Habilitationsordnung
der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich

(vom 25. November 2002)

Der Universitätsrat beschliesst:

1. Teil: Allgemeine Bestimmungen

Bedeutung der Habilitation
§ 1. Mit der Habilitation werden wissenschaftlich ausgewiesene Personen zu Privatdozentinnen oder Privatdozenten ernannt. Sie erhalten damit die Lehrbefugnis (Venia Legendi).

Ziel des Habilitationsverfahrens
§ 2. Das Habilitationsverfahren dient der Prüfung der Befähigung, ein Fachgebiet in Forschung und Lehre selbstständig an der Universität zu vertreten.

Grundlagen für die Habilitation
§ 3. Die Grundlagen für die Habilitation bilden eine Habilitationsschrift und eine Probevorlesung. Zusätzlich werden die wissenschaftlichen Qualifikationen der Habilitandin oder des Habilitanden (eigenständige wissenschaftliche Leistungen, angemessene Publikationstätigkeit) sowie die Lehrtätigkeit in die Beurteilung einbezogen.

Habilitationsschrift
§ 4. Die Habilitationsschrift ist ein selbstständiger wissenschaftlicher Beitrag zu einem Thema aus dem Fachgebiet, für das die Venia Legendi erteilt werden soll. Sie besteht aus

a) einer Monografie oder

b) einer Reihe wissenschaftlicher Abhandlungen, welche durch einen einleitenden und zusammenfassenden Text ergänzt wird.

Probevorlesung
§ 5. Die Probevorlesung dient dem Nachweis der Befähigung der Habilitandin oder des Habilitanden, wissenschaftliche Sachverhalte in didaktisch-methodisch fundierter Weise zu vermitteln. Die Probevorlesung besteht aus einer Präsentation, welche 30 Minuten dauert, und einer anschliessenden Diskussion von maximal 15 Minuten über den Gegenstand der Vorlesung.

Die Probevorlesung wird in der Regel in deutscher, in Ausnahmefällen in englischer Sprache gehalten.

Umhabilitation
§ 6. Falls die Habilitandin oder der Habilitand sich bereits an einer anderen Universität unter vergleichbaren Bedingungen für das Fachgebiet habilitiert hat, für das sie oder er sich an der Universität Zürich bewirbt, kann die Fakultätsversammlung ihr oder ihm das Einreichen einer Habilitationsschrift und damit verbunden die Ablieferung der Pflichtexemplare sowie die Probevorlesung erlassen und auf das Einholen von externen Gutachten verzichten.


2. Teil: Habilitationsverfahren

Habilitationsgesuch
§ 7. Habilitationsgesuche sind an die Dekanin oder den Dekan der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät zu richten.

Im Gesuch ist das Fachgebiet zu bezeichnen, für das die Venia Legendi erteilt werden soll.

Dem Gesuch sind folgende Unterlagen in je vier Exemplaren beizufügen:

1. Habilitationsschrift,

2. Lebenslauf,

3. Publikationsverzeichnis,

4. Nachweis bisheriger Lehrtätigkeit.

Die Habilitandin oder der Habilitand ist berechtigt, mögliche Personen für die Begutachtung vorzuschlagen.

Vor der Bewerbung soll die Habilitandin oder der Habilitand mit der Vorsteherin oder dem Vorsteher eines Institutes oder eines Fachbereiches der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät Kontakt aufnehmen.

Beurteilung der Habilitationsschrift und der wissenschaftlichen Qualifikation
§ 8. Die Fakultätsversammlung setzt eine Habilitationskommission zur Begutachtung der Habilitationsschrift und der wissenschaftlichen Qualifikation der Habilitandin oder des Habilitanden ein. Die Kommission nimmt Stellung zuhanden der Fakultätsversammlung. Sie stützt sich dabei auf ein Gutachten eines von der Fakultätsversammlung bezeichneten Fakultätsmitgliedes sowie auf mindestens zwei externe Gutachterinnen oder Gutachter, welche durch die Kommission bestimmt werden.

Eine Arbeit, die an sich positiv beurteilt wurde, jedoch die Behebung von insgesamt nicht grundlegend ins Gewicht fallenden Mängeln erfordert, kann an die Habilitandin oder den Habilitanden zur Überarbeitung für eine angemessene Frist, jedoch nicht länger als sechs Monate, zurückgegeben werden, bevor die Arbeit zirkuliert.

Nach der Begutachtung zirkulieren die Habilitationsschrift und die Gutachten bei den dem Lehrgebiet der Kandidatin oder des Kandidaten nahe stehenden Fachvertreterinnen und Fachvertretern. Gleichzeitig wird den übrigen Fakultätsmitgliedern die Gelegenheit gegeben, die Akten im Dekanat einzusehen.

