Einführungsgesetz
zur Bundesgesetzgebung über die Kranken-
und Unfallversicherung FN10
(vom 3. Oktober 1965) FN1

I. Obligatorische Krankenversicherung FN8

A. Umfang der Versicherungspflicht

Einführung der Versicherungspflicht
§ 1. Die Gemeinden sind befugt, gemäss der Bundesgesetzgebung über die Krankenversicherung FN5 und gemäss diesem Gesetz die Krankenversicherung obligatorisch zu erklären. FN10

Grenzen der Versicherungspflicht
§ 2. Die Versicherungspflicht darf eingeführt werden:

1. für Familien (Ehepaare und Einzelpersonen samt ihren unmündigen Kindern) mit einem Einkommen bis höchstens 12 000 Franken FN7, zuzüglich 1500 Franken FN7 für jedes unmündige Kind;

2. für Einzelpersonen mit einem Einkommen bis höchstens 10 000 Franken FN7.

Einzelpersonen unter 20 Jahren sind auf Gesuch hin von der Versicherungspflicht zu befreien, wenn das Einkommen ihrer Eltern samt den Zuschlägen für die unmündigen Kinder über der Grenze liegt, welche die Gemeinde für die Versicherungspflicht festsetzt.

Ermittlung der Versicherungspflicht
§ 3. Als Einkommen gilt das steuerrechtliche Reineinkommen, vermehrt um einen Zehntel des steuerrechtlichen Reinvermögens, soweit dieses 40 000 Franken FN7 übersteigt.

Als Grundlage für die Ermittlung der Versicherungspflicht dienen die aus dem Register für die Staats- und Gemeindesteuern ersichtlichen Reineinkommen und Reinvermögen.

Ausnahmen von der Versicherungspflicht
§ 4. Die Gemeinden bestimmen Beginn und Ende der Versicherungspflicht. Sie können Ausnahmen festlegen und die in den §§ 2 und 3 gezogenen Grenzen herabsetzen.

B. Die Versicherungsträger

Grundsatz
§ 5. Als Versicherungsträger sind nur vom Bund anerkannte Krankenkassen zugelassen.

ÖffentlicheKassen
§ 6. Die Gemeinden können zur Durchführung der Versicherung öffentliche Kassen einrichten und ihnen die Rechtspersönlichkeit verleihen.

Sie können die öffentlichen Kassen ermächtigen, neben Versicherungspflichtigen auch andere Mitglieder aufzunehmen.

Rechte der privaten neben öffentlichen Kassen
§ 7. Die in der Gemeinde tätigen Kassen haben das Recht, neben einer öffentlichen Kasse bei der Durchführung der Versicherung mitzuwirken. Ihre Mitwirkung ist durch Vertrag zu regeln.

Gewährleisten diese Kassen eine gleichwertige Versicherung, sind allfällige Beiträge, welche die Gemeinde der öffentlichen Kasse gewährt, auch ihnen auszurichten.

Private Kassen
§ 8. Werden keine öffentlichen Kassen eingerichtet, ist die Versicherung durch Verträge privaten Kassen zu übertragen.

Die Gemeinden setzen die Bedingungen für die Zulassung der privaten Kassen als Vertragskassen fest.

Die in der Gemeinde tätigen Kassen, die diese Bedingungen erfüllen, haben ein Recht auf Zulassung.

Bestimmungen der privaten Kassen über die Rechtsstellung der Versicherungspflichtigen
§ 9. Die Bestimmungen der privaten Kassen über die Rechtsstel-lung der Versicherungspflichtigen bedürfen der Genehmigung der Gemeinde.

Sicherung der Rechte der Versicherten
§ 10. Die öffentlichen und die Vertragskassen dürfen die Versicherten während der Dauer der Versicherungspflicht nicht ausschliessen oder in den Mindestansprüchen einschränken, die ihnen nach Bundesrecht zustehen.

Zwangszuteilung
§ 11. Versicherungspflichtige, die der Aufforderung zum Beitritt in eine Kasse nicht nachkommen, sind von der Gemeinde der öffentlichen oder einer Vertragskasse zuzuteilen.

Anderweitige Versicherung
§ 12. Die Versicherungspflicht kann nach freier Wahl ausser in den von der Gemeinde bestimmten Kassen in jeder anderen anerkannten Kasse mit Krankenpflegeversicherung erfüllt werden.

