Geschäftsreglement
des Kantonsrates

(vom 15. März 1999)


I. Allgemeine Bestimmungen

Sitzungen
§ 1. Die Sitzungen finden in der Regel am Montagvormittag statt; sie dauern drei bis vier Stunden. Bei grosser Geschäftslast können Nachmittagssitzungen und bei Vorliegen dringender Sachgeschäfte Abendsitzungen anberaumt werden.

Die Mitglieder melden sich beim Ratssekretariat schriftlich an.

Amtliche Missionen
§ 2. Als amtliche Missionen im Sinn des Kantonsratsgesetzes gelten insbesondere:

a) Besuche in der Verwaltung oder Teilnahme an Veranstaltungen in Ausübung des Amtes als Kommissionsmitglied,

b) offizielle Vertretungen des Kantonsrates durch das Präsidium oder durch ein Mitglied der Geschäftsleitung.

Abwesenheit
§ 3. Die Mitglieder sind verpflichtet, an den Sitzungen teilzunehmen. Im Verhinderungsfall müssen sie sich spätestens am nächsten Sitzungstag beim Ratssekretariat schriftlich entschuldigen.

Wegfall des Sitzungsgeldes
§ 4. Mitglieder, die sich zu Beginn einer Sitzung eintragen, aber bei einem Namensaufruf fehlen, ohne eine Entschuldigung hinterlegt zu haben, gehen des Sitzungsgeldes verlustig.

Kein Anspruch auf das Sitzungsgeld besteht bei Verspätung um mehr als eine Stunde sowie bei Abwesenheit während mehr als zwei Stunden.

Medien
§ 5. Medienschaffende, die sich verpflichten, über die Verhandlungen des Rates wahrheitsgemäss zu berichten, erhalten im Saal oder auf der Tribüne geeignete Plätze.

Die Medienschaffenden werden zu den Sitzungen eingeladen und erhalten sämtliche Unterlagen zugestellt, sofern die Geschäftsleitung nicht in Ausnahmefällen etwas anderes beschliesst.

Die Medienschaffenden sind gehalten, auf Begehren einer Rednerin oder eines Redners sowie der Geschäftsleitung unzutreffende Angaben zu berichtigen.

Orientierung der Öffentlichkeit
§ 6. Die Geschäftsleitung und die Kommissionen orientieren die Medien bei Vorliegen eines öffentlichen Interesses über besondere Vorkommnisse oder über die Kommissionsberatungen.

Die Orientierung erfolgt in der Form von schriftlichen Medienmitteilungen oder Medienkonferenzen. Die Medienkonferenzen werden in der Regel vom zuständigen Präsidium geleitet.

Die Kommissionen teilen den Beschluss über beabsichtigte Orientierungen der Öffentlichkeit dem Ratspräsidium unverzüglich mit.

Ausschluss der Öffentlichkeit
§ 7. Wird über die Frage beraten, ob die Öffentlichkeit für die Behandlung eines einzelnen Geschäfts auszuschliessen sei, müssen sich die Zuhörenden und die Medienschaffenden entfernen.

Kostenauflage
§ 8. Die Höhe der auferlegten Kosten gemäss § 40 des Kantonsratsgesetzes richtet sich nach den tatsächlichen Aufwendungen. Die Gebührenordnung für die Verwaltungsbehörden ist sinngemäss anwendbar.


II. Verhandlungsordnung


1. Verhandlungsführung

Tagesordnung
§ 9. Das Präsidium bestimmt mit der Einladung zur Sitzung die Reihenfolge der Verhandlungsgegenstände. Der Rat kann die vorgeschlagene Liste ändern.

Sitzungsleitung
§ 10. Das Präsidium eröffnet, leitet und schliesst die Sitzung. Es sorgt für die Beachtung der Geschäftsordnung und die Wahrung der parlamentarischen Gepflogenheiten.

Es sorgt für Ruhe im Saal und kann bei störender Unruhe die Verhandlungen für bestimmte Zeit unterbrechen oder die Sitzung schliessen.

Vorberatung
§ 11. Die Ratsgeschäfte, ausgenommen Motionen, Postulate, Interpellationen, Anfragen und Wahlen, werden einer Kommission zur Vorberatung zugewiesen und auf Grund des Kommissionsberichts beraten. Vorbehalten sind abweichende Anordnungen des Gesetzes oder dieses Reglements.

Der Geschäftsleitung obliegt die Vorbereitung der Erwahrung der Ergebnisse von Volksabstimmungen und Volkswahlen.

