Verordnung
über die reformierte Spitalseelsorge

(vom 26. Juni 2002)


I. Grundlagen

Geltungsbereich
§ 1. Diese Verordnung regelt im Rahmen der staatlichen Gesetzgebung die kirchlichen Belange der reformierten Spitalseelsorge an kantonalen Krankenhäusern, Kliniken und Heimen (Kantonale Krankenhäuser).

In anderen öffentlichen und in privaten Spitälern, Heimen und Pflegeeinrichtungen ist der Seelsorgedienst durch die örtliche Kirchgemeinde oder gemeinsam durch Kirchgemeinden des Einzugsgebiets sicherzustellen. Hierbei sind Organisation, Aufgaben und Aufsicht im Einzelnen von den jeweils zuständigen kirchlichen Behörden unter Beachtung der Vorschriften von Kirchengesetz und Kirchenordnung zu regeln. Vorbehalten bleibt das allgemeine Aufsichtsrecht des Kirchenrates.

Die Bestimmungen des II. und III. Abschnitts dieser Verordnung über die Spitalpfarrerinnen und Spitalpfarrer gelten sinngemäss für Spitalpfarrerinnen und Spitalpfarrer an anderen öffentlichen und privaten Spitälern, Heimen und Pflegeeinrichtungen.

Landeskirchliche Spitalpfarrämter
§ 2. Das Kantonale Spitalpfarramt, das Reformierte Spitalpfarramt der Stadt Zürich und die regionalen Spitalpfarrämter bilden zusammen die landeskirchlichen Spitalpfarrämter. Sie verfügen je über eine eigene Organisation.

Patientinnen und Patienten
§ 3. Patientinnen und Patienten im Sinn dieser Verordnung sind die in den Kantonalen Krankenhäusern sowie in anderen öffentlichen und privaten Spitälern, Heimen und Pflegeeinrichtungen gepflegten und betreuten Personen.


II. Die Spitalseelsorge

Verkündigungsauftrag
§ 4. Die reformierte Spitalseelsorge gründet auf dem Verkündigungsauftrag der Landeskirche. Bei Matthäus 25, 36 sagt Jesus «Ich war krank, und ihr habt mich besucht».

Die Spitalpfarrerinnen und Spitalpfarrer nehmen vom christlichen Grundauftrag her und im Sinn ihres Ordinationsgelübdes die Würde des Menschen besonders in Krisen- und Grenzsituationen wahr. Sie engagieren sich in der Diskussion um ethisch-theologische Grundfragen, die sich im Gesundheitswesen stellen.

Die Spitalpfarrerinnen und Spitalpfarrer bemühen sich um die Integration ihres Dienstes in den Gesamtauftrag der jeweiligen Institution. Sie wahren dabei die nötige Distanz und bleiben als kritische Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner ihrem kirchlichen Arbeitgeber verpflichtet.

Die Spitalpfarrerinnen und Spitalpfarrer sind in ökumenischer Offenheit sensibel für die Anliegen von Menschen anderer Konfession oder Religion und vermitteln auf Wunsch den Kontakt zu einer oder einem ihrer Geistlichen.

Aufgaben
§ 5. Die Spitalpfarrerinnen und Spitalpfarrer nehmen insbesondere folgende Aufgaben wahr:

a) regelmässige Besuche in erster Linie bei reformierten Patientinnen und Patienten,

b) Gespräche mit Angehörigen und Bezugspersonen,

c) fachlicher und seelsorgerlicher Kontakt mit den Mitarbeitenden der jeweiligen Institution,

d) Begleitung von Sterbenden,

e) Spitalgottesdienste und Mitwirkung an besonderen Feiern der Institution,

f) Austeilung des Abendmahls im Rahmen von Gottesdiensten, auf Abteilungen und am Krankenbett,

g) Mitarbeit in der Freiwilligenarbeit der Institution und Initiative dazu,

h) Mitarbeit an Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen sowie in speziellen Gremien der Institution,

i) Unterricht an Krankenpflegeschulen,

j) bei Bedarf Erteilen von kirchlichem Unterricht in Kinderabteilungen an einzelne Jugendliche im Rahmen der jeweiligen Möglichkeiten,

k) in dringenden Fällen Vornahme anderer kirchlicher Handlungen.