C. Versicherungs- und Beitragsleistungen

Umfang der Versicherung
13. Den Versicherungspflichtigen sind mindestens die Leistungen zu gewähren, die die Bundesgesetzgebung FN5 für die Krankenpflegeversicherung vorschreibt. FN10

Die Gemeinden können die öffentlichen und die Vertragskassen zu weitergehenden Leistungen veranlassen.

Sicherung der Rechte der Kassen
§ 14. Die Gemeinden haben den öffentlichen und den Vertragskassen die nicht erhältlichen Mitgliederbeiträge Versicherungspflichtiger zu ersetzen.

Der Anspruch auf diese Beiträge geht im Ausmass der Ersatzleistung auf die Gemeinde über.

Haftung
§ 15. FN11 Für die Mitgliederbeiträge und die Selbstbehalte der Ehegatten sowie der im gleichen Haushalt lebenden unmündigen Kinder haften die Ehegatten solidarisch.

Einzahlung der Beiträge durch die Arbeitgeber
§ 16. FN10 Soweit die Bundesgesetzgebung FN5 es erlaubt, können die Gemeinden die Arbeitgeber allgemein oder von Fall zu Fall verpflichten, die Beiträge ihrer versicherungspflichtigen Arbeitnehmer vom Lohn abzuziehen und einzuzahlen.

II. Staatsbeiträge an die Krankenversicherung

Grundbeiträge
§ 17. FN11 Der Staat gewährt den anerkannten Krankenkassen, die für Männer und Frauen die gleiche Prämie erheben, jährliche Beiträge an die Kosten der Krankenpflegeversicherung ihrer Mitglieder.

Der Betrag wird in Prozenten der vom Bund errechneten durchschnittlichen Krankenpflegekosten je Mann, Frau und Kind berechnet.

Er beträgt:

- in der obligatorischen Versicherung 5% für den Mann, 20% für die Frau und 15% für das Kind,

- in der freiwilligen Versicherung die Hälfte der Ansätze.

Als Kinder gelten Versicherte bis und mit dem Jahr, in dem sie das 15. Lebensjahr zurücklegen.

Sonder-
leistungen bei Mutterschaft
§ 18. Der Staat gewährt den anerkannten Krankenkassen für die Krankenpflegeversicherung unter den gleichen Voraussetzungen wie der Bund jährliche Beiträge an die Leistungen bei Mutterschaft sowie Stillgelder zuhanden der Wöchnerinnen.

Der Beitrag für die Leistungen bei Mutterschaft wird in Prozenten der durchschnittlichen Pflegekosten je Wochenbett berechnet, wie sie zur Berechnung der Bundesbeiträge massgebend sind. Er beträgt in der obligatorischen Versicherung 20%, in der freiwilligen Versicherung 10% dieser Kosten.

Das staatliche Stillgeld beträgt für obligatorisch und freiwillig versicherte Wöchnerinnen 100 Franken FN13; bei Mehrlingsgeburten wird es für jedes Kind ausgerichtet. Die Krankenkassen haben es den Wöchnerinnen ungekürzt neben dem statutarischen Stillgeld zukommen zu lassen.

Zusätzliche Subventionen
§ 18 a. FN12 Der Staat kann anerkannten Krankenkassen, die freiwillig Zusatzleistungen zur Krankheitsvorbeugung oder -behandlung erbringen, für die häusliche Krankenpflege sowie für Vorsorgeuntersuchungen und Behandlungen zusätzliche Subventionen bis zu 70% der beitragsberechtigten Ausgaben gewähren.

Zweckbestimmung der Beiträge
§ 19. Die Beiträge werden nur für Versicherte mit Wohnsitz im Kanton Zürich gewährt. Sie sind zur Ermässigung der Mitgliederbeiträge dieser Versicherten zu verwenden. Die Beiträge für obligatorisch Versicherte sind zur Hälfte, die Beiträge für Kinder ausschliesslich für diese Mitgliedergruppen zu verwenden. FN11

Kassen, die auch Mitglieder aus andern Kantonen aufnehmen, haben für die im Kanton Zürich ansässigen Versicherten getrennt Rechnung zu führen.