Beratung
§ 12. Die Beratung der Geschäfte dient dem öffentlichen Austausch der wesentlichen Entscheidungsargumente und der Meinungsbildung der Ratsmitglieder. Sie soll die unterschiedlichen Auffassungen zum Ausdruck bringen und die Entscheide verständlich machen.

Die Beratung besteht in der Regel aus Begründung oder Berichterstattung und Diskussion. Wer zu einem Geschäft spricht, fasst sich sachlich und kurz.

Worterteilung
§ 13. Im Rat kann nur sprechen, wer vom Präsidium das Wort erhält. Das Wort steht grundsätzlich jedem Mitglied des Kantonsrates und des Regierungsrates sowie den Vertreterinnen und Vertretern antragsberechtigter Organe zu und ist grundsätzlich in schriftdeutscher Sprache zu halten. Will das Präsidium in der Sache sprechen, so gibt es für diese Zeit den Vorsitz ab.

Auf Antrag der Geschäftsleitung kann der Rat Verwaltungsangehörigen oder Drittpersonen das Recht erteilen, im Rat zu sprechen, wenn das zu beratende Geschäft besondere Kenntnisse voraussetzt.

Zuerst wird das Wort für die Begründung oder Berichterstattung erteilt, sofern diese nicht schriftlich erfolgten, anschliessend für die Diskussion.

Das Präsidium bestimmt die Reihenfolge der Rednerinnen und Redner. Es sorgt dabei für sachgemässe Erledigung und zweckmässige Gestaltung der Beratung. Massgebend sind die Rücksicht auf die verschiedenen Ansichten, der Wechsel von Rede und Gegenrede und die Reihenfolge der Anmeldung.

Berichterstatterinnen und Berichterstatter sowie Vertreterinnen und Vertreter des Regierungsrates oder eines anderen antragsberechtigten Organs erhalten das Wort ausserhalb der Reihe, sobald sie es verlangen.

Wortentzug
§ 14. Entfernen sich Rednerinnen und Redner zu sehr von dem in Beratung stehenden Gegenstand, ermahnt sie das Präsidium zur Sache.

Verletzt ein Mitglied des Kantonsrates den parlamentarischen Anstand, insbesondere durch beleidigende Äusserungen, so wird es vom Präsidium zur Ordnung gerufen.

Wird ein Ratsmitglied während der Beratung eines Geschäfts zum zweiten Mal zur Sache oder zur Ordnung gerufen, kann ihm das Präsidium das Wort entziehen. Über Einsprachen gegen den Wortentzug entscheidet der Rat ohne Diskussion.

Wird einem Ratsmitglied das Wort entzogen, so kann es ihm in der Beratung zum gleichen Traktandum nicht mehr erteilt werden.

Ausschluss von der Sitzung
§ 15. Spricht ein Ratsmitglied trotz des Wortentzugs weiter oder verletzt es wiederholt den parlamentarischen Anstand, kann es vom Rat auf Antrag des Präsidiums für den Rest der Sitzung ausgeschlossen werden. Über den Antrag findet keine Diskussion statt.

Ordnungsantrag
§ 16. Die Einreichung eines Ordnungsantrags unterbricht die Beratung über den Hauptgegenstand bis zu dessen Erledigung. Der Ordnungsantrag muss sich auf die Behandlung des in Beratung stehenden Gegenstands oder die Traktandenliste beziehen.

Das Präsidium kann die Worterteilung auf das antragstellende Ratsmitglied und auf eine Sprecherin oder einen Sprecher jeder Fraktion beschränken.

Eintreten und Detailberatung
§ 17. Der Rat berät, ob er auf die Vorlage eintreten will. Er kann auf eine Eintretensdebatte verzichten, falls keine Anträge auf Nichteintreten oder Rückweisung gestellt sind.

Eintreten ist obligatorisch bei Volksinitiativen, Einzel- und Behördeninitiativen, Voranschlägen, Geschäftsberichten und Rechnungen.

Wird auf die Vorlage eingetreten, folgt die Detailberatung. Der Rat kann beschliessen, eine Vorlage abschnittsweise, nach Sachgebieten oder in ihrer Gesamtheit zu beraten.

Antragsrecht
§ 18. Jedes Ratsmitglied hat das Recht, zu einem in Beratung stehenden Gegenstand Anträge zu stellen.

Mit Ausnahme der Ordnungsanträge sind die Anträge dem Präsidium in der Regel vor der Beratung des betreffenden Gegenstands schriftlich einzureichen.

Rückweisung
§ 19. Ist der Rat auf eine Vorlage eingetreten, kann er sie ganz oder teilweise an den Regierungsrat oder an die Kommission zur Überprüfung und Änderung zurückweisen.