Dienstbereich
§ 6. Die Spitalseelsorge nimmt auf die besondere Situation und die Wünsche von Patientinnen und Patienten Rücksicht. Die Spitalpfarrerinnen und Spitalpfarrer achten den Willen der Patientinnen und Patienten und enthalten sich jeder Aufdringlichkeit. Sie enthalten sich der Einmischung in die medizinischen und pflegerischen Belange.

Schweigepflicht
§ 7. Die berufliche Schweigepflicht ist im Interesse der Patientinnen und Patienten sowie ihrer Angehörigen zu wahren. Allfällige Hilfspersonen im Sinn von Art. 122 der Kirchenordnung sind auf die Pflicht zur Verschwiegenheit hinzuweisen.

Datenschutz
§ 8. Die Erfassung, Bearbeitung und Bekanntgabe von Personendaten erfolgen auf Grund der staatlichen Datenschutzgesetzgebung sowie gestützt auf Art. 18 a der Kirchenordnung und das kirchliche Datenschutz-Reglement.

Spital- und Gemeindepfarramt
§ 9. Spitalpfarrerinnen und Spitalpfarrer stellen auf Wunsch den Kontakt zum zuständigen Gemeindepfarramt her.

Abdankungen sind in der Regel Sache der zuständigen Gemeindepfarrämter.


III. Die Spitalpfarrerinnen und Spitalpfarrer

Zusatzausbildung
§ 10. Spitalpfarrerinnen und Spitalpfarrer haben sich über eine entsprechende Zusatzausbildung auszuweisen.

Arbeitszeit
§ 11. Die Arbeitszeit wird durch die Erfüllung des Seelsorgeauftrags bestimmt. Sie beträgt 48 Stunden pro Woche. Zusätzlich ist der nach den örtlichen Verhältnissen vorgesehene Bereitschaftsdienst zu leisten.

Gottesdienste an Sonn- und Feiertagen sowie Notfalleinsätze gelten als Arbeitszeit.

Die Arbeitszeit ist grundsätzlich am Arbeitsort zu verbringen. Tätigkeiten ausserhalb des Arbeitsortes bedürfen der Absprache mit der Leitenden Pfarrerin, dem Leitenden Pfarrer oder der zuständigen Person bzw. Behörde.

Die Spitalpfarrerinnen und Spitalpfarrer führen auf Vertrauensbasis eine persönliche Zeitbuchhaltung.

Bereitschaftsdienst
§ 12. In den Kantonalen Krankenhäusern sowie in anderen öffentlichen und in privaten Spitälern, Heimen und Pflegeeinrichtungen ist ein seelsorgerlicher Bereitschaftsdienst einzurichten. Dieser ist gemäss den örtlichen Verhältnissen so zu organisieren, dass ausserhalb der üblichen Arbeitszeiten die Ankunft einer Spitalpfarrerin/eines Spitalpfarrers oder einer Gemeindepfarrerin/eines Gemeindepfarrers in der Institution innerhalb einer Stunde nach dem Aufgebot gewährleistet ist.

Ferien
§ 13. Der Ferienanspruch der Spitalpfarrerinnen und Spitalpfarrer richtet sich nach den für die Gemeindepfarrerinnen und Gemeindepfarrer geltenden Vorschriften.

Anwendbares Recht
§ 14. Soweit diese Verordnung keine abweichenden Regelungen beinhaltet, richtet sich die berufliche Stellung der Spitalpfarrerinnen und Spitalpfarrer nach dem staatlichen Recht (Kirchengesetz, Personalgesetz, Personalverordnung, Vollzugsverordnung zum Personalgesetz) und der Kirchenordnung.


IV. Die Organisation des Kantonalen Spitalpfarramts

Kantonales Spitalpfarramt
§ 15. Die Pfarrämter an den Kantonalen Krankenhäusern bilden zusammen das Kantonale Spitalpfarramt.

Das Kantonale Spitalpfarramt umfasst folgende Seelsorgebereiche:

a) das Universitätsspital Zürich,

b) das Kantonsspital Winterthur mit seinen Aussenbetrieben,

c) die psychiatrischen Kliniken mit kantonalem Auftrag.

Abteilungsleitung
§ 16. Die Spitalseelsorge im Kanton Zürich untersteht dem Kirchenrat. Innerhalb der Gesamtkirchlichen Dienste ist die Abteilung Diakonie und Seelsorge zuständig.