III. Rechtspflege in der Kranken- und Unfallversicherung FN10

§§ 20-26. FN14

IV. Vollzugsbestimmungen

Aufgaben des Regierungsrates
§ 27. Der Regierungsrat sorgt für den Vollzug dieses Gesetzes. Er kann Vollzugsverordnungen erlassen.

Er ist befugt, die in den §§ 2, 3, 18 Absatz 3 und 23 genannten Geldbeträge entsprechend den jeweiligen Änderungen des Landesindexes der Konsumentenpreise abzuändern. Ändert sich der vom Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit errechnete Index der Arbeiterlöhne abweichend, kann er angemessen mitberücksichtigt werden. FN9

Aufgaben der Direktion des Gesundheitswesens
§ 28. Die Direktion des Gesundheitswesens führt die Aufsicht über den Vollzug der Versicherungspflicht und überwacht die Verwendung der Staatsbeiträge.

Sie kann dazu Weisungen erlassen und unmittelbar einschreiten, wenn es zur vorschriftsgemässen Durchführung der Versicherungspflicht oder zur Wahrung der Rechte der Versicherten notwendig ist.

Zur Kontrolle der Beitragsberechtigung und der Verwendung der Beiträge sind ihr auf Verlangen die Bücher und Belege vorzuweisen und die erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

Kürzung, Verweigerung und Rückforderung von Staatsbeiträgen
§ 29. Die Direktion des Gesundheitswesens kann die Staatsbeiträge kürzen oder verweigern, wenn eine Krankenkasse die Vorschriften fortgesetzt oder in schwerwiegender Weise verletzt.

Zu Unrecht ausgerichtete Staatsbeiträge können in jedem Zeitpunkt zurückgefordert oder mit geschuldeten Beiträgen verrechnet werden.

Verordnungen der Gemeinden
§ 30. Die Verordnungen, welche die Gemeinden zum Vollzug dieses Gesetzes erlassen, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung der Direktion des Gesundheitswesens.

Krankenversicherungskommission
§ 31. Der Regierungsrat wählt eine Krankenversicherungskommission, der Vertreter der Krankenkassen, Ärzte, Apotheker und Krankenhäuser angehören sollen.

Die Kommission begutachtet zuhanden der Direktion des Gesundheitswesens Fragen der Krankenversicherung.

Strafbestimmung
§ 32. Übertretungen dieses Gesetzes und der zu seiner Ausführung erlassenen Vorschriften können mit Busse bestraft werden.

Inkrafttreten
§ 33. Dieses Gesetz tritt nach der Annahme durch die Stimmberechtigten am Tage nach der amtlichen Veröffentlichung des kantonsrätlichen Erwahrungsbeschlusses in Kraft. Auf den gleichen Zeitpunkt wird das Einführungsgesetz vom 6. Juni 1926 zum Bundesgesetz über die Kranken- und Unfallversicherung aufgehoben.

Die Staatsbeiträge werden erstmals im Jahre 1965 für das Jahr 1964 nach den neuen Bestimmungen ausgerichtet. Sie werden nach der Zahl der im Jahre 1964 versicherten Mitglieder berechnet.

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FN1 OS 42, 161 und GS VI, 341.
FN2 211.1.
FN3 271.
FN4 832.11.
FN5 SR 832.
FN6 SR 832.10.
FN7 Heutige Ansätze siehe 832.14.
FN8 Vom Bundesrat genehmigt am 1. Dezember 1965.
FN9 Eingefügt durch G vom 26. September 1982 (OS 48, 607).
FN10 Fassung gemäss G vom 26. September 1982 (OS 48, 607).
FN11 Fassung gemäss G vom 26. November 1989 (OS 51, 6). In Kraft seit 1. Januar 1991 (OS 51, 8).
FN12 Fassung gemäss Staatsbeitragsgesetz vom 1. April 1990 (OS 51, 77). In Kraft seit 1. Januar 1991 (OS 51, 350).
FN13 Ansatz gemäss RRB vom 19. September 1990 (OS 51, 225). In Kraft seit 1. Januar 1991.
FN14 Aufgehoben durch G über das Sozialversicherungsgericht vom 7. März 1993 (OS 52, 420). In Kraft seit 1. Januar 1995 (OS 53, 34).