Anträge auf Rückweisung können in der Begründung eine kurze Darstellung der verlangten Überprüfung oder Änderung enthalten.

Rückkommen
§ 20. Der Rat kann bis zum Ende der Beratung eines Geschäfts auf seine Beschlüsse zurückkommen. Der Antrag auf Rückkommen gilt als beschlossen, wenn mindestens 20 Mitglieder zustimmen.

Beratungsarten
a) Grundsätze
§ 21. Es wird in der Regel in Freier Debatte beraten.

Andere Beratungsarten sind:

a) Organisierte Debatte,

b) Reduzierte Debatte,

c) Schriftliches Verfahren.

Die Geschäftsleitung kann eine andere Beratungsart vorsehen und diese dem Rat frühzeitig bekannt geben. Jedes Ratsmitglied kann mit rechtzeitig eingereichtem Ordnungsantrag die Freie Debatte verlangen. Der Antrag wird im Schriftlichen Verfahren behandelt. Er gilt als beschlossen, wenn ihm 45 Ratsmitglieder zustimmen.

Für die Eintretensdebatte und für die Detailberatung können unterschiedliche Beratungsarten bestimmt werden. Die Beratungsart kann nach Beginn der Beratungen nicht mehr geändert werden. Die gemeinsame Beratung gleichartiger oder im Sachzusammenhang stehender Verhandlungsgegenstände kann jederzeit beschlossen werden, falls die gleiche Beratungsart bestimmt wurde.

Berichterstatterinnen und Berichterstatter sowie Vertreterinnen und Vertreter des Regierungsrates oder anderer antragstellender Organe können sich immer zu Wort melden. Im Schriftlichen Verfahren ergreifen Berichterstatterinnen und Berichterstatter das Wort nur, wenn sie zu Einzelanträgen Stellung nehmen müssen.

b) Freie Debatte
§ 22. In der Freien Debatte können sich alle Ratsmitglieder zu Wort melden. Anträge werden mündlich begründet.

Die Redezeit der Berichterstatterinnen und Berichterstatter beträgt in der Eintretensdebatte 20 Minuten. Das Präsidium entscheidet über Ausnahmen.

Im Übrigen beträgt die Redezeit höchstens:

a) 10 Minuten für die Fraktionssprecherinnen und Fraktionssprecher in der Eintretensdebatte, für die Begründung von Minderheitsanträgen sowie für Erstunterzeichnete von parlamentarischen Vorstössen.

b) 5 Minuten für alle anderen Rednerinnen und Redner, für Berichterstatterinnen und Berichterstatter, für Fraktionssprecherinnen und Fraktionssprecher in der Detailberatung sowie für Erstunterzeichnete von schriftlich begründeten parlamentarischen Vorstössen zur Stellungnahme bei abweichendem Antrag des Regierungsrates oder der Kommission.

Wer zum zweiten Mal zum gleichen Punkt spricht, hat eine Redezeit von 5 Minuten. Mehr als zweimal spricht niemand zum gleichen Punkt.

Die Redezeit kann im Einzelfall vom Rat verlängert werden.

Der Rat kann auf Antrag des Präsidiums oder eines Mitglieds die Rednerliste schliessen. Vor diesem Beschluss erfolgte Wortmeldungen sind noch zu berücksichtigen.

c) Organisierte Debatte
§ 23. Bei Eintretensdebatten und bei Diskussionen über Berichte, Erklärungen des Regierungsrates oder Interpellationen kann die Gesamtredezeit beschränkt werden.

Das Recht zur Wortmeldung ist beschränkt auf Fraktionssprecherinnen und Fraktionssprecher, weitere von der Fraktion bezeichnete Ratsmitglieder, Antragstellerinnen und Antragsteller sowie fraktionslose Ratsmitglieder, denen Redezeit zur Verfügung gestellt wurde. Anträge werden mündlich begründet.

Die Gesamtredezeit wird auf Antrag des Präsidiums von der Geschäftsleitung festgesetzt und angemessen auf die Berichterstattung der Kommissionen und auf die Fraktionen verteilt. Die Redezeit der Vertreterinnen und Vertreter des Regierungsrates und anderer antragsberechtigter Organe wird dabei nicht berücksichtigt. Zu einer Interpellation erhält das erstunterzeichnete Ratsmitglied vorweg 10 Minuten Redezeit.

Die Fraktionen teilen dem Präsidium rechtzeitig mit, wie die ihnen zustehende Redezeit unter den Fraktionsmitgliedern aufgeteilt wird.