Der Abteilungsleitung kommen namentlich folgende Aufgaben zu:

a) Leitung des Kantonalen Spitalpfarramts,

b) Auswahl der Spitalpfarrerinnen und Spitalpfarrer zusammen mit der Leitenden Pfarrerin bzw. dem Leitenden Pfarrer des betreffenden Seelsorgebereichs unter Einbezug der Verantwortlichen des Kantonalen Krankenhauses,

c) Vorbereiten der Wahlvorschläge des Kirchenrates zuhanden des Regierungsrates für die Wahl von Spitalpfarrerinnen und Spitalpfarrern an die Kantonalen Krankenhäuser,

d) Sicherstellung der Aus- und Weiterbildung im Bereich der Spitalseelsorge in Zusammenarbeit mit der dafür zuständigen Stelle der Gesamtkirchlichen Dienste,

e) Durchführung der Standortgespräche mit den Leitenden Pfarrerinnen bzw. den Leitenden Pfarrern,

f) Erstellen des Voranschlags und Führen der Rechnung für das Kantonale Spitalpfarramt,

g) Vermittlung bei Konflikten innerhalb des Kantonalen Spitalpfarramts,

h) Vertretung des Kantonalen Spitalpfarramts gegenüber der Öffentlichkeit in Absprache mit der oder dem Ressortverantwortlichen des Kirchenrates.

Leitende Pfarrerin, Leitender Pfarrer
§ 17. Der Kirchenrat ernennt für jeden Seelsorgebereich des Kantonalen Spitalpfarramts eine Leitende Pfarrerin oder einen Leitenden Pfarrer.

Der Leitenden Pfarrerin bzw. dem Leitenden Pfarrer obliegen im eigenen Seelsorgebereich insbesondere folgende Aufgaben:

a) Leitung des Seelsorgebereichs,

b) Personalverantwortung für die Pfarrerinnen und Pfarrer, namentlich die Durchführung von Standortgesprächen in Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen der Kantonalen Krankenhäuser, Stellungnahme zu Weiterbildungsgesuchen von Spitalpfarrerinnen und Spitalpfarrern, Arbeitszeitkontrolle sowie Genehmigung besonderer Regelungen betreffend Arbeitsort und Arbeitszeit,

c) Auswahl der Spitalpfarrerinnen und Spitalpfarrer zusammen mit der Abteilungsleitung unter Einbezug der Verantwortlichen des Kantonalen Krankenhauses,

d) Koordination der Seelsorge innerhalb des Seelsorgebereichs und zwischen Kantonalem Spitalpfarramt und Gemeindepfarrämtern,

e) Organisation der Stellvertretungen bei Abwesenheiten,

f) Organisation des Bereitschaftsdienstes,

g) Erstellen des Voranschlags zuhanden der Abteilungsleitung sowie Führen der Hilfs- und Kollektenkasse,

h) Sicherstellen der Zusammenarbeit mit Ärzteschaft, Pflegepersonal, Sozialdienst und Verwaltung der Kantonalen Krankenhäuser,

i) Vertretung des Seelsorgebereichs im Kontakt mit den Gremien der Kantonalen Krankenhäuser,

j) Organisation der interkonfessionellen Zusammenarbeit.

Stellvertretung
§ 18. Erfolgt die Spitalseelsorge an einem Kantonalen Krankenhaus durch mehrere Spitalpfarrerinnen und Spitalpfarrer, ist die Stellvertretung grundsätzlich kollegial zu regeln. Ist dies nicht möglich oder ist an einem Kantonalen Krankenhaus nur eine Spitalpfarrerin oder ein Spitalpfarrer tätig, kann der Kirchenrat im Fall von Ferien, Krankheit, Militärdienst, Mutterschaft oder besonders bewilligtem Urlaub weitere Pfarrerinnen oder Pfarrer vertretungsweise einsetzen.


V. Schlussbestimmungen

Inkrafttreten
§ 19. Diese Verordnung ist vom Kirchenrat, gestützt auf Art. 193 der Kirchenordnung, am 26. Juni 2002 erlassen worden. Sie tritt sofort in Kraft und ersetzt die Verordnung vom 27. November 1991.