Verordnung
der obersten kantonalen Gerichte
über die Entschädigung der Zeugen und Zeuginnen,
Auskunftspersonen und Sachverständigen
(Entschädigungsverordnung der obersten Gerichte)
(vom 11. Juni 2002)

Der Plenarausschuss der Gerichte,

gestützt auf § 215 Abs. 2 Ziffer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes,

verordnet:

I. Geltungsbereich

§ 1. Diese Verordnung regelt die Entschädigung der Zeugen und Zeuginnen, Auskunftspersonen und Sachverständigen in Verfahren vor den obersten kantonalen Gerichten, den dem Obergericht angegliederten Gerichten und Kommissionen, den Bezirksgerichten, den Arbeitsgerichten, den Mietgerichten, den Schlichtungsbehörden in Miet- und Pachtsachen sowie den Friedensrichterämtern.

Die Entschädigung von Übersetzern und Übersetzerinnen richtet sich nach den Bestimmungen der besonderen Verordnungen und Reglementen.


II. Entschädigung der Zeugen und Zeuginnen

§ 2. Zeugen und Zeuginnen werden für Zeitverlust oder Erwerbsausfall durch ein Zeugengeld sowie für die notwendigen Barauslagen entschädigt.

§ 3. Zeugen und Zeuginnen erhalten je nach Zeitaufwand, einschliesslich der notwendigen Reisezeit, ein pauschales Zeugengeld von Fr. 20 bis Fr. 100.

Bei hinreichend nachgewiesenem Erwerbsausfall beträgt die Entschädigung Fr. 25 bis Fr. 150 pro Stunde.

Der Zeuge oder die Zeugin kann zur Vorlegung von Belegen angehalten werden.

§ 4. Als notwendige Barauslagen werden vergütet:

a) Fahrtkosten gemäss den Bestimmungen und Ansätzen der Vollzugsverordnung zum Personalgesetz. Hat der Zeuge oder die Zeugin wegen Krankheit, Gebrechens, Alters oder aus andern Gründen ein besonderes Transportmittel in Anspruch nehmen müssen, sind die dafür erforderlichen Auslagen zu ersetzen.

b) Kosten für Verpflegung und Übernachtungen gemäss den Bestimmungen und Ansätzen der Vollzugsverordnung zum Personalgesetz, sofern der Zeuge oder die Zeugin wegen der Vorladung nicht zu Hause essen und nächtigen kann.

c) Notwendige Stellvertretungskosten, soweit sie nicht durch die Entschädigung gemäss § 3 gedeckt sind.

Der Zeuge oder die Zeugin kann zur Vorlegung von Belegen angehalten werden.

§ 5. Begleiter oder Begleiterinnen von Kindern, kranken, alten oder gebrechlichen Zeugen oder Zeuginnen erhalten die gleiche Entschädigung wie ein Zeuge oder eine Zeugin.

§ 6. Zeugen oder Zeuginnen aus einem andern Kanton oder aus dem Ausland kann ein angemessener Vorschuss für die ihnen nach §§ 4 und 5 entstehenden Auslagen zugesprochen werden.

§ 7. Zeugen und Zeuginnen, die sich durch ihre Aussagen einer strafbaren Handlung verdächtig machen, kann die Entschädigung einstweilen vorenthalten werden; werden sie einer strafbaren Handlung überführt, verwirken sie den Anspruch auf Entschädigung.


III. Entschädigung von Auskunftspersonen

§ 8. Auskunftspersonen oder andere Dritte, die von Beweismassnahmen betroffen sind, werden wie Zeugen und Zeuginnen entschädigt.


IV. Entschädigung von Sachverständigen

§ 9. Sachverständige werden in der Regel nach Aufwand entschädigt. Der Ansatz richtet sich nach den erforderlichen Fachkenntnissen und der Schwierigkeit der Leistung, bei freiberuflich tätigen Sachverständigen in der Regel nach den Ansätzen des jeweiligen Berufsverbandes.

Für Reise- und Verpflegungsentschädigung sowie weitere Auslagen der sachverständigen Person gelten, soweit nichts anderes vereinbart, die Ansätze gemäss § 4.

Ist für das Gutachten mit einem erheblichen Aufwand zu rechnen, ist der Auftrag in der Regel auf Grund eines Kostenvoranschlages zu erteilen.

§ 10. Die Entschädigung wird auf Grund der vom Sachverständigen eingereichten Honorarrechnung festgesetzt.

Übersteigt die Rechnung den Kostenvoranschlag oder erscheint sie als übersetzt, kann die Entschädigung herabgesetzt werden. Soweit das Verfahren für die Parteien kostenlos ist, erfolgt die Herabsetzung von Amtes wegen, in den übrigen Verfahren nach Anhörung der Parteien.


V. Gerichtliche Festsetzung

§ 11. Die Entschädigungen werden durch das mit der Sache befasste Gericht oder die zuständigen Richter und Richterinnen festgesetzt, unter Vorbehalt allfällig zur Verfügung stehender Rechtsmittel.


VI. Schlussbestimmung

§ 12. Diese Verordnung tritt am 1. Juli 2002 in Kraft. Sie ist in die Gesetzessammlung aufzunehmen. Die Verordnung des Obergerichts betreffend die Entschädigung der Zeugen und Sachverständigen vom 19. Dezember 1956, die §§ 9 und 10 der Verordnung des Verwaltungsgerichts über Gebühren, Kosten und Entschädigungen im Verfahren vor Verwaltungsgericht vom 26. Juni 1997 sowie die §§ 11 und 12 der Verordnung des Sozialversicherungsgerichts über die sozialversicherungsgerichtlichen Gebühren, Kosten und Entschädigungen vom 6. Oktober 1994 werden mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung aufgehoben.

Im Namen des Plenarausschusses der Gerichte

Der Präsident des Verwaltungsgerichtes:
Keiser

Der Generalsekretär des Verwaltungsgerichtes:
Wetzel