichtige nicht nachweist, dass er die Ausführung jener Projekte schon früher vorbereitet habe.

§ 16. Alle Bauten, welche infolge der Ausführung eines Unternehmens behufs Erhaltung ungestörter Kommunikation oder im Interesse der öffentlichen Sicherheit oder derjenigen des Einzelnen notwendig werden, sind, soweit nicht privatrechtliche Verpflichtungen bestehen, von dem Exproprianten zu erstellen. Demselben liegt überdies die Unterhaltung solcher Bauten ob, soweit sonst für Andere neue oder grössere Unterhaltungspflichten als bis anhin entstehen würden.

IV. Beitragspflicht

§ 17. Auf Verlangen einer öffentlichen Unternehmung können Eigentümer, deren Liegenschaft durch dieselbe in ungewöhnlicher Weise Nutzen erwächst, mit einem Beitrag an die Kosten des Unternehmens belegt werden, gleichviel ob sie Rechte abzutreten haben oder nicht. Dieser Beitrag darf im Falle eines eingetretenen Mehrwertes bis auf die Hälfte desselben und im Falle einer Befreiung von besonderen Lasten höchstens entsprechend dem halben Werte der letzteren angesetzt werden. Wo von einem Abtretungspflichtigen ein solcher Beitrag gefordert wird, ist derselbe mit der nach § 11 ausgemittelten Entschädigungssumme zu verrechnen.

Zugunsten von Privatunternehmungen (§ 3 lit. b) können solche Beiträge nicht gefordert werden.

§ 18. Soweit durch besondere Gesetze Grundeigentümer verpflichtet werden, Beiträge an die Kosten öffentlicher Unternehmungen zu leisten, soll durch diese Bestimmungen hieran nichts geändert werden.

§ 19. Wo es sich um Beiträge von grösserem Belange handelt, kann der Zahlungstermin, nötigenfalls gegen Sicherstellung des Beitrags, angemessen hinausgeschoben oder ratenweise Abzahlung gestattet werden. Jedenfalls sind die Zahlungsbedingungen tunlichst den ökonomischen Verhältnissen des Beitragspflichtigen anzupassen.

§ 20. Die Festsetzung der Beitragspflicht sowie die Bestimmung der Grösse und Verfallzeit der Beiträge geschieht durch die in den §§ 32ff. vorgesehenen Schätzungskommissionen beziehungsweise das Verwaltungsgericht.

V. Administrativverfahren

§ 21. Wird für ein öffentliches oder Privatunternehmen (§ 3 lit. a und b) das Recht der Expropriation verlangt, so ist das Gesuch hiefür, begleitet von einem Plane des Projektes, dem Regierungsrat einzureichen.

Der Regierungsrat prüft das Gesuch in bezug auf die öffentlichen Interessen sowie mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 10.

Bevor der Regierungsrat das Expropriationsrecht erteilt oder einen diesfälligen Antrag dem Kantonsrat vorlegt, ist durch öffentliche Bekanntmachung eine Frist zur Einreichung allfälliger Einsprachen gegen die Erteilung des Expropriationsrechtes an den Gesuchsteller anzusetzen.

Über diese Einsprachen entscheidet in erster Instanz der Bezirksrat.

Hat der Regierungsrat beziehungsweise der Kantonsrat das Recht der Expropriation erteilt, so kann gegen das Projekt im allgemeinen keine Einsprache mehr erhoben werden.

§ 22. Nimmt der Staat für ein von ihm auszuführendes Werk die Abtretungspflicht in Anspruch oder ist einem öffentlichen oder Privatunternehmen das Recht der Expropriation erteilt, so hat der Expropriant das Projekt auf der Lokalität auszustecken, soweit dies nicht bereits geschehen ist, und auf der Gemeinderatskanzlei jeder Gemeinde, in welcher Abtretungen erfolgen sollen, einen Plan aufzulegen, in welchem die einzelnen in Frage kommenden Grundstücke genau zu verzeichnen sind.

Diesem Plan ist für jede einzelne Gemeinde ein Verzeichnis der sämtlichen für Abtretung von Rechten oder für Leistung von Beiträgen in Anspruch genommenen Personen sowie der an sie gestellten Ansprüche beizulegen.

§ 23. Der Gemeinderat hat sofort nach Empfang dieses Planes in üblicher Weise öffentlich bekannt zu machen, dass derselbe während 20 Tagen, vom Tage der Bekanntmachung an gerechnet, zu jedermanns Einsicht bereit liege. Gleichzeitig gibt er den betreffenden Grundeigentümern von dem Umfang der an sie gestellten Ansprüche Kenntnis unter Ansetzung einer Frist von 20 Tagen, binnen welcher sie diesfällige Einsprachen sowie ihre Entschädigungsforderungen und andere Rechtsansprüche bei der Gemeinderatskanzlei schriftlich anzumelden haben. Unterlässt ein Grundeigentümer diese Anmeldung, so wird angenommen, er sei mit der ihm zugemuteten Abtretung beziehungsweise der gestellten Beitragsforderung einverstanden und anerkenne mit Bezug auf seine eigenen Ansprüche zum voraus die Richtigkeit des Entscheides der Schätzungskommission.