Den Ratsmitgliedern, die keiner Fraktion angehören, wird ein angemessener Teil der Gesamtredezeit zur Verfügung gestellt.

d) Reduzierte Debatte
§ 24. In der Reduzierten Debatte können sich nur Fraktionssprecherinnen und Fraktionssprecher sowie Erstunterzeichnete von Minderheitsanträgen zu Wort melden.

Anträge werden mündlich begründet. Werden mehrere inhaltlich gleiche Anträge gestellt, erhält das erste den Antrag stellende Ratsmitglied das Wort; die nachfolgenden Antragstellerinnen und Antragsteller können eine kurze Zusatzerklärung abgeben.

Es gelten die gleichen Redezeiten wie in der Freien Debatte.

Anträge aus dem Rat können nur schriftlich begründet werden.

e) Schriftliches Verfahren
§ 25. Im Schriftlichen Verfahren besteht für Ratsmitglieder kein Recht auf Wortmeldung. Anträge können nur schriftlich begründet werden.

Schluss der Beratung
§ 26. Das Präsidium schliesst die Beratung, wenn das Wort nicht mehr verlangt wird oder die festgesetzte Gesamtredezeit abgelaufen ist.

Fraktionserklärungen und persönliche Erklärungen
§ 27. Fraktionserklärungen und persönliche Erklärungen in knapper Form sind zulässig.

Persönliche Erklärungen dürfen höchstens 2 Minuten dauern. Sie dienen der Abwehr von persönlichen Angriffen und der Klärung von Missverständnissen.

Eine Diskussion findet nicht statt.


2. Abstimmungen

Vorgehen
§ 28. Vor der Abstimmung gibt das Präsidium dem Rat die Anträge und seine Auffassung über die Abstimmungsfolge bekannt.

Über Einsprachen gegen dieses Vorgehen entscheidet der Rat.

Reihenfolge
a) Grundsatz
§ 29. Über alle in der Beratung gestellten Anträge muss abgestimmt werden. Untergeordnete Änderungsanträge werden vor Änderungsanträgen und diese vor den Hauptanträgen bereinigt.

b) Mehrere Hauptanträge
§ 30. Liegen mehr als zwei gleichgeordnete Hauptanträge vor, können sie nebeneinander zur Abstimmung gebracht werden. In diesem Fall steht jedem Mitglied nur das Recht zu, für einen dieser Anträge zu stimmen.

Vereinigt keiner der Anträge die Mehrheit der stimmenden Mitglieder auf sich, wird entschieden, welcher der beiden Anträge, die am wenigsten Stimmen auf sich vereinigt haben, ausscheidet. In der Folge wird das Verfahren fortgesetzt, bis einer der Anträge eine Mehrheit erlangt.

Stimmabgabe
§ 31. Die Stimmabgabe erfolgt, indem sich das Mitglied vom Sitz erhebt, oder sie geht unter Namensaufruf vor sich.

Der Namensaufruf wird auf Verlangen von mindestens 30 Mitgliedern durchgeführt. Als Stimmende dürfen nur diejenigen Mitglieder gezählt werden, welche ihre Stimme unmittelbar nach Verlesen ihres Namens abgegeben haben. Die Abstimmungsfrage wird mit Ja, Nein oder Enthaltung beantwortet. Im Protokoll wird festgehalten, wie die beim Verlesen ihres Namens anwesenden Mitglieder gestimmt haben, und welche Mitglieder abwesend waren.

Einfaches Mehr
§ 32. Beschlüsse, für die kein Quorum vorgeschrieben ist, werden mit einfachem Mehr gefasst.

Stichentscheid
§ 33. Das Präsidium enthält sich der Stimme, doch steht ihm bei Stimmengleichheit der Stichentscheid zu. Es ist berechtigt, diesen zu begründen.

Schlussabstimmung
§ 34. Die Schlussabstimmung über Verfassungsvorlagen und Gesetzesentwürfe erfolgt nach der redaktionellen Bereinigung der Vorlage.

Die Redaktionslesung von Gesetzesentwürfen findet in der Regel vier Wochen nach Beendigung der ersten Beratung statt.

Auszählung der Stimmen
§ 35. Bei der Schlussabstimmung werden die Stimmen ausgezählt.


3. Wahlen

Grundsatz
§ 36. Für die durch den Rat und durch die Geschäftsleitung zu treffenden Wahlen gelten die Bestimmungen des Wahlgesetzes.

Stimmabgabe des Präsidiums
§ 37. Bei geheimen Wahlen stimmt das Präsidium mit, bei offenen nur dann, wenn ein Stichentscheid erforderlich ist.

