Verordnung
betreffend Anpassung des Prozessrechts
im Personen- und Familienrecht

(vom 1. Dezember 1999)

Der Regierungsrat,

gestützt auf Art. 52 Abs. 2 Schlusstitel zum ZGB,

beschliesst:

Zweck
§ 1. Diese Verordnung stellt die Anpassung des kantonalen Prozessrechts an die per 1. Januar 2000 in Kraft tretende Revision des ZGB sicher. Sie gilt für die Zeit bis zur Anpassung der entsprechenden kantonalen Gesetze.

Verfahrensüberweisung durch den Friedensrichter
§ 2. Ergibt sich im Sühnverfahren, dass beide Parteien mit der Scheidung oder Trennung einverstanden sind, und stellen sie dort schriftlich ein gemeinsames Scheidungsbegehren, so überweist der Friedensrichter das Verfahren an das zuständige Scheidungsgericht.

Zuständigkeit
a) bei gemeinsamem Scheidungsbegehren
§ 3. Ein Mitglied des Bezirksgerichts entscheidet als Einzelrichter im ordentlichen Verfahren über gemeinsame Scheidungs- und Trennungsbegehren (Art. 111, 112 und 117 ZGB).

b) im summarischen Verfahren
§ 4. Der Einzelrichter entscheidet im summarischen Verfahren über

a) die Bereinigung des Zivilstandsregisters (Art. 42 Abs. 1 ZGB),

b) das Festsetzen von Zahlungsfristen und Sicherheitsleistungen zwischen den Ehegatten (Art. 203 ZGB),

c) die Anweisung an die Schuldner und die Sicherstellung von Unterhaltsbeiträgen (Art. 132 ZGB).

Peremptorisierung
§ 5. Im Falle einer Scheidung oder Trennung auf gemeinsames Begehren erfolgt die Vorladung unter der Androhung, dass bei Ausbleiben eines oder beider Ehegatten auf das Begehren nicht eingetreten würde.

Kinder
a) Anhörung durch das Gericht
§ 6. Die Anhörung der Kinder erfolgt durch das Mitglied des Bezirksgerichts oder den Referenten des Gerichts. Es kann damit eine Fachperson für Kinderfragen beauftragt werden.

Die Anhörung erfolgt in der Regel ohne Beisein der Eltern und deren Prozessvertretungen. Wurde dem Kind eine Vertretung bestellt, so nimmt sie in der Regel an der Anhörung teil.

Die Anhörung wird in der dem Alter und der Reife des Kindes angemessenen Form durchgeführt; sie kann auch ausserhalb des Gerichtsgebäudes stattfinden.

Den Eltern und der mit der Kindervertretung betrauten Person wird vom Gericht Gelegenheit gegeben, zum Ergebnis der Anhörung Stellung zu nehmen.

b) Protokollierung
§ 7. Bei der Anhörung der Kinder zur Regelung der elterlichen Sorge und des persönlichen Verkehrs kann der Richter das Protokoll selbst führen oder unter seiner Aufsicht durch eine Hilfsperson führen lassen.

Auf ein Handprotokoll und seine nachträgliche Ausfertigung kann verzichtet werden. Stattdessen kann die Person, welche die Anhörung durchführte, die Ergebnisse unmittelbar danach schriftlich festhalten.

c) Rechtsmittel
§ 8. Prozessleitende Entscheide, welche die Kindervertretung betreffen, können mit Rekurs angefochten werden.

Lehnt es das Gericht in einem Scheidungs- oder Trennungsprozess ab, für das Kind der Ehegatten eine Vertretung anzuordnen, kann das urteilsfähige Kind oder die Vormundschaftsbehörde diesen Entscheid mit Rekurs anfechten.

d) Anhörung durch die Vormundschaftsbehörden
§ 9. Für die Anhörung des Kindes gemäss Art. 314 Ziffer 1 ZGB gilt § 6 sinngemäss.

e) Neuregelung der elterlichen Sorge
§ 10. Die Neuregelung der elterlichen Sorge gemäss Art. 298a Abs. 2 ZGB erfolgt auf Antrag der Vormundschaftsbehörde durch den Bezirksrat.