§ 24. Glaubt ein Abtretungspflichtiger, dass ohne wesentliche Änderung des Projektes und ohne Nachteil für dasselbe die Abtretung ganz oder teilweise vermieden werden könne, so ist er auch innerhalb der Frist des § 23 befugt, eine Abänderung zu beantragen.

Werden durch eine solche Abänderung die Rechte anderer Abtretungspflichtiger oder dritter Personen betroffen, so hat der Gemeinderat diesen hievon Kenntnis zu geben und sie aufzufordern, ihre allfälligen Einsprachen sowie ihre Rechtsansprüche und Forderungen für den Fall eintretender Abänderung innerhalb bestimmter Frist anzumelden.

§ 25. Dem Gemeinderat liegt ob, nach Ablauf der in den §§ 23 und 24 vorgeschriebenen Frist ungesäumt die erhobenen Einsprachen und gestellten Forderungen dem Exproprianten in Abschrift mitzuteilen.

§ 26. Vom Tage der öffentlichen Bekanntmachung des Bauplanes an (§ 23) dürfen, Notfälle vorbehalten, ohne Einwilligung der Unternehmung an der äussern Beschaffenheit des Abtretungsgegenstandes keine wesentlichen, mit Beziehung auf die rechtlichen Verhältnisse desselben aber gar keine Veränderungen vorgenommen werden. Diesfällige Streitigkeiten entscheidet der Bezirksgerichtspräsident im summarischen Verfahren nach freiem Ermessen.

Der Expropriant hat für den aus dieser Einschränkung des freien Verfügungsrechtes hervorgegangenen Schaden Ersatz zu leisten. Die Ausmittlung des Schadens erfolgt nach Massgabe der §§ 32ff.

Nach Ablauf zweier Jahre vom Tage der öffentlichen Bekanntmachung an ist der Abtretungspflichtige nicht mehr an diese Einschränkung gebunden.

§ 27. Veränderungen, welche im Widerspruch mit den Vorschriften des § 26 vorgenommen wurden, sind bei Ausmittlung der Entschädigungssumme nicht zu berücksichtigen und verpflichten zum Ersatz des dem Exproprianten hieraus entstehenden Schadens.

§ 28. Die Vorschriften der §§ 26 und 27 sind in die gemäss § 23 zu erlassende Bekanntmachung aufzunehmen.

§ 29. Nach Empfang der gemeinderätlichen Mitteilung hat der Expropriant vorerst den Versuch zu machen, sich mit denjenigen, welche Einsprachen erhoben oder Forderungen gestellt haben (§§ 23, 24 und 14) sowohl über den Umfang der Abtretung, auch im Sinne der §§ 8 und 9, als auch über die von ihm zu erfüllenden Leistungen (§ 16) und das Mass der Entschädigung zu verständigen.

Ebenso liegt ihm dies gegenüber allfälligen Beitragspflichtigen hinsichtlich der Beitragspflicht und der Grösse und Verfallzeit der Beiträge ob.

§ 30. Kann eine gütliche Verständigung über Änderungen im Sinne des § 24 nicht erzielt werden, so entscheidet hierüber erstinstanzlich der Bezirksrat, in zweiter Instanz der Regierungsrat.

§ 31. Nach Erledigung aller Streitigkeiten über den Umfang der Abtretung ist von dem Exproprianten jeder zuständigen Notariatskanzlei ein Doppel des endgültigen Planes, soweit derselbe ihren Kreis betrifft, nebst Grunderwerbungstabelle behufs Aufnahme in ihr Archiv zuzustellen.

VI. Schätzungsverfahren

§ 32. Insofern die in § 29 vorgesehene gütliche Verständigung nicht erzielt werden konnte oder über die in den §§ 5 und 26 erwähnten Ansprüche Streit entsteht, ist der Entscheid zunächst Sache besonderer Schätzungskommissionen.

§ 33. Der Kanton wird in folgende vier Schätzungskreise eingeteilt:

I. Kreis: die Bezirke Zürich, Bülach und Dielsdorf;

II. Kreis: die Bezirke Affoltern, Horgen und Meilen;

III. Kreis: die Bezirke Hinwil, Uster und Pfäffikon;

IV. Kreis: die Bezirke Winterthur und Andelfingen.

§ 34. Das Verwaltungsgericht wählt für jeden dieser Kreise je auf die Dauer von drei Jahren mit Wiederwählbarkeit drei Schätzer und zwei Ersatzmänner.