Geheime Wahlen
a) Stimmabgabe
§ 38. Bei geheimen Wahlen wird zunächst bei geschlossener Tür die Zahl der anwesenden Mitglieder festgestellt und in der Folge die Zahl der eingesammelten Stimmzettel ermittelt. Das Präsidium gibt das Ergebnis zu Protokoll.

Übersteigt die Zahl der eingesammelten Stimmzettel diejenige der anwesenden Mitglieder, ist der Wahlgang nichtig und wird wiederholt.

Die Tür bleibt während des ganzen Wahlverfahrens geschlossen.

b) Wahlzettel
§ 39. Wahlzettel, die den Namen der Kandidatin oder des Kandidaten nicht einwandfrei erkennen lassen, sind ungültig.

c) Auszählung
§ 40. Die Stimmenzählerinnen und Stimmenzähler verlesen die auf den Wahlzetteln verzeichneten Namen. Das Präsidium gibt das Ergebnis der Auszählung zu Protokoll.

Mit der Zustimmung des Rates kann die Auszählung ausserhalb des Ratssaals erfolgen.

Wahl der Geschäftsleitung und der Kommissionen
§ 41. Das Präsidium und die Vizepräsidien des Rates werden geheim gewählt.

Die Wahl der Ratssekretärinnen und Ratssekretäre, der übrigen Mitglieder der Geschäftsleitung, der Präsidien und der Mitglieder von Kommissionen erfolgt offen, sofern der Rat nicht die Durchführung der geheimen Wahl beschliesst.

Stimmenzähler
§ 42. Die Geschäftsleitung wählt die Stimmenzählerinnen und Stimmenzähler auf Antrag der Fraktionen und bestimmt ihren Einsatz und ihre Stellvertretung.

Offene Wahlen
§ 43. Für offene Wahlen gilt folgendes Verfahren:

a) Das Präsidium fordert den Rat auf, Kandidatinnen und Kandidaten vorzuschlagen. Fällt nur ein Vorschlag, wird die vorgeschlagene Person als gewählt erklärt.

b) Werden die Namen mehrerer Kandidatinnen und Kandidaten genannt, sind die anwesenden Mitglieder bei geschlossener Tür zu zählen. Die Zahl der Stimmen ist für jede kandidierende Person in der gleichen Reihenfolge festzustellen, wie die Vorschläge gefallen sind.

c) Es werden höchstens drei Wahlgänge durchgeführt. Im ersten und zweiten Wahlgang entscheidet das absolute, im dritten das einfache Mehr.

d) Das Präsidium stimmt nur mit, wenn die beiden letzten noch in der Wahl stehenden Kandidierenden gleich viele Stimmen erhalten haben.

e) Dieses Verfahren ist sinngemäss anzuwenden, wenn mehrere Mandate zu besetzen sind.

Die Tür bleibt während des ganzen Wahlverfahrens geschlossen.


4. Parlamentarische Vorstösse

Einreichung
§ 44. Parlamentarische Vorstösse sind dem Ratssekretariat während den Ratssitzungen schriftlich und unterzeichnet im Doppel einzureichen. Das Präsidium kann weitschweifige Begründungen kürzen sowie verletzende und diskriminierende Ausführungen und Titel ändern.

Das Präsidium bringt die Vorstösse den Mitgliedern in der Regel am Tag der Einreichung zur Kenntnis. Der Text wird den Mitgliedern zugestellt.

Das Präsidium setzt die Motionen, Postulate, Parlamentarischen Initiativen und Interpellationen sobald als möglich auf das Verzeichnis der Verhandlungsgegenstände des Rates.

Rückzug
§ 45. Motionen und Postulate können bis vor der Überweisung an den Regierungsrat, Parlamentarische Initiativen bis vor der vorläufigen Unterstützung, Interpellationen bis vor der Behandlung im Kantonsrat vom erstunterzeichneten Ratsmitglied schriftlich beim Präsidium zurückgezogen werden.

Begründung
§ 46. Motionen, Postulate, Parlamentarische Initiativen und Interpellationen werden in knapper Form schriftlich begründet.

Die schriftliche Begründung ist gleichzeitig mit dem Vorstoss einzureichen und wird den Mitgliedern zugestellt.

Anfragen können schriftlich kurz begründet werden.

Dringlicherklärung
§ 47. Der Antrag auf Dringlicherklärung eines Postulats ist zusammen mit dem Vorstoss einzureichen und zu begründen. Er wird den Mitgliedern zugestellt.