Verfahren bei Scheidung auf gemeinsames Begehren
§ 11. Eine Bestätigung gemäss Art. 111 Abs. 2 ZGB ist sowohl bei der umfassenden Einigung als auch bei der Teileinigung erforderlich.

Steht nach Ablauf der Bedenkfrist fest, dass nur eine Teileinigung vorliegt, so führt das Mitglied des Bezirksgerichts über die strittigen Scheidungs- oder Trennungsfolgen das Hauptverfahren durch.

Ergibt sich nach der ersten Anhörung oder nach Ablauf der Bedenkfrist, dass die Voraussetzungen für eine Scheidung oder Trennung auf gemeinsames Begehren nicht erfüllt sind, so trifft das Mitglied des Bezirksgerichts einen Endentscheid und setzt jedem Ehegatten Frist an, um zu erklären, ob er das Scheidungs- oder Trennungsbegehren durch eine Klage ersetzen will (Art. 113 ZGB).

Überweisung an das Sozialversicherungsgericht
§ 12. Sind die Voraussetzungen von Art. 142 ZGB und Art. 25a FZG gegeben, überweist das Gericht die Streitsache zur Durchführung der Teilung dem Sozialversicherungsgericht.

Prozessentschädigung für das Kind
§ 13. Das Gericht entscheidet nach Massgabe des Kindsrechts über den Anspruch des Kindes auf Prozessentschädigung. Im Übrigen gilt § 89 ZPO sinngemäss.

Inhalt des Endentscheides
§ 14. Bei einer Ehescheidung oder Ehetrennung werden auch Angaben gemäss Art. 143 ZGB betreffend die Unterhaltsbeiträge in das Urteilsdispositiv aufgenommen.

Berufung
§ 15. Die Berufung ist auch zulässig gegen Urteile des Mitgliedes des Bezirksgerichts, wenn der Streitwert nicht geschätzt werden kann.

Novenrecht
§ 16. Das Novenrecht gemäss Art. 138 Abs. 1 ZGB kann nur in der Begründung und Beantwortung des Rechtsmittels und des Anschlussrechtsmittels geltend gemacht werden.

Inkassohilfe
§ 17. Das Bezirksjugendsekretariat am Wohnsitz der unterhaltsberechtigen Person ist zuständig für die Inkassohilfe gemäss Art. 131 Abs. 1 ZGB. Vorbehalten bleibt die Zuständigkeit der von der Gemeinde in Anwendung von § 19 Abs. 2 des Jugendhilfegesetzes bezeichneten Stelle.

Übergangsbestimmungen
§ 18. Diese Verordnung findet auch auf Verfahren Anwendung, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens rechtshängig sind.

Die Zuständigkeit der Instanz, bei der ein Verfahren im Zeitpunkt des Inkrafttretens rechtshängig ist, richtet sich nach bisherigem Recht.

Hebt die Berufungsinstanz das erstinstanzliche Urteil auf und weist sie den Prozess gemäss § 270 ZPO an die erste Instanz zurück, erfolgt die Rückweisung an den Richter, der nach dem neuen Recht für die Beurteilung der Angelegenheit sachlich zuständig ist.

In rechtshängigen Scheidungs- und Trennungsprozessen setzt das Gericht den Parteien Frist an, um im Sinne von Art. 7b Abs. 2 SchlT zum ZGB neue Rechtsbegehren, die durch den Wechsel des anwendbaren Rechts veranlasst worden sind, zu stellen. Die Fristansetzung erfolgt unter der Androhung, dass die Parteien im Säumnisfall mit neuen Begehren ausgeschlossen wären.

Inkrafttreten
§ 19. Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2000 in Kraft.

Im Namen des Regierungsrates

Die Präsidentin: Der Staatsschreiber:
Diener Husi