Nach erfolgter Zirkulation beantragt die Dekanin oder der Dekan der Fakultätsversammlung

a) die Weiterführung des Verfahrens oder

b) Antragstellung auf Ablehnung des Habilitationsgesuches an die Erweiterte Universitätsleitung, ohne dass eine Probevorlesung gehalten wird.

Beurteilung der Lehrfähigkeit
§ 9. Nach erfolgter Zirkulation fordert die oder der Vorsitzende der Habilitationskommission die Kandidatin oder den Kandidaten auf, innert einer Woche drei Vortragsthemen für eine allfällige Probevorlesung vorzuschlagen.

Bei Weiterführung des Verfahrens wählt die Fakultätsversammlung eines der drei vorgeschlagenen Vortragsthemen aus und lädt die Kandidatin oder den Kandidaten zu einer Probevorlesung ein. Die Einladung und Mitteilung des gewählten Themas erfolgt durch das Dekanat innerhalb einer Woche nach der Fakultätsversammlung, mindestens aber drei Wochen vor dem Termin der Probevorlesung.

Die Probevorlesung wird von den anwesenden Fakultätsmitgliedern bezüglich didaktischer Präsentation und wissenschaftlichem Gehalt bewertet. Wird die Probevorlesung insgesamt als ungenügend beurteilt, erhält die Habilitandin oder der Habilitand einmal Gelegenheit, im Rahmen des laufenden Habilitationsverfahrens eine neue Probevorlesung zu halten. Dazu hat sie oder er wiederum drei Themen vorzuschlagen, wobei das Thema der ungenügenden Probevorlesung nicht wieder genannt werden darf.

Antrag
§ 10. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Gutachten und Stellungnahmen sowie der Bewertung der Probevorlesung stellt die Fakultätsversammlung Antrag an die Erweiterte Universitätsleitung auf

a) Erteilung der Venia Legendi in einem von der Fakultätsversammlung bezeichneten Fachgebiet oder

b) Ablehnung des Habilitationsgesuches.

Das Habilitationsverfahren in der Fakultät ist in der Regel spätestens ein Jahr nach Einreichen des Habilitationsgesuches abzuschliessen.

Entscheid
§ 11. Die Erweiterte Universitätsleitung entscheidet über die Erteilung der Venia Legendi im vorgeschlagenen Fachgebiet oder die Ablehnung des Habilitationsgesuches.

Akteneinsichtsrecht
§ 12. Gesuche um Akteneinsicht sind an die zuständige Instanz zu richten. Bis zur Antragstellung an die Erweiterte Universitätsleitung auf Erteilung oder Nichterteilung der Venia Legendi ist die Fakultät, danach die Erweiterte Universitätsleitung zuständig.

Die Akteneinsicht wird in der Regel erst nach Eröffnung des Entscheides der Erweiterten Universitätsleitung gewährt.

Die zuständige Instanz kann bei Vorliegen von wichtigen Gründen die Akteneinsicht beschränken und die Bekanntgabe der Namen der Gutachterinnen und Gutachter verweigern.


3. Teil: Wirkungen der Venia Legendi

Pflichtexemplare
§ 13. Nach erfolgter Habilitation sind innerhalb eines Jahres sieben Exemplare der Habilitationsschrift an das Dekanat der Mathematisch- naturwissenschaftlichen Fakultät abzuliefern. Die Pflichtexemplare müssen auf dem Titelblatt als Habilitationsschrift der Universität Zürich kenntlich gemacht werden. Wenn die Habilitationsschrift aus einer durch einen einleitenden und zusammenfassenden Text ergänzten Reihe wissenschaftlicher Abhandlungen besteht, muss diese mit einer Titelseite versehen und eingebunden werden. In speziellen Fällen kann die Dekanin oder der Dekan auf Gesuch hin Abweichungen von diesen Vorschriften bewilligen.

Lehrverpflichtung
§ 14. Die Privatdozentinnen und Privatdozenten sind verpflichtet, mindestens einmal jährlich eine Lehrveranstaltung durchzuführen. Von dieser Lehrverpflichtung kann sie die Dekanin oder der Dekan auf begründetes Gesuch hin entbinden.

Antrittsvorlesung
§ 15. Die Privatdozentinnen und Privatdozenten sind verpflichtet, innerhalb eines Jahres nach Erteilung der Venia Legendi eine öffentliche Antrittsvorlesung zu halten.

Stellung der Privatdozentinnen und Privatdozenten
§ 16. Im Übrigen richtet sich die Stellung der Privatdozentinnen und Privatdozenten nach der Universitätsordnung sowie nach der Personalverordnung der Universität.


4. Teil: Schlussbestimmungen

Inkrafttreten
§ 17. Diese Habilitationsordnung tritt am 1. Januar 2003 in Kraft.

Im Namen des Universitätsrates

Der Präsident: Der Aktuar:
Buschor Straessle