Behandlung
a) Motion; Postulat
§ 48. Der Wortlaut der Motion oder des Postulats darf im Laufe der Beratungen nicht geändert werden. Hingegen ist das erstunterzeichnete Ratsmitglied berechtigt, die Motion in ein Postulat umzuwandeln.

b) Interpellation
§ 49. Eine Interpellation muss von mindestens 20 Ratsmitgliedern unterzeichnet sein.

Interpellationen, die sich ausdrücklich auf die Einsetzung einer parlamentarischen Untersuchungskommission beziehen, werden innert vier Sitzungstagen nach Eingang der Antwort des Regierungsrates behandelt.

Abschreibung unbehandelter Vorstösse
§ 50. Ein parlamentarischer Vorstoss wird abgeschrieben, wenn das erstunterzeichnete Ratsmitglied aus dem Rat ausscheidet, bevor dieser den Vorstoss behandelt hat.

Ein Mitglied des Rates kann eine Parlamentarische Initiative, eine Motion oder ein Postulat in den ersten vier Sitzungen, die auf das Ausscheiden der erstunterzeichneten Person folgen, aufnehmen.


5. Ratsprotokoll

Inhalt
§ 51. Das Protokoll enthält die Voten, die Anträge, ihre Begründung und die Art ihrer Erledigung, das Ergebnis von Wahlen und Abstimmungen, Disziplinarmassnahmen sowie erstunterzeichnete Person und Gegenstand von eingereichten parlamentarischen Vorstössen.

Im Weiteren enthält das Protokoll die schriftlichen Berichterstattungen der Geschäftsleitung und der Kommissionen, soweit sie nicht in das Amtsblatt aufgenommen worden sind.

In das Protokoll der Sitzung, an welcher die betreffenden Geschäfte behandelt werden, sind Einzelinitiativen und Parlamentarische Initiativen, ablehnende Stellungnahmen des Regierungsrates zu Motionen und Postulaten sowie Antworten auf Interpellationen aufzunehmen.

In das Protokoll der Sitzung, die ihrem Eingang folgt, sind Antworten auf Anfragen aufzunehmen.

Einwendungen
§ 52. Über Einwendungen entscheidet die Geschäftsleitung. Ihr Entscheid kann an den Rat weitergezogen werden.

Genehmigung
§ 53. Das Ratsprotokoll wird durch die Geschäftsleitung oder durch einen von ihr beauftragten Ausschuss genehmigt.

Akteneinsicht
§ 54. Die Protokolle des Rates sind öffentlich.


III. Organe des Rates und ihre Aufgaben


1. Geschäftsleitung

Vorsitz
§ 55. Bei Verhinderung des Präsidiums übernimmt das erste und, wenn auch dieses verhindert ist, das zweite Vizepräsidium den Vorsitz. Bei Verhinderung des Präsidiums und seiner Stellvertretungen wählt der Rat die Vorsitzende oder den Vorsitzenden aus dem Kreis der Mitglieder.

Unterzeichnung
§ 56. Das Präsidium oder eines der Vizepräsidien unterzeichnet mit einer Ratssekretärin oder einem Ratssekretär die vom Rat ausgehenden Schriftstücke.

Redaktion von Erlassen
§ 57. Die Geschäftsleitung sorgt für die redaktionelle Bereinigung von Verfassungsvorlagen und Gesetzesentwürfen.


2. Kommissionen

a) Aufsichtskommissionen
§ 58. Die Finanzkommission, die Geschäftsprüfungskommission und die Justizkommission zählen elf Mitglieder.

Die Kommission zur Prüfung der Rechnung und des Geschäftsberichts der Elektrizitätswerke des Kantons Zürich zählt sieben Mitglieder.

Die Bestellung der Kommission zur Prüfung der Rechnung und des Geschäftsberichts der Zürcher Kantonalbank richtet sich nach dem Gesetz über die Zürcher Kantonalbank.

b) Aufsicht über die selbstständigen Anstalten
§ 59. Die Finanzkommission übt insbesondere die Aufsicht über die Gebäudeversicherung aus.

Die Geschäftsprüfungskommission übt insbesondere die Aufsicht über die Universität und die Fachhochschulen aus.

Die beiden Aufsichtskommissionen sprechen sich über Abklärungen einer Kommission im Zuständigkeitsbereich der andern oder über gemeinsame Untersuchungen ab.

c) Weitere ständige Kommissionen (Sachkommissionen)
§ 60. Die weiteren ständigen Kommissionen zählen je 15 Mitglieder. Sie tragen folgende Bezeichnungen:

a) Kommission für Bildung und Kultur,

b) Kommission für Energie, Umwelt und Verkehr,

c) Kommission für Justiz und öffentliche Sicherheit,

d) Kommission für Planung und Bau,

e) Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit,

f) Kommission für Staat und Gemeinden,

g) Kommission für Wirtschaft und Abgaben.