§ 35. Dem Verwaltungsgericht steht die Aufsicht über die Schätzungskommissionen zu; über das Verfahren derselben wird es ein Reglement FN5 erlassen.

§ 36. Die Entschädigungen für die Mitglieder der Schätzungskommissionen werden vom Regierungsrat festgesetzt.

§ 37. Der Ausstand der Mitglieder der Schätzungskommissionen richtet sich nach dem Gerichtsverfassungsgesetz FN4.

§ 38. Zur Gültigkeit der Verhandlungen der Schätzungskommission ist die Anwesenheit aller drei Mitglieder beziehungsweise ihrer Ersatzmänner erforderlich.

§ 39. Behufs Anordnung des Schätzungsverfahrens hat sich die Unternehmung an das Statthalteramt zu wenden, welches sodann die sämtlichen im Administrativverfahren gesammelten Akten der zuständigen Schätzungskommission zustellt.

Bei Unternehmungen, die im Gebiet zweier Kreise liegen, ist diejenige Schätzungskommission zuständig, in deren Kreis der grössere Teil des Werkes liegt.

§ 40. Zur Erledigung der streitigen Fälle durch die Schätzungskommission sind die sämtlichen Abtretungs- oder Beitragspflichtigen sowie der Expropriant acht Tage vor der Verhandlung vorzuladen, unter der Androhung, dass im Falle des Ausbleibens die Schätzung gleichwohl stattfinde.

§ 41. Die Schätzer lassen sich sowohl von dem Exproprianten als auch von den Abtretungs- oder Beitragspflichtigen die nötigen Aufschlüsse über den Wert der in Frage kommenden Grundstücke und hiemit zusammenhängenden Rechte sowie über allfällige den benachbarten Grundstücken aus der Unternehmung erwachsende Vorteile geben.

Überdies liegt der Schätzungskommission ob, sich durch Auszüge aus den Grundbüchern, durch Augenschein oder anderweitige geeignete Nachforschungen über den Wert der abzutretenden Rechte ein Urteil zu bilden. Sie ist befugt, Sachkundige mit beratender Stimme beizuziehen.

§ 42. FN8 Die Schätzungskommission trifft ihren Entscheid über die strittigen Ansprüche in der Regel innerhalb von vierzehn Tagen nach der letzten Verhandlung. Sie eröffnet ihn mit ihrer Begründung jedem Abtretungs- oder Beitragspflichtigen und dem Exproprianten.

Der Entscheid der Schätzungskommission stellt ein rechtskräftiges Urteil dar, soweit er nicht mit Rekurs beim Verwaltungsgericht angefochten wird.

§§ 43-45. FN7

VII. Gerichtliches Verfahren

§ 46. FN8 Gegen Entscheide der Schätzungskommissionen kann innert 20 Tagen seit der Eröffnung von den Abtretungs- oder Beitragspflichtigen und vom Exproprianten Rekurs beim Verwaltungsgericht angemeldet werden.

Das Verwaltungsgericht setzt eine Frist zur Einreichung der Rekursschrift an und entscheidet über den Rekurs nach den Bestimmungen über die Verwaltungsrechtspflege.

§ 47. FN7

§ 48.

§§ 49 und 50. FN7

§ 51. Das Verwaltungsgericht hat den Schätzungsbericht wie einen gerichtlich erhobenen Expertenbericht zu berücksichtigen.

VIII. Vollzug der Abtretung

§ 52. Mit dem Tage, an welchem der Entscheid einer Schätzungskommission oder das richterliche Urteil in Rechtskraft tritt, kann die Erfüllung der durch dieselben auferlegten Verpflichtungen gefordert werden. Immerhin bleiben die Bestimmungen des § 19 vorbehalten.

§ 53. Bevor die gütlich oder rechtlich ausgemittelte Entschädigung vollständig bezahlt ist, darf der Expropriant über das Abtretungsobjekt ohne Zustimmung des bisherigen Berechtigten weder verfügen noch Veränderungen an demselben vornehmen.

§ 54. Ausnahmsweise ist in Fällen, wo bedeutender Nachteil mit dem Verzug verbunden wäre, der Expropriant berechtigt, bei Anlass des Schätzungsverfahrens die sofortige Abtretung der Rechte zu verlangen, sofern entweder der Schätzungsbericht genügenden Aufschluss über den Gegenstand der Abtretung enthält oder die Grösse der Entschädigung sich auch nach vollzogener Abtretung der Rechte noch mit Sicherheit ermitteln lässt. Der Expropriant hat jedoch in diesem Falle dem Abtretungspflichtigen auf Verlangen eine durch die Schätzungskommission zu bezeichnende Kaution zu leisten und den Zins zu fünf Prozent der Entschädigungssumme von dem Tage des Überganges der Rechte an bis zur Bezahlung der Entschädigung zu entrichten.