Der Kantonsrat wählt das Präsidium und die Mitglieder. Die Kommissionen konstituieren sich im Übrigen selbst.

d) Aufgaben der ständigen Kommissionen
§ 61. Die ständigen Kommissionen haben folgende Aufgaben:

a) Vorberatung der Vorlagen des Regierungsrates sowie weiterer, ihnen zugewiesener Geschäfte aus ihrem Sachbereich zuhanden der Fraktionen und des Rates,

b) Vorberatung der Globalbudgets ihres Sachbereichs,

c) Koordination mit andern Kommissionen, die gleiche oder ähnliche Fragen bearbeiten, insbesondere mit den Aufsichtskommissionen.

e) Zuweisung der Geschäfte
§ 62. Der Rat weist die zu behandelnden Vorlagen und Geschäfte den ständigen Kommissionen auf Antrag der Geschäftsleitung zur Vorberatung zu.

Die Geschäftsleitung kann bei sachübergreifenden Geschäften weitere ständige Kommissionen zum Mitbericht einladen. Der Mitbericht wird in den Bericht der vorberatenden Kommission an den Rat aufgenommen.

f) Sitzungstage
§ 63. Die Aufsichtskommissionen legen in Absprache mit der Geschäftsleitung einen wöchentlichen Sitzungstag fest.

Die Geschäftsleitung bestimmt für die Sitzungen der übrigen ständigen Kommissionen einen festen Halbtag in der Woche.

Die Sitzungen finden nach Bedarf statt.

g) Koordinationssitzung
§ 64. Das Ratspräsidium lädt die Präsidien der Aufsichtskommissionen und der ständigen Kommissionen zwei- bis viermal im Jahr zu einer Sitzung ein.

Die Sitzung bezweckt, die Ratsarbeit zu koordinieren und die Zusammenarbeit und Information der Kommissionen zu gewährleisten.

h) Spezialkommissionen
§ 65. Der Rat kann auf Antrag eine Spezialkommission mit in der Regel 15 Mitgliedern bestellen.

Die Wahl des Präsidiums und der Mitglieder der Spezialkommissionen obliegt der Geschäftsleitung. Sie gibt die Namen der Gewählten dem Rat in der nächsten Sitzung bekannt, was im Protokoll festgehalten wird.

i) Berichterstattung und Anträge
§ 66. Die Geschäftsleitung beziehungsweise die Kommissionen berichten dem Rat schriftlich oder mündlich über ihre Beratungen und Anträge. Sie wählen eines oder mehrere ihrer Mitglieder für die Berichterstattung. Ausnahmsweise können sie für eine Minderheit zu grundsätzlichen Fragen eine eigene Berichterstattung bestimmen.

Die Geschäftsleitung beziehungsweise die Kommissionen berichten schriftlich über Geschäfte, zu denen die Ratsmitglieder keine erläuternde amtliche Unterlage haben sowie über einfache und unbestrittene Geschäfte. Sie können den Bericht mündlich ergänzen.

Wird ein Geschäft mündlich erläutert, beschränkt sich die Berichterstattung in der Eintretensdebatte auf politische Schwerpunkte und grundsätzliche Fragen. Sind mehrere Berichterstatterinnen und Berichterstatter bestimmt, teilen sie ihre Erläuterungen abschnittsweise oder nach bestimmten Gesichtspunkten untereinander auf.

Die Kommission stellt der Geschäftsleitung Antrag, in welcher Beratungsart das Geschäft im Rat behandelt werden soll.

k) Kommissionssekretariate
§ 67. Die von der Geschäftsleitung gemäss § 49 Abs. 3 des Kantonsratsgesetzes geschaffenen Kommissionssekretariate sind für die Erfüllung ihrer Aufträge ausschliesslich der Kommission verantwortlich.

Für Kommissionssekretariate können auch Dritte zugezogen werden.


3. Gemeinsame Bestimmungen

Stellvertretung
§ 68. Die Kommissionsmitglieder sind zur Teilnahme an den Kommissionssitzungen verpflichtet.

Für einzelne Sitzungen können die Fraktionen für Kommissionsmitglieder, welche aus triftigen Gründen verhindert sind, eine Stellvertretung bestimmen. Das zuständige Kommissionspräsidium ist über die Stellvertretung frühzeitig zu benachrichtigen.