Streitigkeiten über die Anwendung dieser Bestimmungen entscheidet der Regierungsrat.

§ 55. Übersteigt die an einen Abtretungspflichtigen zu leistende Entschädigung den in Art. 804 ZGB FN6 festgesetzten Betrag, erfolgt ihre Auszahlung durch das Grundbuchamt.

§ 56. Mit der Bezahlung der Entschädigung gehen die abzutretenden Rechte ohne weiteres an den Exproprianten über.

§ 57. Ist infolge der Abtretung Eigentum an den Exproprianten übergegangen, so erlöschen damit alle dinglichen Rechte dritter Personen an dem Abtretungsgegenstand.

IX. Rückforderung der Leistungen

§ 58. Ein abgetretenes Recht kann gegen Rückerstattung der dafür erhaltenen Entschädigung von dem früheren Inhaber wieder zurückgefordert werden, wenn:

a) binnen zwei Jahren vom Tage der Abtretung an das öffentliche Werk, für welches die Abtretung stattfand, nicht unternommen oder das betreffende Recht nicht zu dem bei der Abtretung angegebenen Zwecke benutzt wurde, ohne dass sich hinreichende Gründe hiefür anführen lassen, oder
b) das abgetretene Recht zu einem andern Zwecke als dem bei der Expropriation bezeichneten benutzt werden will.

Unter den nämlichen Voraussetzungen können auch die nach § 17 bezahlten Beiträge wieder zurückgefordert werden.

§ 59. Bei Rückforderung abgetretenen Eigentums, an welchem der Expropriant Veränderungen vorgenommen hat, die den Wert desselben erhöhen oder vermindern, ist im ersteren Falle der Mehrwert, jedoch höchstens im Betrag der gemachten Verwendungen, zu erstatten, im letzteren Falle der eingetretene Minderwert abzurechnen.

§ 60. Wenn ein abgetretenes Recht um einen niedrigeren Betrag als den für die Abtretung bezahlten vom Exproprianten veräussert werden will, so ist der frühere Eigentümer befugt, die Rückerstattung des Rechtes gegen Bezahlung jenes Betrages, für welchen die Veräusserung beabsichtigt wird, zu verlangen.

§ 61. Streitigkeiten über die Anwendung der §§ 58-60 sind vom Verwaltungsgericht zu entscheiden.

X. Kosten

§ 62. Die Kosten der in § 23 vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachung, der Hinterlegung von Kautionen (§§ 5 und 54), der notarialischen Fertigung, der Umänderung von Grundplänen (§ 31), der Auszahlung der Entschädigungssumme (§ 55) sind in allen Fällen durch den Exproprianten zu tragen.

Ebenso trägt derselbe die Kosten der Rückforderung und Rückübertragung im Falle der §§ 58-60.

§ 63. Die Kosten des Schätzungsverfahrens trägt in der Regel der Expropriant; in Fällen jedoch, wo die bei der gütlichen Unterhandlung zuletzt gestellte Forderung des Abtretungspflichtigen die festgesetzte Entschädigung um mehr als die Hälfte übersteigt, kann durch die Schätzungskommission eine angemessene Verteilung der Kosten auf beide Teile stattfinden.

Beitragspflichtigen dürfen keine Kosten auferlegt werden.

§ 64. Für die Kosten des gerichtlichen Verfahrens gilt das Verwaltungsrechtspflegegesetz FN3.

Vollziehungsbestimmung

§ 65. Dieses Gesetz tritt sofort in Kraft; Expropriationsprozesse jedoch, welche bereits bei den Gerichten anhängig sind, sind auch in prozessualischer Beziehung nach den bisherigen Bestimmungen durchzuführen. Durch dasselbe werden alle damit im Widerspruch stehenden Bestimmungen früherer Gesetze, insbesondere das Gesetz über die Abtretung von Privatrechten vom 21. März 1838, aufgehoben.

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FN1 OS 20, 114 und GS V, 687.
FN2 101.
FN3 175.2.
FN4 211.1.
FN5 781.2.
FN6 SR 210.
FN7 Aufgehoben durch Verwaltungsrechtspflegegesetz vom 8. Juni 1997 (OS 54, 268). In Kraft seit 1. Januar 1998 (OS 54, 290).
FN8 Fassung gemäss Verwaltungsrechtspflegegesetz vom 8. Juni 1997 (OS 54, 268). In Kraft seit 1. Januar 1998 (OS 54, 290).