In der Geschäftsleitung und in den Aufsichtskommissionen findet keine Stellvertretung statt. Bei längerdauernder Verhinderung eines Kommissionsmitglieds kann die Geschäftsleitung auf Antrag der Fraktion eine Stellvertretung genehmigen.

Stimmabgabe in Geschäftsleitung und Kommissionen
§ 69. Bei der Abstimmung in der Geschäftsleitung und in den Kommissionen stimmt das Präsidium mit. Bei Stimmengleichheit zählt seine Stimme doppelt.

In der Geschäftsleitung und in den Kommissionen besteht für Schlussabstimmungen Stimmzwang.

Protokolle
a) Inhalt
§ 70. Das Protokoll enthält den wesentlichen Inhalt der Voten, die Anträge im Wortlaut und die Art ihrer Erledigung sowie das Ergebnis von Wahlen und Abstimmungen.

Die Kommission kann für nicht rechtsetzende Geschäfte Kurzprotokolle oder Beschlussprotokolle vorsehen.

b) Genehmigung
§ 71. Die Kommission genehmigt das Protokoll in der Regel an der nächstfolgenden Sitzung.

Die Verhandlungen können für die Protokollierung auf Tonträger aufgezeichnet werden. Die Aufzeichnungen sind zu keinem andern Zweck zu verwenden und werden gelöscht, sobald die Kommission das Protokoll ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat.

c) Vertraulichkeit
§ 72. Die Protokolle sind vertraulich. Sie werden den Kommissionsmitgliedern, den zuständigen Direktionen und Organen der Rechtspflege, der Finanzkontrolle, dem Staatsschreiber und den Parlamentsdiensten zuhanden der Gesetzesmaterialien und Ratsakten zugestellt. Den übrigen Mitgliedern des Rates steht das Recht zu, die Protokolle einzusehen. Dieses Recht kann auch sachverständigen Dritten gewährt werden.

Geschäftsleitung und Aufsichtskommissionen können beschliessen, ein Protokoll dem Amtsgeheimnis zu unterstellen und die Einsichtnahme zu beschränken.

Die Mitglieder der Kommissionen und des Rates greifen einer allgemeinen Orientierung der Öffentlichkeit gemäss § 6 dieses Geschäftsreglements nicht vor. Später können sie sich in Wort und Schrift mit den in der Kommission behandelten Fragen und den dazu bestehenden Auffassungen auseinandersetzen. Urheberinnen und Urheber von Voten dürfen der Öffentlichkeit nicht bekannt gegeben werden.

Die Geschäftsleitung kann nach Abschluss der Beratungen des Rates Dritten Einsicht in Protokolle gewähren, soweit ein Interesse im Rahmen der Rechtsanwendung oder der Wissenschaft glaubhaft gemacht wird.

Die Vertraulichkeit der Protokolle endet zehn Jahre nach Abschluss der Beratungen des Rates. Das Amtsgeheimnis bleibt vorbehalten.


4. Fraktionen

Aufgaben
§ 73. Die Fraktionen befassen sich neben den Kommissionen mit der Vorberatung der Geschäfte und unterbreiten Vorschläge für die durch den Rat zu treffenden Wahlen.

Bestellung von Kommissionen
§ 74. Bei der Bestellung der Kommissionen sind die Fraktionen nach ihrer Stärke zu berücksichtigen.

Eine Gruppierung muss sich in der Regel zu Beginn einer Legislatur als Fraktion konstituieren, um berücksichtigt zu werden.

Für die Bestellung der Kommissionen können sich kleinere Fraktionen in der Regel für die Dauer einer Legislatur miteinander verbinden.

Interfraktionelle Konferenz
§ 75. Die Interfraktionelle Konferenz bereitet insbesondere die durch den Rat zu treffenden Wahlen vor.

Die Grundsätze, die für die Ausrichtung von Sitzungsgeldern an die Mitglieder der Kommissionen gelten, sind sinngemäss auf die Teilnahme an der Interfraktionellen Konferenz anwendbar.


IV. Schlussbestimmungen

Übergangsbestimmung
§ 76. Mit dem Inkrafttreten dieser Änderung werden alle Kommissionen neu bestellt. Vor dem Inkrafttreten zugewiesene oder noch nicht erledigte Geschäfte werden neu zugewiesen; nichtständigen Kommissionen zugewiesene Geschäfte werden in der Regel von jenen weiter behandelt.

Inkrafttreten
§ 77. Dieses Geschäftsreglement ersetzt jenes vom 22. Dezember 1980.

Der Kantonsrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens.

Im Namen des Kantonsrates

Der Präsident: Der Sekretär:
Prof. Kurt Schellenberg Thomas Dähler